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Ein Mord wird angekündigt

Ein Mord wird angekündigt

Titel: Ein Mord wird angekündigt
Autoren: Agatha Christie
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geschlummert hatte, aus. Als Charlotte hatte sie stets die zweite Geige gespielt, jetzt nahm sie Letitias dominierende Art an. Im Grunde genommen hatte geistig gar kein so großer Unterschied zwischen den beiden b e standen, wohl aber moralisch.
    Charlotte hatte natürlich einige Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Sie kaufte ein Haus in einer Gegend Englands, in der sie gänzlich unbekannt war.
    Sie ließ sich in Little Paddocks nieder, nahm den Ve r kehr mit einigen Nachbarn auf, und als sie einen Brief von einer entfernten Verwandten erhielt, die die liebe Letitia bat, ihre Kinder für eine Weile aufzunehmen, fre u te sie sich über den Besuch des Neffen und der Nichte. Dass diese beiden sie ohne Weiteres als Tante Letty ans a hen, erhöhte noch ihr Sicherheitsgefühl.
    Das Ganze lief also ausgezeichnet.
    Aber dann machte sie, und zwar aus ihrer angeborenen Gutherzigkeit, den einen großen Fehler. Sie erhielt einen Brief von einer Schulfreundin, der es jämmerlich ging, und sie eilte ihr zu Hilfe. Vielleicht tat sie es, weil sie sich trotz des Verkehrs mit den Nachbarn und der Anwese n heit der zwei jungen Verwandten einsam fühlte; auch hielt sie sich wegen ihres Geheimnisses etwas zurück. Und sie hatte Dora Bunner wirklich gern gehabt. Dora war für sie gewissermaßen ein Symbol ihrer fröhlichen Kindheit. Jedenfalls fuhr sie auf Doras Brief hin persö n lich zu ihr. Und Dora musste sehr überrascht gewesen sein! Sie hatte Letitia geschrieben, und Charlotte kam! Sie hat nie den Versuch gemacht, Dora vorzutäuschen, Let i tia zu sein; Dora war nämlich eine der wenigen alten Freundinnen gewesen, die Charlotte während ihrer Krankheit hatten besuchen dürfen.
    Da sie wusste, dass Dora die Angelegenheit genauso b e trachten würde wie sie selbst, erzählte sie ihr, was sie g e tan hatte. Und Dora stimmte aus ganzem Herzen zu. In ihrem konfusen Sinn schien es ihr unrecht zu sein, dass die liebe Lotty durch den unzeitigen Tod Lettys der Er b schaft beraubt werden sollte. Lotty verdiente eine Belo h nung für all die Leiden, die sie so geduldig ertragen hatte. Es wäre eine Schande gewesen, wenn das viele Geld u n bekannten Menschen zufallen würde.
    Dora kam also nach Little Paddocks, aber bald sah Charlotte ein, dass sie einen großen Fehler begangen ha t te.
    Es war nicht so schlimm, dass Dora Bunner infolge i h res konfusen Wesens sie oft zur Weißglut brachte, da r über wäre sie hinweggekommen, denn sie hatte Dora ja wirklich gern, und außerdem hatte der Arzt gesagt, dass Dora nicht mehr lange zu leben habe. Aber Dora wurde bald eine wirkliche Gefahr. Für sie waren die beiden Schwestern immer Letty und Lotty gewesen, und obwohl sie sich krampfhaft bemühte, ihre Freundin stets Letty zu nennen, entschlüpfte ihr häufig der richtige Name. Auch erwähnte sie oft gemeinsame Erinnerungen, und Charlo t te musste ständig auf der Hut sein und diese peinlichen Bemerkungen vertuschen. Und sie wurde nervöser und nervöser, obwohl natürlich niemand auf diese Unsti m migkeiten achtete.
    Der wirkliche Schlag für Charlottes Sicherheit aber kam, als sie von Rudi Schwarz im Royal Spa Hotel e r kannt und angesprochen wurde. Ich glaube, dass das Geld, mit dem Schwarz seine Betrügereien deckte, von Charlotte Blacklock stammte. Aber weder Inspektor Craddock noch ich glauben, dass Schwarz sie mit Erpre s sungsgedanken um Geld anging.«
    »Er hatte nicht die leiseste Ahnung«, erklärte nun der Inspektor, »dass es etwas gab, auf Grund dessen er sie hätte erpressen können. Er hielt sich für einen gut auss e henden jungen Mann und hatte die Erfahrung gemacht, dass solche jungen Männer leicht von älteren Damen Geld erhalten, wenn sie eine plausible Geschichte über ihre eigene Notlage erzählen.
    Aber sie hat das wohl in einem anderen Licht gesehen. Sie wird geglaubt haben, dass seine Art, sie um Geld a n zugehen, nur eine versteckte Erpressung sei, dass er vie l leicht etwas vermute und dass er später, wenn in den Ze i tungen Belle Goedlers Todesanzeige erschiene, erkennen würde, was für eine Goldgrube sie für ihn darstellen könnte.
    Wenn er aus dem Weg geräumt werden könnte, wäre sie sicher.
    Vielleicht spielte sie zunächst nur mit diesem Geda n ken. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich ja nach Aufr e gungen, nach dramatischen Ereignissen gesehnt. Es war gewissermaßen ein Zeitvertreib für sie, den Plan für den Überfall in allen Einzelheiten auszuarbeiten.
    Aber schließlich entschloss sie sich, ihn zu verwirkl i
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