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Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Titel: Ein Tag, zwei Leben (German Edition)
Autoren: Jessica Shirvington
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…?«
    » Ach, nichts, Schatz. Es ist wirklich süß. Aber du kennst mich doch, ich liebe es, wenn du Grün trägst – das betont deine Augen so schön.«
    » Mom, ich trage heute Abend Grün. Ich will es nicht übertreiben.« Ich lächelte sie an, um sie zu beruhigen, und nahm es mir nicht so zu Herzen. Mom war die unsicherste Person, die ich kannte. Nicht nur, wenn es um mich ging, am härtesten war sie zu sich selbst. Ich war mir sicher, dass sie sich heute Morgen mindestens ein Dutzend Mal umgezogen hatte, bevor sie sich für ein Outfit entschied, und wenn ich von der Schule nach Hause kam, hatte sie selten noch dasselbe an. So war sie schon immer gewesen, aber seit Dad uns verlassen hatte, war es noch schlimmer.
    Sie nickte zerknirscht. » Du hast recht. Du siehst wunderschön aus. Wie immer. Wir sehen uns heute Abend, alles wird fertig und perfekt sein.«
    Ich fummelte am Träger meiner Tasche herum. » Ach … Mom, weißt du noch, wie wir neulich darüber diskutiert haben …«
    Sie blickte mich einen Moment verständnislos an, aber dann blinzelte sie und begriff. » Oh, Liebes, ich weiß … du bist jetzt achtzehn und ich habe versprochen, dir mehr Privatsphäre zu gewähren. Ich werde mit Tante Lyndal ausgehen. Sie hat geschworen, mich vom Haus fernzuhalten. Ich will dich nur noch in deinem Kleid sehen und mich vergewissern, dass alles …«
    » Perfekt ist«, vollendete ich ihren Satz.
    » Ja.«
    Ich beugte mich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. » Wir sehen uns nach der Schule. Ich muss jetzt los.«
    Mom blickt mir nach, als ich zur Tür hinausging. Ich machte sie hinter mir zu, damit sie die nächste Szene nicht mitbekam. Als ich die Stufen hinunterging und Ryan mich verächtlich ansah, weil ich ihn so lange hatte warten lassen, kam ein weißer Geländewagen knirschend über den Kies der Einfahrt gefahren. Hinter dem Steuer saß Miriam, meine beste Freundin in dieser Welt. Perfektes Timing.
    Ryan beobachtete den Geländewagen, bis er zum Stehen kam, dann blickte er sich mit schmalen Augen zu mir um.
    Ich lächelte das Speziallächeln, das nur für ihn reserviert war. » Oh.« Ich klimperte mit den Wimpern. » Sorry, Ry, habe ich vergessen, dir zu sagen, dass mich heute Miriam mit zur Schule nimmt?«
    Jetzt zeigte er mir den Mittelfinger, warf sich hinter das Steuer und gab Gas, dass der Kies nur so spritzte.
    Einen Augenblick lang fühlte ich mich mies. Doch dann rief ich mir ins Gedächtnis: Das bin ich. Das ist die Person, die ich hier bin. Ich hatte andere Möglichkeiten ausprobiert, aber schon bald festgestellt, dass ich jede meiner Welten wirklich annehmen musste, wenn ich in ihnen funktionieren wollte. Meinen Platz darin akzeptieren. Die Sabine dieser Welt musste sich mit einem zweiundzwanzigjährigen Trottel von einem Bruder herumschlagen, der Ryan hieß – und das war die einzige Möglichkeit, mit ihm fertigzuwerden. Immerhin hatte mich der Typ mal fünf Stunden lang in der Garage eingesperrt, als ich elf war, nur weil er Freunde zu Besuch hatte.
    Ich ließ mich neben Miriam auf den Beifahrersitz gleiten.
    » Dein Bruder ist echt toll«, sagte Miriam, den Blick auf die Staubwolke gerichtet, die Ryans Auto hinterlassen hatte.
    » Na ja, du nennst es toll, ich nenne es ätzend. Er ist einfach nur …« Ein frustriertes Geräusch kam über meine Lippen. » Er ist so egoistisch. Er steht Mom nie bei, er hilft … nie. Alles, was er zu tun braucht, ist, jeden Monat für ein paar Tage zu Hause aufzutauchen. Stell dir vor, er hält es ohne seine Saufkumpane keinen Tag lang aus, deshalb bringt er nächsten Monat einen von ihnen mit.«
    » Ooh, ist er süß?« Miriams Gesicht hellte sich auf bei dem Gedanken, etwas fürs Auge zu bekommen.
    Ich zuckte mit den Achseln. » Weiß nicht, ist mir auch egal. Alles, was ich weiß, ist, dass ich mich nächsten Monat mit zweien von der Sorte herumschlagen muss.«
    Als wir durch das Zentrum der Kleinstadt fuhren, musste ich plötzlich wieder an gestern denken – na ja, an meine Version von gestern. » Hey, kannst du anhalten? Ich … ich wollte mir noch etwas Obst mitnehmen.«
    Miriam verlangsamte den Wagen nicht. » Du kannst in der Schule Obst kaufen.«
    Mein Unterbewusstsein plagte mich schon ungemütlich, aber bevor ich noch alles durchdacht hatte, öffnete sich mein Mund schon wieder.
    » Ja, aber ich will dieses Obst. Halt einfach an. Hier. Einfach vor dem Obstladen.«
    Miriam blickte mich an, als wäre ich verrückt. Ich unterzog mich einem
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