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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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hervor, das ihm sorgfältig gekämmt bis auf die Schultern herabhing. Er mochte kaum älter sein, als sie selbst, überlegte Selina. Der Händler, der dem Elfenmann gerade bis zur Brust reichte, schickte sich soeben an, eine Stoffbahn fliederfarbenen Seidensatins umständlich um seinen Kunden zu drapieren, wobei er ununterbrochen auf ihn einredete.
    Selina beobachtete das Schauspiel amüsiert. Der Elf, in den pastellfarbenen Stoff gewickelt, und der Händler in einem bodenlangen Seidengewand in schreienden Farben – beide gaben ein nur zu albernes Gespann ab und die junge Magd konnte nicht anders, als herzlich aufzulachen.
    „Selina“, zischte Ria in ihrem Rücken.
    „Der sieht doch aus, als sei er in eine Torte mit Zuckerguss gefallen“, gluckste die Halbelfe vergnügt.
    „Selina! Lass uns hier verschwinden.“ Ria zupfte aufgeregt an der Schürze ihrer Freundin.

    Der Elfenmann sah auf und betrachtete die beiden jungen Frauen mit gerunzelter Stirn. Die Elfe mit dem zerzausten, schwarzen Haar, in den staubigen Kleidern einer Dienstmagd und ihre menschliche Freundin, die immer noch die Gans am Hals umklammert hielt, als wolle sie diese erwürgen und so ein zweites Mal töten, waren für ihn kein minder sonderbarer Anblick. Doch er hielt seine Heiterkeit gekonnt zurück. Die Elfe grinste indes immer noch breit und gab sich keine Mühe, ihre Belustigung zu verbergen. Der Händler tanzte um ihn herum und redete ohne Unterlass, doch der Elf beachtete ihn kaum und fuhr fort, die Magd eingehend zu mustern. Da traf ihr Blick den seinen ... doch sie wandte die Augen nicht ab, sondern hielt ihm stand. Selbst, wenn er ihr unsittliches Benehmen außer Acht ließ, war dies keine Reaktion, die sich für eine Frau ihres Standes ziemte. Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich noch ein wenig.
    „Selina, komm jetzt! Du weißt ja nicht, wer das ist! Wir haben schon genug Ärger für einen Tag“, flüsterte Ria vorwurfsvoll.
    Selina riss sich von dem Blick des Elfen los – von seinen meerblauen Augen, die sie zu durchdringen und ihr Innerstes zu ergründen versuchten – und wandte sich ihrer Freundin zu. Unschuldig hob sie die Schultern. „Wieso, was hab ich denn getan?“
    Aus den Schatten unter dem Baldachin trat ein dunkel gekleideter Menschenmann auf den Elfen zu. Selina war er zuvor nicht aufgefallen, doch er musste die ganze Zeit über offenbar regungslos dort gestanden haben. Nun schwand ihr Selbstvertrauen doch zusehends. Denn unter einem weiten, schwarzen Mantel trug der Mann eine mit Metallbeschlägen verzierte Lederrüstung und an seinem Gürtel hing ein langes Schwert.
    Selina schluckte. „Weißt du etwa, wer das ist?“, fragte sie verunsichert.
    „Natürlich“, zischelte Ria ihr ins Ohr. „Das ist einer der Söhne des Grafen Leothan Emnesthar, eines der einflussreichsten Männer in Ametar. Den Emnesthars gehören riesige Ländereien im Süden der Stadt. Doch meistens benehmen sie sich, als gehöre ihnen die halbe Welt. Die Söhne Leothans sind in ganz Ametar als Draufgänger und Weiberhelden bekannt, da kannst du fragen, wen du willst. Der andere ist sicher ein Krieger der persönlichen Leibgarde. Selina, wir sollten abhauen!“
    Der Mann in der Rüstung blickte zweifelnd auf die beiden Mägde und fragte an den Elfen gewandt: „Willst du, dass ich sie verscheuche?“ Seine Hand lag lässig auf dem Knauf des Schwertes.
    Der Elf schüttelte seine blonde Mähne. „Nein.“ Er hielt seinen Blick weiter auf die junge Elfe fixiert, während er so laut, dass die Mädchen ihn zweifelsohne verstehen konnten, erklärte: „Sie hat recht. Die Farbe ist schrecklich! Händler! Hinfort damit! Bringt mir etwas, womit ich mich nicht zum Gespött des Volkes mache. Vielleicht etwas in dunklem Rot? Was meint Ihr?“
    Selina verstand, dass er die Frage direkt an sie gerichtet hatte. Immerhin hatte er sie keine Sekunde aus den Augen gelassen. Zögernd trat sie näher. Sie war sich jetzt gar nicht mehr so sicher, ob es klug gewesen war, sich in seine Angelegenheiten einzumischen, in die Angelegenheiten eines Adeligen. Doch zum Kneifen war es zu spät.
    „Nun, mein Herr“, stammelte sie. Verflucht, wo war ihr ungebrochener Stolz geblieben? Mutig – nein, eher trotzig – schob sie das Kinn vor, straffte die Schultern und erklärte mit gezwungen fester Stimme: „Das Lila macht Euch ein wenig blass, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Ich persönlich wäre für etwas Dunkleres ... vielleicht ein kräftiges
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