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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen
Autoren: Melanie Barbera
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Hoffnung verließ ihn langsam wieder und nun fühlte er sich stumpf.
    Sie zog die Schultern zusammen, dann begann sie langsam an den Fingerspitzen ihrer Handschuhe zu ziehen. „Ich durfte wieder nach London, weil ich die Prämisse meines Vaters erfüllt habe,“ entgegnete sie. „Er hat Alex nur erlaubt, mich aus Shropshire fort zu bringen, wenn wir anschließend heiraten und das haben wir getan.“
    Inzwischen hatte sie die Spitzenhandschuhe ausgezogen und sie behutsam vor sich gelegt. An ihrer linken Hand saßen zwei Ringe auf ihrem Ringfinger und ihrem Mittelfinger, der eine war ein massiver Diamantring, der andere ein schlankes, silbernes Band. Mein Gott, dachte Tony.
    „Ich weiß nicht, was Vicky dir über uns erzählt hat,“ begann sie mit einem schweren Seufzer erneut, während Tony plötzlich heftige Schmerzen durchlitt, heftige, tatsächliche Schmerzen.
    „Sie sagte, du betest ihn an,“ wiederholte er den Satz seiner guten Freundin, der sich ihm am meisten eingeprägt hatte, denn ihn selbst hatte Guinievaire absolut niemals angebetet. Es war ihm damals sehr schwer gefallen, Vicky zu glauben.
    „Dann hat sie nicht gelogen,“ meinte Guinievaire ausgesprochen vorsichtig. Langsam drehte sie nun die Ringe an ihrer Hand und ihr schien dieses Gespräch ebenso viele Schwierigkeiten zu bereiten wie ihrem Gegenüber. „Ich will dich nicht unnötig mit Einzelheiten quälen, Tony, aber ich liebe ihn sehr. Es tut mir nicht leid, was ich getan habe.“
    Davon hatte sie also in ihrem schrecklichen zweiten Brief an ihn gesprochen: sie war froh gewesen, dass Tony nicht aufgetaucht war, weil sie dadurch frei gewesen war, um Alexander zu heiraten, den Mann, dem Guinievaire zu Füßen lag. Was für eine Vorstellung dies war und was für eine unvorstellbare Ungerechtigkeit! Wie gerne wäre er einfach aus dem Zimmer gestürmt, weil er ihren für ihn sonst so heilsamen Anblick nicht länger ertrug! Wie gerne hätte er vor Enttäuschung geschrien oder etwas geworfen! So lange hatte er gekämpft, hatte sich geduldet und ausgeharrt und nun? Nun war sie einfach einem anderen in den Schoß gefallen und sie war zu allem Unglück glücklich damit, denn sie wollte Tony nicht mehr haben, aber er wollte sie und deswegen konnte er nicht fortlaufen. Als er sie ansah, da verspürte er nach wie vor eben jenes bekannte Bedürfnis: er wollte sie immer noch küssen. Mit beeindruckend lebhafter Phantasie stellte er sich sogar vor, wie er aufsprang von seinem Stuhl, ihre Hand nahm, ihren leichten Körper gegen sich zog, wo er ihn so lange schon nicht mehr hatte spüren können. Vielleicht würde sie es zulassen, wenn er einfach seine Lippen auf die ihren drückte und keine Zeit mehr damit verschwendete, sie nach oben in sein Zimmer zu bringen. Gleich hier auf dem Tisch könnten sie es tun, so wie sie es schon immer gewollt hatte. Was für ein Idiot war er gewesen, sie immer wieder aus seinem Bett zu werfen, sie, das schönste Mädchen der Welt, Guinievaire Hastings! Nein, Lovett, korrigierte eine bittere Stimme ihn sogleich in seinem Hinterkopf. Nun war sie Guinievaire Lovett.
    Warum, warum musste es so unendlich schwer sein und warum war er so schrecklich enttäuscht worden? Hätte er sie denn nicht verdient gehabt? Verfluchte Welt und verfluchtes Schicksal, tobte er stumm in seinem Schädel, verfluchter Gärtner.
    „Marion,“ knurrte Tony mit tiefer Stimme, wobei er sich an der Tischkante festklammerte. „Wieso hat er uns das angetan?“
    Denn der Gärtner allein war der Schuldige, das war nun, nach all diesen enttäuschenden, nutzlosen Erklärungen deutlich. Er könne Tony nur einfach nicht besonders gut ausstehen, hatte er damals behauptet, aber das war nicht wirklich ein schwerwiegendes Motiv, welches genügte, um ein ganzes Leben zu zerstören.
    Guinievaire zuckte wieder die Schultern. Sie machte ein Gesicht, als leide sie mit ihm, aber natürlich war sie glücklich und ganz bestimmt würde sie sich von Tony niemals wieder berühren lassen, denn endlich hatte sie den Ehemann, den sie immer verdient hatte, den Ehemann, der für Mädchen von Guinievaires Schlag geeignet war, nein, tatsächlich hatte sie genau den Ehemann, der nur zu ihr passte. Wie grauenhaft gut mussten sie doch zusammen aussehen! Alexander war groß und blass wie sie und sie beide waren beneidenswert schön. Sie waren beliebt und entstammten angesehenen Familien, sie waren reich und einflussreich. Wie lächerlich es doch von Tony gewesen war, zu glauben, er habe
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