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Ein Sohn für den Scheich

Ein Sohn für den Scheich

Titel: Ein Sohn für den Scheich
Autoren: Michelle Reid
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erst vor einer Stunde zurückgekehrt war. Hinter ihr lag ein langer und arbeitsreicher Tag in der Ferienanlage von San Estéban, und als machte ihr die Hitze Südspaniens nicht schon genug zu schaffen, war in der Villa, die sie derzeit als Musterhaus für potenzielle Käufer einrichtete, die Klimaanlage ausgefallen.
    Ethan erwartete sie auf der Veranda. Er hatte sich einen Drink eingegossen und stand am Geländer, von wo aus er den Sonnenuntergang beobachtete. Als er Leona bemerkte, drehte er sich zu ihr um und lächelte anerkennend.
    “Du siehst hinreißend aus”, begrüßte er sie und ging ihr einige Schritte entgegen.
    “Vielen Dank”, erwiderte Leona und betrachtete den großen und schlanken Mann, der zu seinem schwarzen Smoking wie üblich keine Krawatte, sondern eine Fliege trug. “Du brauchst dich aber auch nicht zu verstecken.”
    Ethan quittierte das Kompliment mit einem schalkhaften Lächeln, für das er ebenso berühmt wie berüchtigt war, weil er damit die Herzen der Frauen im Sturm erobern konnte – wovon er regen Gebrauch machte.
    Zu Leonas Erleichterung ließ sie Ethans unbestreitbare Attraktivität jedoch kalt, und dankenswerterweise hatte er nie versucht, daran etwas zu ändern. Was sicherlich daran lag, dass sich in den vielen Jahren, die sie sich bereits kannten, ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis zwischen ihnen entwickelt hatte. Sie mochten und respektierten sich, wie es enge Verwandte taten.
    “Möchtest du einen Drink?”, erkundigte sich Ethan.
    “Lieber nicht”, lehnte Leona ab, “sonst fange ich spätestens um zehn Uhr an zu gähnen.”
    “So spät?”, spottete er im Wissen, dass Leona normalerweise früh ins Bett ging. “Demnächst bittest du mich noch, nach der Party mit dir in eine Nachtdisco zu gehen.”
    “Du besuchst Discos?”
    “Nicht wenn ich es verhindern kann”, erwiderte Ethan augenzwinkernd. “In meinem Alter ist es nicht so einfach, eine Frau zu finden, die sich von mir auf die Füße treten lässt.”
    “So alt bist du doch noch gar nicht”, widersprach Leona amüsiert. “Wenn ich mich richtig erinnere, bist du Mitte der Sechzigerjahre geboren, genau wie Has…”
    Ethan sah mit Entsetzen, wie von einer Sekunde auf die andere jede Fröhlichkeit aus Leonas Gesicht wich. Jeder, der näher mit ihr zu tun hatte, wusste, wie schwer das vergangene Jahr für sie gewesen war. Deshalb hatte in dieser Zeit niemand den Namen ihres Mannes in ihrer Gegenwart erwähnt. Nun hatte sie selbst das Gespräch auf ihn gebracht, und auch wenn sie sich nach der ersten Silbe unterbrochen hatte, war ihr deutlich anzusehen, wie sehr die Erinnerung sie aufgewühlt hatte.
    “Findest du nicht, dass du diesem Wahnsinn endlich ein Ende setzen solltest?”, fragte Ethan besorgt.
    “Das will ich aber nicht”, erwiderte Leona bestimmt und trat ans Geländer.
    “Sagt dein Herz dir nicht etwas völlig anderes?”
    “Was mein Herz sagt, spielt in diesem Fall keine Rolle.”
    “Vielleicht solltest du gerade deshalb auf es hören.”
    “Vielleicht solltest du dich lieber um deine eigenen Angelegenheiten kümmern.”
    Um zu betonen, wie wenig ihr an seiner Einmischung lag, warf Leona Ethan einen strengen Blick zu, ehe sie sich umdrehte. Sie blickte hinaus aufs Meer, über dem die Sonne unterging und es in schillernde Farben tauchte.
    Die Villa, die sie gemeinsam mit ihrem Vater bewohnte und die seit einigen Tagen auch Ethan als Unterkunft diente, befand sich oberhalb der Bucht von San Estéban, einem ehemaligen Fischerdorf, das sich innerhalb weniger Jahre mithilfe einiger finanzkräftiger Investoren in einen paradiesischen Urlaubsort verwandelt hatte. Um den Charakter der Landschaft zu erhalten, waren die luxuriösen Villen, die sich über den Hang erstreckten, im maurischen Stil errichtet worden. Gekrönt wurde die Anlage von einem Sportboothafen, in dem bereits die ersten Yachten vor Anker lagen.
    Von hier oben wirkte alles noch friedlicher als ohnehin, und insgeheim wünschte sich Leona, der Anblick könnte ihr helfen, ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Doch die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass die Aussicht darauf denkbar gering war. Insgeheim hatte sie sich schon fast damit abgefunden, die Kränkungen und Verletzungen, die sie erlitten hatte, zeitlebens nicht zu verwinden.
    “Entschuldige bitte, Leona”, sagte Ethan, als er sah, wie bedrückt sie war. “Ich wollte dir nicht zu nahe treten.”
    “Schon gut”, erwiderte sie niedergeschlagen.
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