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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind
Autoren: Cate Tiernan
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die in der damaligen Nacht von der Quelle getrunken hatten.«
    »S ie… alterten niemals.« Wieder war Richards Stimme bitter.
    Meine Hände begannen zu zittern und ich verschränkte sie fest ineinander. Nein, nein, o nein …
    »W as meint ihr damit?«, fragte Clio angespannt.
    Richard sah sie an. »S ie sind nie gealtert. Hast du das immer noch nicht begriffen, Clio? So schlau wie du doch angeblich bist?«, fragte er spöttisch.
    Ich fühlte eine Kälte, die mir durch und durch ging. Meine Fingerknöchel hoben sich weiß von meiner Hand ab.
    Ouida lächelte traurig. »E ine Frau namens Claire ist die Geächtete des Dorfes. Marcel ist der unschuldige junge Mann.«
    »W ollt ihr damit sagen, dass Petra in Wirklichkeit gar nicht unsere Großmutter ist?«, fragte ich.
    Ouida schüttelte den Kopf. »N ein, nicht eure Großmutter. Aber zumindest eure Vorfahrin. Wisst ihr, Petra war Cerises und Melitas Mutter. In jener Nacht hatte sie eine Tochter sterben sehen und miterleben müssen, wie sich die andere in ein machttrunkenes Ungeheuer verwandelte. Seitdem hat sie Cerises Nachfahren geholfen. Wobei Clio das erste Kind war, das sie ganz alleine aufgezogen hat.«
    Ich blickte zu Luc hinüber. »S ag nichts«, sagte ich und klang dabei so kalt und glatt wie ein Stein. »D u bist der herzlose Weiberheld.«
    Er machte eine undeutliche Handbewegung und sah beinahe krank aus– was, wie ich gerade gelernt hatte, aber ja nicht möglich war.
    »H abe ich das richtig verstanden?«, fragte Clio. »I hr seid also die ursprünglichen elf. Und ihr behauptet allen Ernstes, unsterblich zu sein?«
    Acht Köpfe nickten mehr oder weniger begeistert.
    »A lso wenigstens bis jetzt«, sagte Richard.
    Wie um alles in der Welt konnte das sein?
    »O kay, von mir aus«, sagte Clio brüsk. »I hr Typen seid also unsterblich, meine Großmutter ist nicht meine Großmutter, und ich verstehe auch, warum meine Mom gestorben ist. Aber warum wolltet ihr mich und Thais finden? Uns zusammenbringen?«
    »W eil ihr die Treize vervollständigen würdet«, sagte Daedalus. »W ie wir vorhin bereits sagten.«
    »U nd warum ist das so wichtig?«, fragte Clio mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »D amit wir den Ritus neu erschaffen können, natürlich«, fiel Jules ein. »D ann könnt ihr auch unsterblich werden.«
    Äh … okay. Ich fand meine Stimme wieder. »U nd warum kümmert es euch, ob wir unsterblich sind oder nicht?«
    »E r würde davon profitieren«, sagte Luc mit knochentrockener Stimme. »D as würden wir alle. Den Ritus zu wiederholen, würde eine große Macht heraufbeschwören, die auf jede erdenkliche Art verdreht werden könnte, die man sich nur irgend wünscht. Beispielsweise könnten wir die Macht, die wir schon besitzen, noch mal vergrößern. Wenn wir die Quelle erneut öffnen, könnten wir Menschen retten. Menschen, die wir… lieben.«
    Jules und Daedalus rutschten unruhig auf ihren Stühlen herum. Kalter Ärger zeichnete sich auf Daedalus’ Gesicht ab, ein Muskel in seinem Kiefer zuckte, als er Luc ansah. Doch Luc schaute mir direkt in die Augen und ich konnte den Blick nicht von ihm lösen. »U nd einige von uns«, fuhr er ruhig fort, »h aben genug von der Ewigkeit. Wir würden gerne sterben.«

Epilog
    Die Lautsprecher des Flugzeugs knackten. »M eine Damen und Herren, wir durchqueren einige Turbulenzen. Bitte bringen Sie Ihre Sitze in eine aufrechte Position und klappen Sie die Tabletts hoch. Versichern Sie sich, dass Sie fest angeschnallt sind, und erheben Sie sich nicht aus Ihren Sitzen, bis die Anschnallzeichen über Ihnen erloschen sind. Vielen Dank.«
    Petra löschte das schwache Licht über ihrem Kopf und faltete die Hände im Schoß. Lichtblitze zuckten durch die finstere Nacht dort draußen und schräg einfallender Regen peitschte gegen ihr Fenster. Plötzlich fiel die Maschine einige Meter in die Tiefe. Eine Frau stieß einen erschrockenen Schrei aus, ein Baby begann zu weinen.
    Das Ganze begann, sich wie eine Achterbahn anzufühlen, bei der die Waggons quietschende Sprünge taten, zwischendrin absackten oder einfach nur geschüttelt wurden. Auf der anderen Seite des Ganges sprach eine Frau ein Gebet.
    Petra schloss die Augen, ließ ihre Gedanken leer werden wie eine weiße Leinwand und fing an, einen Beruhigungszauber vor sich hin zu flüstern. Sie sandte besänftigende Wellen der Ruhe und Gelassenheit in die Flugkabine, die alle Ängste und Panik mildern sollten und wohltuend waren für angespannte Nerven. Sie machte sich nicht
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