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Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Titel: Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
Autoren: Ian Rankin
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Gates, zu seinem Kollegen gewandt. »Gilt die Wette?«
    »Es ist die Nummer drei«, erklärte Clarke. »Wir vermuten, dass er ein russischer Dichter sein könnte.«
    »Doch nicht etwa Todorow?«, fragte Curt und hob eine Augenbraue. Clarke zeigte ihm das Buch, und die Augenbraue ging noch ein Stückchen höher.
    »Ich hätte Sie nicht für einen Liebhaber der Poesie gehalten, Doc«, meinte Rebus.
    »Stecken wir mitten in einem diplomatischen Zwischenfall?«, schnaubte Gates. »Sollten wir nach Einstichen mit vergifteten Regenschirmspitzen suchen?«
    »Sieht so aus, als hätte ihm ein Irrer die Schnauze poliert«, erklärte Rebus. »Es sei denn, es gibt ein Gift, das einem die Haut vom Gesicht schält.«
    »Nekrotisierende Fasziitis«, murmelte Curt in sich hinein.
    »Verursacht durch Streptococcus pyogenes«, fügte Gates hinzu. »Ich glaube allerdings nicht, dass die uns bislang je untergekommen ist.« Rebus fand, dass er aufrichtig enttäuscht klang.
     
    Geschlossenes Polytrauma: Der Polizeiarzt hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Rebus saß in seinem Wohnzimmer, im Dunkeln, und rauchte eine Zigarette. Nachdem die Regierung ein Rauchverbot am Arbeitsplatz und in Lokalen verhängt hatte, versuchte sie, auch das Rauchen zu Hause zu verbieten. Rebus fragte sich, wie die Heinis das durchsetzen wollten. Auf dem CD-Player lief ein Album von John Hiatt. Leise. Das Stück hieß »Lift Up Every Stone«. Seit er bei der Polizei war, hatte er nichts anderes getan als das: jeden Stein aufgehoben. Aber Hiatt benutzte die Steine, um eine Mauer zu errichten, während Rebus bloß daruntersah und nach den kleinen dunklen Kreaturen spähte, die da herumwuselten. Er fragte sich, ob der Songtext ein Gedicht war und was der russische Dichter von Rebus’ Interpretation gehalten hätte. Sie hatten versucht, jemanden im Konsulat zu erreichen, aber es hatte sich nicht mal ein AB gemeldet, also hatten sie beschlossen, Feierabend zu machen. Siobhan war zu Gates’ erheblicher Verärgerung während der Autopsie eingenickt. Rebus’ Schuld: Er hatte sie in letzter Zeit immer so lange im Büro festgehalten und versucht, sie für all die alten unaufgeklärten Fälle zu interessieren, die ihm nach wie vor keine Ruhe ließen – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sie die Erinnerung an ihn wachhalten würden …
    Rebus hatte sie zu Hause abgesetzt und war dann durch die vormorgendlich stillen Straßen nach Marchmont gefahren, hatte schließlich einen Parkplatz gefunden und war in seine Wohnung gegangen. Das Wohnzimmer hatte ein Erkerfenster, und dort stand sein Sessel. Er redete sich zwar ein, dass er es bestimmt bis ins Schlafzimmer schaffen würde, aber für alle Fälle lag hinter dem Sofa eine Steppdecke. Eine Flasche Whisky hatte er auch – achtzehn Jahre alten Highland Park, vergangenes Wochenende gekauft und noch für ein paar Gläschen gut. Kippen und Schnaps und ein kleines bisschen Nachtmusik. Früher einmal hätte ihm das genügend Trost geboten, aber würde das noch reichen, wenn der Job erst hinter ihm lag? Was hatte er außerdem noch?
    Eine Tochter in England, mit einem Collegedozenten liiert.
    Eine Exfrau, die nach Italien gezogen war.
    Das Pub.
    Taxi zu fahren oder für Strafverteidiger Zeugen ausfindig zu machen und vorab zu vernehmen, konnte er sich nicht so recht vorstellen. Ebenso wenig »einen neuen Anfang« zu machen, wie das andere getan hatten – sich in Marbella oder Florida oder Bulgarien zur Ruhe zu setzen. Einige hatten ihre Pension in Immobilien investiert, Wohnungen an Studenten vermietet – ein Chief Inspector, den er kannte, hatte sich auf die Art eine goldene Nase verdient -, aber Rebus hatte keine Lust auf den ganzen Stress. Er würde den Studenten ja doch nur ständig wegen irgendwelchen Brandlöchern im Teppich oder ungespülten Tellern auf den Geist gehen.
    Sport? Fehlanzeige.
    Hobbys und Lieblingsbeschäftigungen? Das, was er gerade tat.
    »Bisschen selbstmitleidig heut Nacht, was, John?«, fragte er sich laut. Musste dann ein bisschen lachen, da ihm bewusst war, dass er es in der Disziplin »Selbstmitleid« in die schottische Nationalauswahl geschafft und bei der Miesepeter-Olympiade gute Aussichten auf die Goldmedaille gehabt hätte. Wenigstens wurde er nicht gerade wieder zusammengenäht und in Eisfach Nummer drei zurückgeschoben. Er war im Geist eine Liste durchgegangen – Straftäter, von denen er wusste, dass sie beim Verprügeln eines Opfers leicht die Kontrolle verloren. Die meisten saßen
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