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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen
Autoren: Ian Rankin
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Nachbarschaft, die zu laut Musik hörten -, galt die PSU zuweilen als »die dunkle Seite«. Ihre Ermittler spürten Rassismus und Korruption auf. Sie befassten sich mit Fällen, in denen Schmiergelder kassiert oder beide Augen zugedrückt worden waren. Sie gingen geräuschlos, akribisch und entschlossen vor und verfügten über so viel Macht, wie sie brauchten, um ihre Arbeit zu erledigen. Fox und sein Team gehörten zur PSU. Ihr Büro lag in einem anderen Stockwerk als das Complaints and Conduct Department und war um einiges kleiner. Monatelang hatte Heaton unter Beobachtung gestanden, man hatte seinen privaten Telefonanschluss abgehört, seine Handy-Telefonverzeichnisse überprüft, mehrfach seinen Computer durchforstet - alles ohne sein Wissen. Er war beschattet und fotografiert worden, sodass Fox am Ende mehr über den Mann wusste als dessen eigene Frau, bis hin zu der Stripteasetänzerin, mit der Heaton ein Verhältnis gehabt hatte, und dem Sohn aus einer früheren Beziehung.
    Von anderen Polizisten hörten die internen Ermittler immer dieselben Fragen: Wie kannst du das nur machen? Wie kannst du auf deinesgleichen spucken? Schließlich waren das Beamte, mit denen man schon gearbeitet hatte oder womöglich in Zukunft arbeiten würde. »Die Guten« nannte man sie auch. Aber genau da lag das Problem: Was bedeutete es, »gut« zu sein?
    Darüber hatte Fox oft gegrübelt, den Blick starr in den Spiegel hinter der Bar gerichtet, in der Hand ein weiteres Glas Alkoholfreies.
    Hier sind wir, und dort sind sie, Foxy ... Manchmal muss man den kürzesten Weg nehmen, oder man kriegt gar nichts auf die Reihe ... Hast du das denn nie gemacht? Bist du vielleicht weißer als weiß? Wie jungfräulicher Schnee?
    Nein, er war nicht wie jungfräulicher Schnee. Manchmal fühlte er sich fortgeschwemmt - in die PSU hinein, ohne es wirklich gewollt zu haben; in Beziehungen ... und nur allzu bald von neuem fortgeschwemmt. An diesem Morgen hatte er seine Schlafzimmervorhänge aufgezogen und sich beim Anblick des Schnees gefragt, ob er anrufen und sagen sollte, er sei stecken geblieben. Doch dann war das Auto eines Nachbarn vorbeigekrochen und die Lüge dahingeschmolzen. Er war zur Arbeit erschienen, weil er nun einmal so war: Er erschien zur Arbeit, und er ermittelte gegen Polizisten. Heaton war jetzt vom Dienst suspendiert, wenn auch bei vollem Gehalt. Die Fallakte war an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.
    »Das war's dann also?« Fox' anderer Kollege stand vor dem Schreibtisch, die Hände wie üblich in den Hosentaschen vergraben, und schaukelte leicht auf den Fersen. Joe Naysmith, seit sechs Monaten dabei, immer noch voller Eifer. Er war achtundzwanzig, noch jung für die Innere. Tony Kaye hatte den Eindruck, dass Naysmith den Job als schnellen Weg in eine leitende Position betrachtete. Bemüht, die wirre Haarmatte unter Kontrolle zu bringen, derentwegen er ständig aufgezogen wurde, schüttelte der junge Mann kräftig den Kopf.
    »So weit, so gut«, sagte Malcolm Fox. Er hatte ein Taschentuch aus der Hosentasche gezogen und schnauzte sich.
    »Also gehen die Getränke heute Abend auf dich?«
    Von seinem eigenen Schreibtisch aus hatte Tony Kaye zugehört. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, während er Blickkontakt mit Fox herstellte.
    »Für den Kleinen aber bitte nur einen Milchshake. Sonst will er als Nächstes lange Hosen.«
    Naysmith drehte sich um und nahm gerade lange genug die Hand aus der Tasche, um Kaye den Stinkefinger zu zeigen. Kaye schürzte die Lippen und wandte sich wieder seiner Lektüre zu.
    »Sie sind hier nicht auf dem Spielplatz«, knurrte eine Stimme von der Türschwelle her. Dort stand Chief Inspector Bob McEwan. Er kam hereingeschlendert und strich Naysmith mit den Fingerknöcheln über die Stirn.
    »Haare schneiden, Jungchen - was habe ich Ihnen gesagt?«
    »Sir«, murmelte Naysmith auf dem Weg zu seinem Schreibtisch. McEwan warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    »Geschlagene zwei Stunden habe ich in diesem Meeting gesessen.«
    »Das war bestimmt sehr effektiv, Bob.« McEwan schaute Fox an. »Der Chief meint, oben in Aberdeen liege ein Hauch von Fäulnis in der Luft.« »Irgendwelche Einzelheiten?«
    »Noch nicht. Kann nicht behaupten, dass ich scharf drauf wäre, den Fall in meinem Eingangskorb zu finden.« »Haben Sie Freunde bei Grampian?«
    »Ich habe nirgendwo Freunde, Foxy, und das ist gut so.« Der Chief Inspector hielt inne, anscheinend fiel ihm etwas ein. »Heaton?«, fragte er,
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