Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
hervor und winkte mit dem Stift, als wollte er böse Geister abwehren. »Das kann unmöglich richtig sein!«
    »Oh, du fürchtest dich also vor den Buchstaben?«, fragte Jeannie listig. »Na schön. Alle großen Männer fürchten sich vor etwas. Nimm ihm den Stift ab, Wullie. Man kann von einem Mann nicht verlangen, sich seiner Furcht zu stellen.«
    Stille herrschte in der Höhle des Grabhügels, als der Doofe Wullie seinem Bruder nervös den Stift aus den Händen zog. Die Blicke aller Knopfaugen waren auf Rob Irgendwer gerichtet. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Er begann schwer zu atmen, starrte dabei auf das leere Papier. Er hob das Kinn.
    »Ach, du bist eine harrrte Frau, Jeannie Größte!«, sagte er schließlich. Er spuckte in die Hände und schnappte sich den Stift vom Doofen Wullie. »Her mit dem Werkzeug des Verderbens! Die verdammten Buchstaben werden gar nicht begreifen, wie ihnen geschieht!«
    »Das ist mein tapferer Mann!«, sagte Jeannie, als Rob vor dem Papier Aufstellung bezog. »Also gut. Der erste Buchstabe ist ein R. Ich meine den, der aussieht wie ein gehender dicker Mann, erinnerst du dich?«
    Die versammelten Kobolde beobachteten, wie Rob Irgendwer ächzte und mit heraushängender Zunge den Stift durch die Kurven und Linien der Buchstaben zog. Nach jedem einzelnen richtete er einen erwartungsvollen Blick auf die Kelda.
    »Das wär's«, sagte sie schließlich. »Prima gemacht!«
    Rob Irgendwer trat zurück und richtete einen kritischen Blick auf das Papier.
    »Das ist alles?«, fragte er.
    »Ja«, bestätigte Jeannie. »Du hast deinen Namen geschrieben, Rob Irgendwer!«
    Rob sah erneut auf die Buchstaben. »Muss ich jetzt innen Knast?«, fragte er.
    Neben Jeannie erklang ein höfliches Hüsteln. Es kam von der Kröte. Sie hatte keinen anderen Namen, denn von Namen halten Kröten nicht viel. Trotz unheilvoller Mächte, die Menschen etwas anderes glauben lassen wollen, hat es nie Kröten gegeben, die Karl Kröte oder so ähnlich hießen. So was passiert einfach nicht.
    Diese Kröte war einmal Anwalt gewesen (ein menschlicher Anwalt; Kröten kommen ohne sie zurecht). Sein Kröten-Dasein verdankte er einer Fee, die bestrebt gewesen war, ihn in einen Frosch zu verwandeln, aber keine klaren Vorstellungen von dem Unterschied gehabt hatte. Jetzt lebte er in der Koboldhöhle, ernährte sich von Würmern und half den Größten beim schwierigen Denken.
    »Ich habe dich bereits darauf hingewiesen, Herr Irgendwer: Der niedergeschriebene Name allein ist kein Problem«, sagte die Kröte. »An den Worten >Rob Irgendwer< ist nichts Schlimmes, solange sie nicht in einer Anklageschrift auftauchen.« Sie ließ den letzten Worten ein leises, vorsichtiges Lachen folgen.
    Die Größten lachten nicht. Sie mochten etwas humorvolleren Humor.
    Rob Irgendwer starrte auf die recht zittrigen Schriftzeichen. »Das is' wirklich mein Name?«
    »Kein Zweifel, Herr Irgendwer.«
    »Un' es passiert überhaupt nichts Unheilvolles«, stellte Rob fest. Er sah genauer hin. »Woran erkennt man, dasses mein Name is'?«
    »Ah, außer dem Schreiben gibt es auch noch das Lesen«, sagte Jeannie.
    »Und dabei machen die Buchstabendinger Geräusche im Kopf?«, fragte Rob.
    »So ähnlich«, erwiderte die Kröte. »Aber wir dachten, dass du mit dem physischen Aspekt des Vorgangs beginnen möchtest.«
    »Könnte ich vielleicht nur das Schreiben lernen und das Lesen jemand anderem überlassen?«, fragte Rob ohne große Hoffnung.
    »Nein, mein Mann muss beides können«, sagte Jeannie und verschränkte erneut die Arme. Wenn eine Größte das machte, gab es keine Hoffnung mehr.
    »Ach, es is' schrecklich für einen Mann, wenn sich seine Frau mit einer Kröte gegen ihn zusammentut«, sagte Rob und schüttelte den Kopf. Doch als er sich wieder dem schmuddeligen Papier zuwandte, zeigte sich ein Hauch von Stolz in seinem Gesicht.
    »Es is' tatsächlich mein Name?«, fragte er und lächelte.
    Jeannie nickte.
    »Da steht er, ganz allein und nicht auf einem Fahndungsplakat oder so. Mein Name, von mir geschrieben.«
    »Ja, Rob«, sagte die Kelda.
    »Mein Name, unter meinem Daumen. Und niemand kann was damit
    anfangen. Ich habe meinen Namen, und bei mir isser in Sicherheit.«
    Jeannie sah zur Kröte, die mit den Schultern zuckte. Unter den Leuten, die die Größten kannten, war man sich weit gehend einig, dass der größte Teil der Koboldintelligenz bei den Frauen landete.
    »Ein Mann is' ein Mann von Rang, wenn er seinen Namen dort hat, wo ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher