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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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wenn ich so auf das Bankett gehe?“
    Ria schnaufte verächtlich und äffte hinter Adoratas Rücken deren Grimassen nach.
    „Geh nach oben und mach dir einen Verband drauf“, wies Bruna das Schankmädchen an. Seufzend stand sie auf. Sie würde diesen Abend wohl ohne Adorata auskommen müssen. Doch Ria brauchte sie hier in der Küche, da das Mädchen die Einzige unter ihren Mägden war, die sich ausreichend auf die Kunst des Kochens verstand. Die Wirtin musterte Selina, die verschreckt dastand, unentwegt einen Krug polierend. Sie fragte sich, ob die Halbelfe bereit war, zur Betreuung der Gäste eingesetzt zu werden, zumindest, solange Ria hier in der Küche benötigt wurde.
    „Selina! Du übernimmst einstweilen Adoratas Aufgaben“, erklärte sie schließlich bestimmt. „Ab in den Schankraum mit dir, Mädchen!“ Sie gab der Halbelfe, die wie angewurzelt dastand und sie ungläubig anstarrte, einen Schups in Richtung Tür.
    Tausend Fragen spiegelten sich auf Selinas Gesicht wider. Sie hatte keine Ahnung, worin Adoratas Arbeit genau bestand. Nervös versuchte sie, sich die Routine des Schankmädchens ins Gedächtnis zu rufen, während sie das Tablett mit den sauberen Krügen aufnahm und zögernd aus der Küche ging. Bilder tauchten in ihren Erinnerungen auf, wie Adorata lachend mit einer Gruppe betrunkener Holzfäller schwatzte oder dem alten Fleischhauer mit dem pockenvernarbten Gesicht neckisch zublinzelte. Nein, das hatte Bruna sicher nicht gemeint!
    Unzählige neugierige Blicke schienen Selina nur so zuzufliegen, als sie in die Wirtsstube trat. Blutunterlaufene Augen starrten ihr aus geröteten Gesichtern entgegen. Selina hatte das Gefühl, splitternackt vor all den Männern dazustehen. Sie beeilte sich, zur Theke zu gelangen und stellte mit einem Scheppern das Tablett ab. Hinter dem Tresen fühlte sie sich ein wenig sicherer. Er bildete eine schützende Barriere zwischen ihr und den Gästen.
    Ängstlich blickte sie sich um. Selbst die Fuhrwerker, die am Stammtisch gesessen und Karten gespielt hatten, schienen allein nur ihretwegen ihr Spiel unterbrochen zu haben. Zahllose Augenpaare warteten darauf, dass die Neue einen Fehler beging. Selina fühlte sich wie ein zum Abschuss freigegebenes Reh inmitten einer Versammlung der Jägerzunft.
    Was sollte sie jetzt nur tun? Sie musste versuchen, die Blicke der Leute zu ignorieren und ihre Arbeit erledigen. Doch worin bestand ihre Arbeit eigentlich? Ratlos wanderte ihr Blick über die leeren Krüge auf dem Tablett und dann über die Tische in der Wirtsstube.
    „Wer bekommt Bier?“, fragte sie kleinlaut. Unsicherheit schwang unüberhörbar in ihrer Stimme mit.
    Für einen Moment legte sich Stille über die Gaststube. Auch jene, die bis jetzt keine Notiz von der verängstigten Halbelfe genommen hatten, wandten sich ihr nun zu.
    Und dann ging ein Raunen durch die Menge. Hände flogen in die Höhe. „Hier, Madl!“, rief man hier, „Mir auch eins, Kleine!“, schrie man dort. „Für mich bitte ’nen doppelten Klaren!“ ... „Was is’ mit meiner Suppe?“ ... „Noch ’n Wein für meinen Freund da!“ ... So tönte es durcheinander.

    Selina nickte den einzelnen Tischen zu, obwohl sie schon jetzt ahnte, dass sie sich nie im Leben alle Bestellungen würde merken können.
    Nach kurzem Zögern entschied sie, es systematisch anzugehen. Sie griff sich einen Krug und stellte ihn vor das Bierfass, das auf dem Tresen stand. Umständlich machte sie sich an dem Zapfhahn zu schaffen. Weiß schäumend sprudelte das Getränk heraus.
    Zufrieden mit sich selbst füllte Selina einen Krug nach dem anderen.
    Als alle gefüllt in Reih und Glied bereitstanden, wollte sie das Tablett aufnehmen. Ihre Finger fuhren unter die Holzplatte, drückten und zogen. Wenige Zentimeter stemmte sie das Tablett in die Höhe. Es schwankte bedenklich, als ihre Hände unter der Anstrengung zu zittern begannen. Krüge rutschten durcheinander und Bier schwappte über. Selina stellte ihre Last wieder ab. Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass ein voll beladenes Tablett dermaßen schwer sein konnte. Wie festgenagelt stand es nun wieder auf dem Tresen. Und dort blieb es auch.
    Selina versuchte eine andere Strategie. Einen Krug in einer Hand, einen weiteren in der anderen zwängte sie sich zwischen den Tischen hindurch. Kaum hatte das Bier seinen Bestimmungsort erreicht, als Selina sich schon wieder ihren Weg durch die überfüllte Wirtsstube bahnte, um die nächsten beiden Krüge zu holen. Natürlich
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