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Ein Schlüssel für den Mörder

Ein Schlüssel für den Mörder

Titel: Ein Schlüssel für den Mörder
Autoren: Carter Brown
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eintraten. Ich wurde mir zunehmend
schneller der Tatsache bewußt, daß er sehr wohl Grund zum Blinzeln hatte.
    Die Büros waren modern
eingerichtet und strahlten Arbeitsatmosphäre aus, aber sie unterschieden sich
nicht wesentlich von irgendwelchen anderen Verlagsinstitutionen — nicht eine
einzige Houri war zu sehen. Stanton sah meinen leicht
erstaunten Blick, als wir an seinen rund fünfzig bebrillten Sekretärinnen
vorbeigingen, aber er wartete, bis wir die Tür seines Privatbüros hinter uns
geschlossen hatten, bevor er sprach.
    »Hier arbeite ich, Holman«,
sagte er behaglich, während er sich hinter seinen nierenförmigen Schreibtisch
setzte. »Wenn ich spielen möchte, so habe ich dafür mein Haus und den Club.
Wenn Sie so wollen, ist es der Unterschied zwischen einer Nummer und einer
Probenummer .«
    »So etwas würde ich nicht
einmal im Traum sagen«, versicherte ich ihm.
    Er kramte in einer Schublade
seines Schreibtischs und warf mir dann zwei Umschläge hin. »Sie können die
Briefe lesen«, sagte er, »während ich die Adressen für Sie heraussuche .«
    Beide Briefe waren kurz und
bündig. Sie waren mit der Maschine geschrieben und nicht unterschrieben. Im
ersten stand:
     
    Sie gehören umgebracht,
Stanton, und das wird auch geschehen, bevor der Monat zu Ende ist.
     
    Der zweite hieß:
     
    Noch fünfzehn Tage, Stanton,
wie fühlen Sie sich dabei?
     
    Beide Briefe waren mit dem
Vermerk »Persönlich« versehen und ganz einfach an »Carter Stanton — Judas« adressiert.
    »Was halten Sie davon ?« Stanton hob den Kopf und blickte mich grübelnd an.
»Keiner von den beiden Dingern ist gerade eine Fundgrube an Information, oder ?«
    »Wieso >Judas< ?« fragte ich.
    Er zuckte gekonnt die
Schultern. »Woher soll ich das wissen? Ich habe nie im Leben jemanden betrogen
oder verraten .«
    Es war eine so offensichtliche,
empörende Lüge, daß sie jede Antwort im Keim erstickte. Ich unternahm also gar
keinen Versuch. Er schob mir ein Blatt Papier über den Schreibtisch zu.
    »Ich habe Melissas Adresse
aufgeschrieben — hoffentlich fällt sie in den Aufzugschacht, bevor Sie dort
angekommen sind! — , und dann den Ort, an dem Sie Meyer finden können.
Sebastian ist natürlich im Club. Er probt die meisten Nachmittage über dort.
Sie werden keine Schwierigkeiten haben, hineinzukommen, das habe ich bereits
geregelt. Gibt es sonst noch etwas ?«
    »Nicht daß ich wüßte«, sagte
ich und steckte die Liste in meine Brieftasche.
    »Vielleicht sprechen Sie am
besten mit Leon, bevor Sie gehen«, sagte er munter. »Ich habe ihm von Ihnen
erzählt — und von den Briefen .« Er drückte auf einen
Knopf seines Sprechapparates, und eine blecherne Stimme sagte: »Ja, Carter ?«
    »Holman ist hier bei mir,
Leon«, sagte Stanton. »Er wollte gern mit Ihnen sprechen — wenn Sie jetzt
gerade Zeit haben ?«
    »Natürlich«, sagte die Stimme
freundlich. »Schicken Sie ihn herüber .«
    Stanton stellte den Apparat ab.
»Sein Büro liegt gleich ich nebenan. Ich denke, wir sehen uns dann heute zum
Abendessen zu Hause, wie ?«
    »Vermutlich«, stimmte ich zu.
ich war schon an der Tür angelangt, als er » Holman «
rief. Ich drehte fragend den Kopf. Seine babyblauen Augen schielten leicht.
    »Sagen Sie mal, Holman — « Er
entblößte sein Pferdegebiß in einem über drei Oktaven
reichenden Grinsen. »Wovor hatten Sie denn Angst? Vor dem Spiegel an der
Decke?«
    »Davor auch.« Ich nickte. »Und
davor, wie der ganze Raum eingerichtet war. Irgendwie hat er meine
manisch-depressive Veranlagung aktiviert .« Ich senkte
meine Stimme zu einem vertraulichen Flüstern, das er nur mühsam verstehen
konnte. »Es hat mich an ein heruntergekommenes Bordell in New Orleans erinnert,
in dem ich einmal war. Der Besitzer war ein fetter kleiner Mann mit schmutzigem
blondem Haar — es war nie ordentlich geschnitten — , und er bezog seine Anreize durch geheime, in die Decke eingelassene
Spiegelglasfenster. «
    »Sie Mistvieh !« sagte Stanton entzückt. »Sie gerissenes, altes Mistvieh!«
    Das Büro des Chefredakteurs war
nur um ein geringes kleiner als das des Herausgebers. Leon Douglas erhob sich
hinter seinem Schreibtisch, gab mir die Hand und forderte mich zum Sitzen auf.
Er war ein großer, magerer Bursche, ungefähr dreißig Jahre alt, mit einem
Bürstenhaarschnitt und einer Brille mit viereckigen Gläsern.
    »Ich bin gern bereit, Ihnen zu
helfen, wo immer ich nur kann, Mr. Holman«, sagte er freundlich, während er
sich wieder setzte.
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