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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufeinander. Schweiß brach aus seinen Poren und überschwemmte den Körper, als treibe eine innere Dusche das Wasser durch die Haut. Monika wollte ihn wieder stützen, aber er stieß mit dem Kopf nach ihr und begann, mit den Füßen aufzustampfen.
    »Hau ab!« keuchte er heiser. Plötzlich griff er zu, bekam Monika an der Schulter zu packen, riß sie an sich und umklammerte ihren Hals. Seine Hände schienen darin Übung zu haben, sie lagen genau, beide Daumen auf dem Kehlkopfknorpel, er brauchte nur fester zuzudrücken und die Luftzufuhr war sofort abgeschnitten. Ihre Gesichter waren jetzt ganz nahe: Monikas schmales Mädchengesicht, in Fassungslosigkeit erstarrt, mit weiten, angstvollen blauen Augen – und Freddys verzerrtes, von Schweiß, verwischtem Blut und Straßenstaub entstelltes Gesicht, in dem die graubraunen Augen brannten, die Pupillen zitterten.
    »Du hast Geld, was?« zischte er. Seine Lippen zogen sich in einem Krampf zusammen. Nur einen halben Schuß, dachte er mit einer jämmerlichen Demütigkeit. Nur eine kleine Dosis. Nur einen Hauch von H. Nur ein Tröpfchen aus der Nadel … das wäre schon genug. Dann kann man wieder etwas atmen, dann hört der verrückte Schmerz in den Eingeweiden auf, dann ist das verdammte Zittern weg, das Gefühl, man trockne aus, der lederne Gaumen wird wieder feucht, die Augen sehen die Welt wieder klar … Und die Angst ist weg, die verfluchte Angst zu sterben … zu sterben mit diesen Krämpfen, die alle Muskeln zusammenziehen. Nur ein Hauch … zur Beruhigung, zum Weiterleben … Habt doch Mitleid, Kumpels, ich war doch immer ein ruhiger, guter Kunde, immer bar auf die Hand. Ihr kennt mich doch: Freddy the Tiger, Trompeter bei den ›The Heaven-Rockers‹ in der Diskothek ›Number Sex‹. Ihr bekommt euer Scheißgeld doch morgen früh, um 5 Uhr, wenn die Schau gelaufen ist. Ich bringe es euch, mein Ehrenwort, ich habe euch noch nie drauf gesetzt, ihr könnt mir den Schädel einschlagen, wenn ihr um 5 Uhr früh nicht die Kohlen habt … Jungs, ich brauche doch nur zwei Gramm, das sind lumpige hundert Mark, nur hab' ich sie im Augenblick nicht, aber ich brauche gerade jetzt einen Schuß … Ihr seht das doch, ihr könnt mich doch nicht so hängen lassen, wie soll ich denn spielen ohne einen Druck, sagt mir das mal?! Ihr Scheißkerle, ihr könnt mich doch nicht verrecken lassen … es sind doch nur ein paar Stunden … ich beschaffe doch das Geld …
    »Wieviel Geld hast du bei dir?!« zischte er sie an. Sein Atem roch sauer und gallig.
    »Ich – ich weiß es nicht …« stotterte Monika. »Ich komme gerade aus einem Konzert …«
    »Woher?!«
    »Aus einem Flötenkonzert …«
    Über Freddys Gesicht zog ein verzerrtes Grinsen. »Ist das zum Kotzen!« sagte er. »Die haben da bestimmt die falschen Flöten geblasen …«
    »Es waren Kompositionen von Friedrich dem Großen …«
    »Hast du Geld?!« Seine Finger strichen über Monikas Hals, aber sie drückten nicht zu. Dann wanderten sie tiefer, abwärts, glitten über das Brustbein, verhielten einen Moment und legten sich dann kurz auf ihre Brüste, über denen das weiche Leder ihrer Jacke lag. Als habe er etwas Feuriges berührt, zuckten seine Hände zurück zu ihrem Hals. »Monika, ich brauche Geld. Sofort! Blöde fünfzig Mark. Oder auch nur fünfundzwanzig, das reicht. Sie geben mir nichts auf Versprechungen. Rausgeschmissen haben sie mich. Monika, ich brauche einen Druck, einen ganz kleinen Druck … Gib das Geld her …«
    »Wir gehen sofort zu einem Arzt!«
    »Du dämliches Arschloch!« Freddy keuchte. Seine Hände fielen herab, die Augäpfel rollten, sein Mund klappte auf, Speichel tropfte über sein Kinn – es sah schrecklich aus. Die Krämpfe kehrten zurück – er zog die Knie an, als schrumpfe er in sich zusammen und kauerte an der Hauswand.
    Aus der Tür von ›Ferrys Schuppen‹ kamen drei Männer und ein Mädchen, ihr Lachen schallte über die Straße. Freddy hob den Kopf und versuchte, sich aufzurichten. Es gelang nicht, die Krämpfe machten ihn bewegungsunfähig.
    »Da ist er …« stotterte er. »Laß ihn nicht weg, Monika … laß ihn nicht weg! Das ist Kemal – der Türke! Ich krepiere, Monika, ich schwör's dir … ich krepiere auf der Straße … Wenn du ein paar Heiermänner hast …«
    »Was soll ich haben?« fragte Monika, noch immer steif vor Schrecken.
    »Geld! Die Spritze! Laß ihn nicht gehen!« Wieder hörte sie, wie seine Zähne klapperten, es klang schauerlich. »Sag ihm … sag ihm …
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