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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition)
Autoren: Doris Lessing
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ihr:
Halt’s Maul
.
    »Oh«, keuchte das schöne Mädchen und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Es hat sich etwas verändert«, sagte Frances. »Ich kann das nicht erklären.«
    Jetzt schauten beide Jungen vorwurfsvoll ihren Vater an. Er trat von einem Fuß auf den anderen, schien die Schultern zu straffen, gab sich einen Ruck, lächelte und rückte dann plötzlich heraus:
    »Es gibt noch etwas, was ich dir sagen muss, Frances.«
    Also deswegen war er nicht gegangen, deswegen war er so unbequem dort stehen geblieben und hatte sich nicht gesetzt: Er hatte noch etwas zu sagen.
    Frances wappnete sich und sah, dass Colin und Andrew das Gleiche taten.
    »Ich muss dich um einen großen Gefallen bitten«, sagte Johnny zu seiner betrogenen Ehefrau.
    »Und was für einen?«
    »Du weißt doch das mit Tilly, natürlich … weißt du, Phyllidas Mädchen?«
    »Natürlich weiß ich das.«
    Andrew hatte Phyllida besucht und durchblicken lassen, dass es kein harmonischer Haushalt war und dass das Kind eine Menge Ärger machte.
    »Phyllida ist offenbar nicht in der Lage, mit Tilly fertig zu werden.«
    Daraufhin lachte Frances laut, denn sie wusste schon, was jetzt kam. Sie sagte: »Nein, das ist wirklich unmöglich, das ist nicht
drin

    »Ja, Frances, überleg es dir. Sie kommen nicht miteinander aus. Phyllida ist mit ihrem Latein am Ende. Und ich auch. Ich will, dass Tilly hier bei dir bleibt. Du kannst so gut …«
    Frances verschlug es vor Zorn den Atem, und sie sah, dass die beiden Jungen weiß geworden waren; die drei saßen schweigend da und sahen einander an.
    Sophie rief: »Ach, Frances, und du bist so gut, es ist so wunderbar.«
    Geoffrey, der schon so lange zu Besuch in dieses Haus kam, dass man ihn zu Recht als Mitglied des Haushalts bezeichnen konnte, pflichtete Sophie bei: »Die Idee ist aber groovy.«
    »Moment mal, Johnny«, sagte Frances. »Du bittest mich, die Tochter deiner zweiten Frau aufzunehmen, weil ihr zwei nicht mit ihr fertig werdet?«
    »So ungefähr«, gab Johnny zu und lächelte.
    Eine lange Pause entstand. Sophie und Geoffrey hatten bei allem Enthusiasmus gemerkt, dass Frances die Sache nicht im Geiste des universellen liberalen Idealismus aufnahm, wie sie zunächst vermutet hatten: in jenem Geiste, dass
alles zum Besten in der besten aller möglichen Welten
ist, was eines Tages mit »die sechziger Jahre« abgekürzt werden sollte.
    Mit Mühe brachte Frances heraus: »Hast du vielleicht vor, etwas zu ihrem Unterhalt beizutragen?«, und ihr wurde klar, dass sie sich gerade einverstanden erklärte, indem sie das sagte.
    Daraufhin blickte Johnny in die jungen Gesichter, um abzuschätzen, ob sie von ihrer Kleinlichkeit genauso schockiert waren wie er. »Um Geld«, sagte er hochmütig, »geht es hier nun wirklich nicht.«
    Wieder hatte er Frances zum Schweigen gebracht. Sie stand auf, ging zu der Arbeitsfläche neben dem Herd und blieb dort mit dem Rücken zum Zimmer stehen.
    »Ich will Tilly gerne herbringen«, sagte Johnny. »Das heißt, eigentlich ist sie schon da. Sie ist im Wagen.«
    Colin und Andrew standen beide auf, gingen zu ihrer Mutter und stellten sich neben sie. Jetzt war sie in der Lage, sich umzudrehen und Johnny auf der anderen Seite des Raums anzusehen. Sie konnte nicht sprechen. Und als Johnny seine frühere Frau, flankiert von ihren gemeinsamen Söhnen, sah, drei wütende Menschen mit weißen, vorwurfsvollen Gesichtern, verstummte auch er, aber nur für einen Moment.
    Dann sammelte er sich, streckte die Arme aus, die Handflächen ihnen zugewandt, und sagte: »Jeder gibt, was er kann, jeder bekommt, was er braucht.« Und ließ die Arme sinken.
    »Ach, das ist so schön«, sagte Rose.
    »Groovy«, sagte Geoffrey.
    Jill als Neuling hauchte: »Ach, ist das hübsch.«
    Alle Blicke lagen jetzt auf Johnny, eine Situation, die ihm vertraut war. Er stand da und lächelte sein Publikum an, während ihm Kritik entgegenschlug und Liebe zuströmte. Er war ein hochgewachsener Mann, Genosse Johnny, sein Haar wurde schon grau und war wie das eines Römers geschnitten,
immer zu Diensten
, und er trug enge schwarze Jeans und eine schwarze Mao-Lederjacke, die eine ergebene Genossin aus der Modebranche eigens für ihn angefertigt hatte. Strenge war sein bevorzugter Stil, ob er lächelte oder nicht, denn ein Lächeln konnte immer nur ein vorübergehendes Zugeständnis sein, aber jetzt lächelte er unverschämt.
    »Willst du damit sagen«, sagte Andrew, »dass Tilly die ganze Zeit draußen im Wagen
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