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Ein Todsicherer Job

Ein Todsicherer Job

Titel: Ein Todsicherer Job
Autoren: Christopher Moore
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weg und warf es in die Spüle.
    »Was?!«
    »Hörst du überhaupt zu?«
    »Ja, ja. Du hast gesehen, wie jemand vom Bus überfahren wurde, und jetzt rippelt sich dein Faden ab. Und?«
    »Und jemand will mich verarschen!«
    »Was soll daran neu sein, Charlie? Seit deinem achten Lebensjahr denkst du, dass dich jemand verarschen will.«
    »Stimmt ja auch. Wahrscheinlich. Aber diesmal ist es real. Es könnte real sein.«
    »Hey, das sind Rindfleischwürstchen! Sophie ist gar keine Schreckse. «
    »Schickse!«
    »Egal.«
    »Jane, du bist überhaupt keine Hilfe bei meinem Problem.« »Welches Problem? Hast du ein Problem?«
     
    Charlies Problem bestand darin, dass sich die Auswüchse seiner Betamännchen-Phantasie wie Bambussplitter unter seine Fingernägel bohrten. Während Alphamännchen oft mit überlegenen physischen Attributen aufwarten können (Größe, Kraft, Schnelligkeit, Aussehen – im Laufe der Äonen durch das Überleben der jeweils Stärksten selektiert) und meist alle Mädchen abbekommen, überlebten die Gene des Betamännchens nicht deshalb, weil es sich Widrigkeiten entgegenstellte und überwand, sondern weil es sie voraussah und mied. Während also die Alphamännchen den Mastodons nachjagten, sah das Betamännchen voraus, dass es möglicherweise schief gehen konnte, wenn man etwas, das im Grunde nichts weiter als ein böser, behaarter Bulldozer war, mit einem spitzen Stock bedrohte, und deshalb blieb es im Lager zurück, um die trauernden Witwen zu trösten. Machten sich Alphamännchen auf den Weg, benachbarte Stämme zu unterwerfen, Beute zu machen und Köpfe zu sammeln, sahen die Betamännchen voraus, dass der Zustrom weiblicher Sklaven im Fall eines Sieges einen Überschuss an jungen, hübschen, unbemannten Frauen mit sich bringen würde, die nichts anderes zu tun hatten, als die Köpfe zu pökeln und die Beute zu sortieren. Manche von ihnen fanden Trost in den Armen eines Betamännchens, das schlau genug war, zu überleben. Im Fall einer Niederlage... nun, da kam wieder die Sache mit den Witwen zum Tragen. Das Betamännchen ist selten das Stärkste oder Schnellste, doch da es die Gefahr vorhersieht, ist es seinem Konkurrenten, dem Alphamännchen, zahlenmäßig weit überlegen. Die Welt wird von Alphamännchen regiert, doch drehen sich ihre Räder um die Achse des Betamännchens.
    Das Problem (Charlies Problem) bestand darin, dass die Phantasie des Betamännchens angesichts der modernen Gesellschaft überflüssig geworden war. Es war wie mit den Reißzähnen des Säbeltigers oder dem Testosteron der Alphamännchen: Es gab einfach viel mehr Betamännchen-Phantasie, als man sinnvoll gebrauchen konnte. Entsprechend wurden viele Betamännchen Hypochonder, Neurotiker und Paranoiker oder gerieten in Abhängigkeit von Pornos oder Videospielen.
    Denn während sich die Phantasie des Betamännchens entwickelte, um Gefahren zu meiden, ermöglichte sie ihm heutzutage einen imaginären Zugang zu Macht, Geld und langbeinigen Modelweibchen, die ihm in Wahrheit nicht mal in die Nieren treten würden, wenn sie ein Krabbeltier von ihrem Schuh abstreifen wollten. Die reichhaltige Phantasie des Betamännchens mag oft in die Wirklichkeit hinüberlappen und sich in geradezu genialischem Maß in Wahnvorstellungen manifestieren. Tatsächlich halten sich zahlreiche Betamännchen – im Widerspruch zu empirischen Erkenntnissen – für Alphamännchen und wurden von ihrem Schöpfer mit ausgeprägtem Charisma und einiger Verschlagenheit beschenkt, was zwar von der Idee her der Knaller sein mag, für Frauen aus Fleisch und Blut jedoch absolut nicht zu erkennen war. Jedesmal, wenn sich ein Supermodel von seinem Rockstar-Gatten scheiden lässt, freut sich das Betamännchen im Stillen (oder genauer gesagt: spürt es eine Woge ungerechtfertigter Hoffnung aufsteigen), und jedesmal, wenn ein hübscher Filmstar heiratet, hat das Betamännchen das Gefühl, eine weitere Chance verpasst zu haben. Ganz Las Vegas – mit seinem Plastikprunk, dem Reichtum zum Mitnehmen, seinen vulgären Türmen und Kellnerinnen mit utopischen Brüsten – basiert auf den Wahnvorstellungen des Betamännchens.
    Die Selbsttäuschung des Betamännchens hatte auch eine nicht unerhebliche Rolle gespielt, als Charlie seine Rachel zum ersten Mal ansprach, an jenem regnerischen Februartag vor fünf Jahren, als er – um dem Wetter zu entkommen – einen Laden betrat, der Ein hübscher, heller Ort für Bücher hieß, und Rachel ihm ein scheues Lächeln schenkte, über
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