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Ein Jahr in Paris

Titel: Ein Jahr in Paris
Autoren: Silja Ukena
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können. Nie mehr Monsieur Jacques.
    Nie mehr: „Alix, gestern Abend hat jemand für dich angerufen.“ – „Wer?“
    „Keine Ahnung, er wollte keine Nachricht hinterlassen.“
    „War es Maurice?“
    „Ich sage doch, ich weiß es nicht mehr. Ich dachte, es sei nicht so wichtig.“
    „Und ob es wichtig ist, Jean-Luc! Könntest du bitte versuchen, dich zu erinnern!?!“
    „Alix, es ist zwecklos, das Gespräch war nur ganz kurz, und er hat auch seinen Namen gar nicht richtig gesagt.“
    „Das kann doch nicht wahr sein! Mit was für weltfremden Wesen lebe ich hier eigentlich zusammen! Wenn es um die Geschichte barocker Gartenanlagen auf der Île de France geht, kannst du dich doch auch an jede Jahreszahl erinnern, verdammt noch mal.“
    Türenschlagen. Dann Air in einer Lautstärke, die die Concierge auf den Plan ruft.

    Nie mehr Baptistes Fingerspitzen im Nacken spüren ...

    „Wenn es sein soll, dann sind achthundert Kilometer kein Problem“, unterbricht die Vernunft rüde. „Wir leben schließlich im Zeitalter der Fernbeziehungen.“
    Sie redet sehr lange auf mich ein. Ich hasse sie dafür. Irgendwann packe ich meine Koffer. Ein letztes Mal besuche ich Monsieur Marcel. Er wünscht mir „Bonne continuation!“ . Wie lange wird es wohl dauern, bis er mich vergessen hat?

    Für die Rückfahrt nehme ich den Zug. Ich brauche einen langsamen Übergang. 11.45 Uhr ab Gare du Nord. Zu Hausewird Georg am Bahnsteig warten. Ich gehe allein durch die Halle zum Gleis, denn ich mag keine Abschiede. Aus einem Koffer sind drei geworden.

    „Hast du die Metro gesehen, Zazie?“
    „Nein.“
    „Was hast du denn getan?“
    „Ich bin älter geworden.“

    Ich bin zu früh. Der Zug ist noch nicht da, der Bahnsteig leer. Nur ganz am Ende steht jemand. Er kommt langsam auf mich zu. Im Arm hält er einen riesigen Strauß Rosen. Es ist Baptiste.

    „Siehst du“, sagt mein Herz.
    54 Der Brin d’amour, ein Schafskäse, der auf Korsika hergestellt wird, sieht aus wie etwas, das vor langer Zeit im Wald vergraben wurde. Er ist annähernd quadratisch, halbweich und rundum von einer zottigen Schimmelschicht überzogen. Ein paar Rosmarinnadeln und Zweige verstärken den „natürlichen“ Eindruck. Nach etwa einem Monat kommt der typische Geruch voll zur Entfaltung. Übersetzt bedeutet Brin d’amour so viel wie „Liebeshappen“. Dazu fällt einem ein anderer Korse ein, Napoléon nämlich, der nach der Schlacht bei Marengo im Jahre 1800 an Josephine schrieb: „Ne te lave pas. Je reviens.“ – „Wasch dich nicht. Ich komme zurück.“
    55 Vila-Matas, Jahrgang 1948, gehört zu den bekanntesten spanischsprachigen Autoren der Gegenwart. Mitte der 1970er Jahre ging er nach Paris, um dort grandios zu scheitern. Dieser Tatsache verdankt sich sein 2005 auf Deutsch erschienener Roman: Paris hat kein Ende.
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