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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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auszubrechen. Vielleicht ist dies der Beginn der Heilung.
    Was gibt es zu Hause, schreib mir alles ausführlich über alle. [...]
    Lebe wohl Liebste, schreibe mir so oft als möglich. Küsse alle von mir.
    18. Juni.
    Adresse: Samara postlagernd.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [28. Juni 1871]
    [Jasnaja Poljana]
    Sowohl gestern als auch heute habe ich Briefe von Dir erhalten, lieber Ljowuschka, und sie haben einen allzu traurigen Eindruck bei mir hinterlassen, da Dir nicht wohl ist. [...] Wenn ich mich nicht selbst damit beruhigte, daß sich alles zum Besten wendet, so verlöre ich vor lauter Sorge um Dich den Verstand.Doch ich bin froh und dankbar, daß Du mir alles genauestens und wahrheitsgemäß berichtest. [...]
    Wenn du über den Griechen sitzt, wirst du nicht gesunden. Sie haben diese Schwermut und diese Gleichgültigkeit gegen das Leben über Dich gebracht. Nicht umsonst ist dies eine tote Sprache, sie bringt den Menschen in eine tote Seelenverfassung. Denke nicht, ich wüßte nicht, warum man das Griechische eine tote Sprache nennt, doch ich gebe dem eine weitere Bedeutung.
    Heute hat Serjosha Geburtstag. Ich habe ihm Bauklötze und kleine weiße Ziegelsteine geschenkt. Er hat sich sehr gefreut und war den ganzen Tag über sehr lieb. [...] Was bekam er auch nicht alles geschenkt: von Tanja ein Lotteriespiel, von Tantchen Pauline 114 , die heute morgen ankam, ein prachtvolles Tintenfaß, von Mamá ein Zoo-Ratespiel, dann noch eine Uhr, Konfekt usw. [...] Bis heute geht es den Kindern, Gott sei es gedankt, gut und sie wachsen und gedeihen. Auch mir geht es gut, fast sehr gut sogar. Allein die Sorge um Dich und Deine unbegreifliche Krankheit reißt mir die Seele aus dem Leib. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Ihr dort lebt, bei all der Unbehaglichkeit; doch schmerzt es mich immer so sehr, wenn es Dir nicht gut geht und Dir unbehaglich ist, so daß ich mich bemühe, nicht daran zu denken. Wenn ich Deine Briefe erhalte, bin ich immer sogleich ganz von Dir ergriffen, empfinde Deine Nähe , als ob Du hier bei mir seiest und ich mich mit Dir unterhielte; doch ich schicke Dich dann sogleich wieder fort, damit ich nicht ins Grübeln verfalle und in Verzweiflung gerate.
    [...]
    Ljowuschka habe ich gerade sehr lieb. Ich fragte ihn, auf Mamá zeigend: »Wer ist das?« Und er antwortete » Babika 115 «. Dann blickte er zu Pelageja Iljinitschna, lachte und sagte: »Viele babiki «. Das war sehr lustig. Gerade sagt er zu allen »Du Liebe«, und das ist so reizend.
    Ich koche mit Trifowna 116 fleißig Marmelade ein. [...] Das pasde-géant haben wir heute aufgestellt, doch konnte man es noch nicht benutzen, die Erde ist noch nicht fest. Die Kinder begreifen offenbar noch nicht, welche Freude es ihnen bereiten wird und warten voller Ungeduld. Morgen probieren wir es aus.
    Lebe wohl, teurer Freund; ich gebe Dir nun keine Ratschläge mehr. Wenn Du schwermütig bist, so ist Dir dies abträglich. Tue, was immer Du für richtig hältst, möge es Dir gut tun. Sei bemüht, vernünftig zu sein und zu begreifen, was Dir wohl tun könnte. [...] Wenn ich dir doch nur einen kleinen Teil meiner eigenen Gesundheit, meiner Energie und Kraft geben könnte. Ich werde nie ersterben. Mir genügt meine starke Liebe zu Dir, um alle sittlichen und lebenswichtigen Kräfte aufrechtzuerhalten. Leb wohl, es ist nun zwei Uhr nachts, ich bin allein und doch bei Dir.
    Sonja.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [23. Juni 1871]
    [Karalyk]
    Mit Freude schreibe ich Dir gute Nachrichten, liebe Freundin, über mich, nämlich daß ich mich bereits zwei Tage nach meinem letzten Brief an Dich, in dem ich über Schwermut und Unwohlsein klagte, besser zu fühlen begann, und mich plagt das Gewissen, daß ich Dich beunruhigte. Ich kann mich einfach nicht enthalten, Dir alles zu schreiben, was mir durch den Sinn geht. Das einzige, das mich quält, ist, daß es morgen bereits zwei Wochen sind, daß ich nicht mehr zu Hause bin und ich immer noch kein einziges Wort von Dir gehört habe. Die Angst um Euch ergreift mich, wenn ich an Dich und die Kinder denke und mir vorzustellen suche, was mit Euch geschehen sein mag.
    Daran, daß mich keine Briefe erreichen, trägt niemand außerdem Flecken hier die Schuld: Auf 130 Werst gibt es keine Poststation. [...] Ich habe jetzt eine neue Adresse und füge sie am Schluß des Briefes hinzu. Schreibe einmal nach Samara, einmal an die neue Adresse. Wenn ich Deine Briefe erhalte,
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