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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz
Autoren: Jessica Thompson
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Karriere stand alles am Anfang, nur hatte sie keine Familie   …
    In gewisser Weise wäre es perfekt. Sie wäre in der Lage, einfach das Land zu verlassen, ganz im Stillen, und neu zu beginnen. Sie konnte mit jemand anderem eine Familie gründen oder ihn zumindest als Familie betrachten. Aber wenn sie schwanger war   … Das würde nur alle möglichen Probleme bedeuten, dachte sie.
    Mit Richard hatte sie seit dem Streit in seiner Wohnung kein Wort gesprochen. Seine Gleichgültigkeit hatte sie derart verletzt, dass sie seine Nummer auf ihrem Handy blockiert und seine flehentlichen E-Mails, die er ihr daraufhin schickte, gelöscht hatte. In ihren Augen war ihre Beziehung aus und vorbei. Sie liebte ihn nicht mehr. Nichts konnte sie wieder zu ihm zurückbringen. Nicht einmal ein Baby.
    Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie sie versuchte, mit einem Riesenwanst einen Grand jeté auszuführen oder sich in ein Tutu zu quetschen. Ihr traten die Tränen in die Augen. Wäre sie nach der Entbindung fett?
    Es wurde Zeit, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen. Und wenn es nicht das war, was sie dachte, würde sie zum Arzt gehen und sich durchchecken lassen. Sie konnte unter vielen Dingen leiden. Sie hatte ein wenig gegoogelt und eine Liste möglicher Erkrankungen zusammengestellt. Demnach stand fast mit Sicherheit fest, dass sie dem Tode nahe war. Oder ein Baby bekam.
    Rachel schwang die Beine über die Bettkante und schlepptesich ins Bad. Sie tat, was für einen Schwangerschaftstest nötig war, setzte sich auf die Toilette, richtete die Fußspitzen auf den Boden und wackelte mit den Zehen. An zwei Zehen ihres rechten Fußes bedeckten Pflaster die Wunden, die ihre neuen Spitzenschuhe verursacht hatten.
    Rachel wartete. Die Sekunden schienen sich zu Ewigkeiten zu dehnen, aber sie saß vermutlich nur zehn davon so da.
    Nichts   …
    Das ist gut, dachte sie und fragte sich, an welcher furchtbaren Krankheit mit welchem schrecklichen Namen sie dann litt. Sie warf den Test in den Mülleimer, kehrte ins Schlafzimmer zurück, setzte sich im Schneidersitz aufs Bett und atmete tief erleichtert durch.
    So, dachte sie. Jetzt ist es Zeit, an ein eigenes Zuhause zu denken   …
    Gegen Mittag stand Rachel vor Bryonys Wohnung und bebte am ganzen Leib vor Angst.
    Eine Last drückte ihr nicht mehr auf die Schultern, und jetzt musste sie sich mit einer anderen Bürde befassen, einer Bürde, die sie sich unschuldig auf den Finger gesteckt hatte.
    Die Situation war für beide Frauen niederschmetternd, demütigend und zutiefst aufwühlend. Rachel musste die Sache wiedergutmachen, obwohl sie sie gar nicht verschuldet hatte. Sie musste Bryony gegenübertreten und ihr den Ring zurückgeben.
    Sie klingelte und wartete. Das Herz pochte ihr bis zum Hals. Ihr war übel. Sie wusste nicht, wie sie jemanden ansprechen sollte, der solchen Schmerz durchgemacht hatte. Sie hatte zwar eigene Probleme, doch angesichts Bryonys Geschichte verblassten sie zur Bedeutungslosigkeit. Das war das echte Leben.
    Bryony drückte den Türöffner und ließ sie hinein, undschließlich stand sie ihr in einem dunklen Hausflur gegenüber. Alle Angst schmolz dahin. Bryony war atemberaubend schön und strahlte eine menschliche Wärme aus, die Rachel sofort beruhigte. Diese Frau war durch die Hölle gegangen, und Rachel wusste, dass sie nun Gelegenheit hatte, ihr etwas Positives zu geben. Etwas Wunderschönes.
    Sie bekam keinen Tee angeboten. Sie hielten keinen Small Talk. Die Umstände passten nicht dazu.
    Das Paar setzte sich auf zwei Sofas einander gegenüber, und Rachel griff in die Tasche und zog eine schwarze Samtschatulle hervor, die sie eigens für diesen Anlass gekauft hatte.
    Bryony begann zu weinen, tupfte sich die Augen mit dem Handrücken ab und bat dabei ununterbrochen um Verzeihung.
    »Bitte nicht entschuldigen   …«
    Drei kleine Wörter   – von einer berühmten Ballerina an eine Fremde mit gebrochenem Herzen.
    »Bitte   … entschuldigen Sie sich doch nicht   …« Rachel beugte sich vor und drückte Bryony die Schatulle in die rechte Hand.
    Dann stand sie auf, ging an das andere Sofa und umarmte Bryony einmal, ehe sie zur Tür hinausschlüpfte und sie in Frieden ließ.

45
    Da war er.

    Freitag, 16. Oktober 2009
    Strafanstalt Wandsworth, Südwest-London
    10 Uhr 30
    Bryony saß im Besucherraum, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Jetzt kam es also. Ihre größte Angst.
    Bei ihrer Ankunft war sie streng kontrolliert worden. Sie hatte einen Ausweis
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