Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
worauf er Fox langsam nicken sah. »Gut, gut.«
    An der Art, wie er das sagte, erkannte Fox, dass sein Chef Skrupel hatte. Früher, in grauer Vorzeit, hatte er Seite an Seite mit Glen Heaton gearbeitet. McEwans Version war, dass der Mann solide Arbeit geleistet und jede Beförderung, die sich ihm bot, verdient hatte. Ein guter Polizeibeamter im Großen und Ganzen ...
    »Gut«, sagte McEwan wieder, diesmal noch geistesabwesender. Dann straffte er die Schultern und richtete sich auf. »Und was haben Sie heute noch vor?«
    »Kleinkram.« Wieder schnauzte Fox sich die Nase. »Sind Sie Ihre Erkältung immer noch nicht los?« »Sie scheint mich zu mögen.«
    McEwan schaute erneut auf die Uhr. »Es ist schon Mittag vorbei. Warum machen Sie nicht mal früh Feierabend?« »Sir?«
    »Wir haben Freitagnachmittag, Foxy. Es könnte sein, dass ich am Montag etwas Neues für Sie habe, deshalb sollten Sie lieber Ihre Akkus aufladen.« McEwan konnte sehen, dass Fox nachdachte. »Nicht Aberdeen«, erklärte er.
    »Was dann?«
    »Könnte auch übers Wochenende im Sande verlaufen.« McEwan zuckte die Schultern. »Wir unterhalten uns am Montag.« Er wandte sich zum Gehen, zögerte jedoch. »Was hat Heaton gesagt?«
    »Er hat mir nur einen seiner gefürchteten Blicke zugeworfen.« »Ich habe gesehen, wie gestandene Männer Reißaus nehmen, wenn er das tut.« »Ich nicht, Bob.«
    »Nein, Sie nicht.« McEwans Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, während er auf seinen Schreibtisch in der anderen Ecke des Zimmers zusteuerte.
    Tony Kaye hatte sich auf seinem Stuhl wieder nach hinten gelehnt. Seine scharfen Ohren konnten es mit jedem elektronischen Gerät aufnehmen. »Wenn du dich auf den Heimweg machst, lass mir einen Zehner da.«
    »Wofür?«
    »Für die Drinks, die du uns schuldest - zwei Pints für mich und einen Milchshake für den Kleinen.«
    Joe Naysmith vergewisserte sich, dass der Chef nicht hersah, bevor er Kaye ein zweites Mal den Stinkefinger zeigte.
     
    Malcolm Fox ging nicht nach Hause, nicht unmittelbar. Sein Vater lebte in einem Pflegeheim im Osten der Stadt, unweit von Portobello. Portobello war einmal ein feiner Ort gewesen, im Sommer sehr beliebt, weil man am Strand spielen oder einen Spaziergang auf der Promenade machen konnte. Dort gab es Eisbuden und Spielautomaten und Fish 'n' Chips. Und Sandburgen unten am Wasser, wo der Sand feucht und formbar war. Die Leute ließen Drachen steigen oder warfen ihren Hunden Stöcke zum Apportieren in die Brandung. Das Wasser war so kalt, dass man die ersten paar Sekunden keine Luft mehr bekam, aber danach wollte man gar nicht mehr raus. Eltern saßen in gestreiften Liegestühlen, vielleicht hinter einem Windschutz, den sie in den Sand gerammt hatten. Mum hatte ein Picknick eingepackt: der körnige Geschmack von Streichwurst auf dünnem Weißbrot; Flaschen mit warmer Cola. Lächelnde Gesichter und Sonnenbrillen und Dad mit seinen hochgekrempelten Hosen.
    Malcolm hatte seinen Vater schon zwei Jahre nicht mehr mit auf die Strandpromenade genommen. Er hatte es vorgehabt und immer wieder verworfen. Der alte Herr war ziemlich wackelig auf den Beinen - sagte sich Malcolm dann. Nur ungern gestand er sich den wahren Grund ein, nämlich seine Furcht davor, angestarrt zu werden ... Ein alter Mann, dem geschmolzenes Eis aus der Waffel über den Handrücken lief, während er von seinem Sohn zu einer Bank geführt wurde. Sie würden sich hinsetzen, und er würde mit seinem Taschentuch das Eis von den Slippern seines Vaters wischen und dann mit demselben Tuch dessen grau meliertes Kinn abtupfen.
    Nein, das war natürlich nicht der Grund. Heute war es einfach zu kalt.
    Für das Pflegeheim zahlte Fox mehr als für seine eigene Hypothek. Er hatte seine Schwester gebeten, einen Teil der Kosten zu übernehmen, was sie, wie sie sagte, auch tun würde, wenn sie könnte. Das Heim war privat. Fox hatte sich zwei städtische Alternativen angeschaut, aber die hatten, nicht nur wegen des scharfen Geruchs, einen trostlosen Eindruck gemacht.
    Die Lauder Lodge war besser. Etwas von dem Geld, das Fox berappt hatte, war in den allgemeinen Topf gewandert und als Prägetapete und Raumspray mit Kiefernduft wieder herausgekommen. Er konnte auch immer Talkumpuder riechen, und das Fehlen unangenehmer Küchendünste sprach für eine gut funktionierende Belüftung. Seitlich des Gebäudes fand er einen Parkplatz und meldete sich an der Eingangstür an. Es war ein frei stehendes viktorianisches Haus, das vor der jüngsten

Weitere Kostenlose Bücher