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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht
Autoren: Oliver Bottini
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Liberianer.
    Sie lachten, er lachte mit. Mr.   Reinhold, sonst im feinsten Zwirn, nun nackt und bleich und unrasiert, die Augen schattig, die schütteren dunklen Haare an der Kopfhaut klebend.
    Er schwamm ein Stück auf sie zu, bis er stehen konnte, hielt sich die Linke vors Geschlechtsteil und sagte: »My friends, how nice to see you again!«
    Kniend reichten sie ihm die Hand. Sie seien, sagte Joseph in seinem perfekten Oxford-Englisch, auf dem Weg zum Flughafen. Hätten ihn noch einmal sehen, sich noch einmal bedanken wollen.
    Wofür? Er hatte nichts für sie tun können. Nach Liberia durfte Meininger Rau nicht liefern, weder die gewünschten MRG 45 noch die Lizenz für deren Nachbau. Natürlich war das von vornherein klar gewesen. Für Liberia galt ein striktes UN -Waffenembargo.
    Zwei Tage lang hatte man Anfang vergangener Woche die Lage in Berlin besprochen, hier in der Villa, im abhörsicheren Kellerraum. Wegner hatte empfohlen, über Spanien oder, vielleicht einfacher noch, über Jordanien oder Saudi-Arabien zu kaufen, die alle die MRG -45-Lizenz erworben hatten. Er hatte angeboten, Kontakte zu vermitteln. Andere, inoffizielle Wege zu eruieren. Die Algerier hätten gerade gekauft, eventuell gebe es da Möglichkeiten? Joseph und Luseni hatten gesagt, sie müssten überlegen, sich »mit dem Chef« besprechen.
    Sie standen jetzt hoch über ihm vor dem weißlichen Himmel, er kniff die Augen zusammen. Beide waren Ende dreißig, Joseph schlank und klein, der linke Arm gelähmt, Luseni größer, breiter, untersetzt. Wegner mochte sie, sie behandelten ihn freundlich und respektvoll. Sie trugen die schwarzen Caps und die grauen T-Shirts, die er ihnen geschenkt hatte. HK stand in Rot darauf, auf den Shirts dazu in Schwarz quer über der Brust der Heckler & Koch-Slogan, no compromise . Es war ihm lieber, wenn Meininger Rau nicht mit Liberia in Verbindung gebracht wurde.
    »Ist Phil auch da?«
    »Isst Ihren Kuchen auf«, erwiderte Luseni.
    »Kommen Sie aus dem Wasser, Mr.   Reinhold«, sagte Joseph, streckte ihm die Rechte entgegen. »Sonst verschrumpeln Sie.«
    Wegner wehrte lächelnd ab. Er sah Phil auf die Terrasse treten, zum Pool kommen, ein Stück Kuchen in der Hand. Phil, einer der Mittelsmänner, der letzte vor Joseph und Luseni. Er war in Deutschland geboren, in London aufgewachsen, in der Welt zu Hause, so zumindest wollte es die Legende. Ein schöner, wilder Mann mit blondem Zopf, flog in Cessnas über die afrikanische Savanne. Wegner hatte Fotos gesehen und an Robert Redford gedacht.
    »Tried to call you«, sagte Phil, der immer nur Englisch sprach. »Ging keiner dran.«
    »Ich muss es überhört haben.«
    »Die Jungs hier wollten noch mal danke sagen. Sie einladen nach Monrovia, Ferien mit der Familie.«
    »Sie müssen kommen«, sagte Luseni.
    »Gern!«, sagte Wegner. Niemals würde er nach Liberia reisen. Kaum ein Land ängstigte ihn mehr. Das Charles-Taylor-Land. Er konnte das nicht vergessen, auch wenn seit Jahren eine gewählte Präsidentin regierte. Mit Ruanda ging es ihm ähnlich. Elfenbeinküste. All die Gemetzel. Nein, es war ihm lieber, Interessenten aus diesen Ländern kamen zu ihm. »Sehr gern.«
    »Sie sind schon ganz blau im Gesicht, Mr.   Reinhold«, sagte Joseph, der sanfteste Offizier, dem er je begegnet war. Er hatte ein buntes Kleid für Wegners Frau und eine Jägerstatuette aus Mahagoni für seinen Sohn mitgebracht. Söhne mit achtzehn seien schwierig, hatte er gesagt. Sie wollten so gern etwas sein, aber sie seien noch nichts. Traurige Jäger, die noch keine Beute erlegt hätten, zwischen Jugend und Männlichkeit erstarrt.
    Seine Frau liebte das bunte Kleid. Sein Sohn lockte Mädchen mit dem Mahagoni-Jäger nach Hause.
    »Da liegt was im Pool«, sagte Phil und deutete neben Wegner.
    Er bückte sich, fischte den Gegenstand heraus, hielt ihn hoch – sein neues, wasserdichtes Smartphone. Er hatte es im Morgengrauen testhalber in den Pool geworfen und dann dort vergessen.
    Sie lachten.
    »Wilde Party«, sagte Phil anerkennend.
    Wegner winkte ab. »Feier im Familienkreis.«
    »So eine Familie wünscht man sich.« Phil tippte sich zum Abschied an die Stirn. »Wir müssen weiter, der Taxameter läuft, der Pilot wartet nicht. Die Frau hinter dem Sofa, ich hoffe, Sie haben sie nicht totgevögelt?«
    Wegner öffnete den Mund, klappte ihn zu, starrte Phil nach, der lachend davonging. Welche Frau?
    Joseph und Luseni reichten ihm die Hand, wiederholten Dankesworte, Einladungen, beste
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