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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter
Autoren: Anna Gracie
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aussiehst", rief Faith bewundernd aus.
    Das Mädchen strich über ihre Sachen und erwiderte beinahe scheu: „Alles, was man am Körper trägt, muss ganz und gar neu sein, auch das gehört zum Brauch." Sie sah sich um, als suche sie jemanden.
    „Er ist noch nicht wieder zurück", erklärte Faith. „Ich bin mir aber sicher, dass er bald auftaucht. Er würde nicht fortgehen, ohne sich zu verabschieden."
    Estrellita machte ein zweifelndes Gesicht. Seit ihrem letzten Streit war er nicht mehr aufgetaucht, nicht einmal für die Nacht.
    „Wir reisen morgen ab", sagte Faith. „Du musst dich entscheiden, ob du mit uns kommen möchtest oder nicht. Ich wäre sehr froh, wenn du uns begleitest, meine Schwester der Straße." Sie umarmte Estrellita. „Aber es ist allein deine Entscheidung. Du erhältst genug Geld von uns, mit dem du machen kannst, was du willst."
    Das Mädchen runzelte die Stirn und trat einen Schritt zurück. „Ich will dein Geld nicht!"
    Faith legte ihr die Hand auf den Arm. „Still. Ich habe Abuela versprochen, mich um dich zu kümmern. Ich kann dich nicht zwingen, mit in ein fremdes Land zu fahren, Estrellita, obwohl ich hoffe, dass du es tust. Wie dem auch sei, ich bestehe darauf -du wirst ausreichend Geld haben, damit du nicht auf die wichtigsten Dinge im Leben verzichten musst. Eine alleinstehende Frau muss vorsichtig sein, das weiß ich selbst. Aber es gibt nichts Schlimmeres, als allein zu sein und kein Geld zu haben."
    „Doch, es gibt Schlimmeres", widersprach Estrellita finster.
    „Sicher, aber du weißt, was ich meine. Du musst dieses Geld annehmen, Estrellita." Das Mädchen schüttelte den Kopf, und plötzlich hatte Faith eine Idee. „Das ist deine Mitgift. Ein Geschenk von mir im Namen deiner Großmutter, weil sie meinem Mann das Leben gerettet hat." Sie merkte sofort, dass das etwas ganz anderes war. Das konnte Estrellita akzeptieren, ohne ihren Stolz einzubüßen. „Einverstanden?" Estrellita nickte nur, aber Faith sah ihr an, dass sie sich freute.
    Nur von Mac war immer noch nichts zu sehen, und mit jeder Stunde, die verstrich, sah Estrellita unglücklicher aus.
    Die Sonne war hinter den Bergen untergegangen, die ersten Sterne funkelten am schwarzen Nachthimmel.
    Sie hatten eine gute Mahlzeit genossen, und Estrellita hatte alles aufgegessen, wenngleich ziemlich lustlos für jemanden, der neun Tage lang gefastet hatte. Um ihren Mund zeichneten sich Sorgenfalten ab und ihre Augen waren ganz dunkel vor Kummer. Mac war nicht zurückgekehrt.
    Niemand verlor ein Wort darüber, aber sie fingen alle an, sich Gedanken zu machen. Sie wollten ganz früh am nächsten Morgen aufbrechen.
    Doch als der Mond über den Berggipfeln aufging, durchdrang ein unwirklicher Ton die stille Nachtluft.
    Ein Dudelsack.
    Estrellita richtete sich auf, und ihr Gesicht begann zu leuchten. „Was ist das für ein Lied?", fragte sie.
    „Das ist der ,Eriskay Love Song'", erklärte Faith sanft und sang mit:
    Bheir me o, horo van o
    Bheir me o, horo van ee Bheir me o, o horo o Sad am I, without thee.
    „Traurig bin ich ohne dich'", übersetzte Estrellita die letzte Zeile leise. „Das ist sehr schön." Sie wischte sich verstohlen über die Augen. „Aber den Rest des Liedes verstehe ich nicht, was heißt das?"
    „Ich weiß es nicht. Das ist Gälisch, die Sprache der Schotten. Danach wirst du Mac fragen müssen", sagte sie und sang weiter.
    Estrellita stand auf. „Das ist wirklich ein schönes Lied. Dummer Mann! Wenn er so traurig ist ohne mich, warum versteckt er sich dann?" Sie verschwand in der Dunkelheit.
    Faith seufzte verzückt. „Ach, ich hoffe so sehr, dass zwischen den beiden alles gut wird."
    „Ich auch, meine Liebste. Aber mir fällt auf, dass das eine wunderschöne Nacht ist. Natürlich können wir hier sitzen bleiben und nutzlose Spekulationen anstellen, oder aber wir gehen nach draußen und genießen ... den Mondschein."
    Faith wurde warm ums Herz vor Glück. Sie wusste, was er meinte. „O ja, Liebling, lass uns nach draußen gehen und den Mondschein genießen." Arm in Arm verließen sie die Hütte, nicht ohne vorher noch schnell eine Decke mitzunehmen.
    Estrellita kletterte den Berg weiter hinauf, immer dem Klang des Dudelsacks folgend. Auf einer von Bäumen umstandenen Lichtung entdeckte sie den einsamen Dudelsackspieler, er stand groß und aufrecht im Mondlicht. Plötzlich erfüllte sie eine unerklärliche Scheu, und sie verharrte im Schatten, bis er das wunderschöne Lied zu Ende gespielt hatte. Dann
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