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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Autoren: Abby Clements
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das Sofa von den Schokoladenpapieren befreite, würde er wahrscheinlich gleich vorbeikommen.
    »Das war Ed«, stellte Siobhan fest, als sie ihr Handy wieder auf den Wohnzimmertisch legte. »Du meine Güte, er will vorbeikommen und ist in fünf Minuten hier!«
    Siobhan sprang auf und raste ins Badezimmer. »Muss mich schminken! Bleib hier, dann kannst du Ed kennenlernen«, rief sie; ihre Stimme hallte von den Badfliesen wider. Sie streckte den Kopf aus der Badezimmertür hinaus. »Er wird dir gefallen.« Laurie war sich da nicht ganz so sicher – die Männer, mit denen sich Siobhan bisher getroffen hatte, waren allesamt halbseidene, begeisterte Anhänger von tantrischem Sex gewesen, die nach Räucherstäbchen gestunken hatten. Kurz gesagt entsprachen sie also keineswegs Lauries Vorstellung von angenehmer Gesellschaft und waren definitiv nicht der Typ Mensch, mit dem sie gern Heiligabend verbracht hätte. Doch sie war es Siobhan schuldig – und diese behauptete nun, dass Ed ganz anders war.
    Die Gegensprechanlage brummte, woraufhin Siobhan eine ganze Tirade von Schimpfwörtern ausstieß. »Keine Sorge, ich lasse ihn rein«, rief Laurie ihr beruhigend zu. Sie drückte Ed auf, doch er schien jedes Mal den Zeitpunkt zu verpassen, die Tür aufzustoßen. Nach etwa einer Minute fluchte er leise wie Siobhan eben und schien gar nicht zu merken, dass Laurie oben jedes Wort durch die Gegensprechanlage mithören konnte.
    »Ich geh runter und mach ihm auf«, rief Laurie. »Und du «, sie musterte Siobhans seidenen Morgenmantel, »ziehst dir in der Zwischenzeit was an!«
    Unten öffnete Laurie die Tür und ließ Ed herein, der draußen in einem schwarzen Wollmantel, den er eng um sich geschlungen hatte, in der Eiseskälte stand. Dabei war er kaum zu übersehen: Er war deutlich über 1,80 m groß, hatte breite Schultern und kurzes, dunkles Haar; seine Wangen waren vom schneidenden Wind gerötet. Sein hervorstechendstes Merkmal jedoch war ein Lächeln, mit dem er von einem Ohr zum anderen strahlte.
    »Schwere Zugangsbestimmungen hier!«, scherzte er und streckte seine Hand aus, um Laurie zu begrüßen. »Ich bin Ed. Du musst Laurie sein. Schön, dich kennenzulernen.« Eigentlich wollte Laurie ihm die Hand schütteln, gab ihm aber dann einen Begrüßungskuss auf die Wange; das kam ihr natürlicher vor.
    »Prima, dich endlich mal kennenzulernen. Ich habe schon viel von dir gehört«, winkte Laurie ihn hinein. Als sie sich umdrehte, um in den Korridor zurückzukehren, merkte sie, dass sich Jay hinter ihr befand und auf dem Weg nach draußen war. Sein Blick schweifte von Laurie zu Ed. Bildete Laurie es sich nur ein, oder machte er ein langes Gesicht?
    »Frohe Weihnachten«, wünschte Jay und nickte zuerst Laurie und dann Ed zu, bevor er durch die Haustür verschwand.
    Siobhan reichte Laurie eine Tasse mit glühend heißem Apfelwein; obwohl Laurie noch Handschuhe trug, legte sie sofort ihre Hände um die Tasse. Der Gospelchor hatte gerade sein Weihnachtskonzert draußen auf dem Platz vor der Brixton Town Hall begonnen, und es war eine große Zuhörermenge zusammengekommen. Der Chor stimmte eine mitreißende Version von » O Come All Ye Faithful« an, die Laurie eine Gänsehaut bescherte. Lily stand in der ersten Reihe und sang sich die Seele aus dem Leib. Es war ein eiskalter, klarer Abend – die Kinder rannten und tanzten vor dem Chor umher, die Eltern bissen herzhaft in ihre Mince Pies, während die Großmütter und -väter mit einem Großaufgebot vertreten waren. Siobhan stupste Laurie in die Seite. »Das ist es wert, sich vom Sofa runterzubewegen, nicht wahr?« Laurie nickte und trank einen Schluck vom warmen Apfelwein. Ed legte seinen Arm um Siobhan und zog sie an sich.
    Okay, Ed war wirklich großartig, das musste Laurie schon zugeben. Er schien total in Siobhan verknallt zu sein, lachte über all ihre schlechten Witze und schaffte es dabei sogar, dass Laurie sich nicht wie ein Anstandswauwau fühlte. Auf dem Weg hierher hatte er sie beide mit Geschichten über die Kinder unterhalten, die er unterrichtete, und ihnen Wunderkerzen überreicht, die er einem Typen auf dem Platz abgekauft hatte.
    Das Feuerwerk begann, woraufhin der Chor noch lauter sang. Laurie ertappte sich dabei, wie sie in das Lied einstimmte – diese ganze Weihnachtsstimmung war doch ziemlich ansteckend.

K apitel 35
    Montag, 25. Dezember, Erster Weihnachtstag
    »Seht mal, was ich bekommen habe!«, rief Zak und leerte seinen Weihnachtsstrumpf auf dem Bett
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