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Ein Hippie-Traum

Ein Hippie-Traum

Titel: Ein Hippie-Traum
Autoren: Neil Young
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L-förmig, mit einer Marx-Eisenbahn, und mein Dad hatte sie für mich gebaut. Die Kupplungen waren flach und griffen so ineinander, dass sie zusammenhielten, aber wenn man die Eisenbahn etwas kippte, lösten sich die Waggons voneinander. Ich erinnere mich noch gut an diese Platte, sie muss mich ziemlich beeindruckt haben. Sie stand in einer Ecke gegenüber meinem Bett, und ich weiß noch, wie ich einmal im Morgengrauen gespannt meinen Weihnachtsstrumpf leerte: Santa hatte mir ein großes Bauernhofset mit Miniaturpferden, -kühen und -zäunen gebracht.
    Genau dort saß ich auch, als eines Tages Dr. Bill mit seiner großen schwarzen Arzttasche zu uns kam und Mom und Dad draußen im Flur etwas Wichtiges sagte. Ich war ungefähr fünf. Meine Mommy weinte, und Daddy sagte: »Natürlich, Doc. Wir fahren heute noch hin.« Nach dem Frühstück wurde ich ins Auto gesetzt. Aus irgendeinem Grund konnte ich kaum gehen. Ich schlief hinten im Wagen auf dem Bodenblech, neben mir mein älterer Bruder Bob, und vorn saßen Mommy und Daddy mit Dr. Bill.

    Dann erinnere ich mich an diesen großen Metalltisch und die größte Nadel, die ich je gesehen hatte. Ich bekam eine Lumbalpunktion. Es tat höllisch weh und ich hatte wahnsinnige Angst. Ich glaube wirklich, das war mein erstes großes Trauma. Dann lag ich in einem Krankenhausbett, und eine Schwester sang mir immer »Beautiful Brown Eyes« vor. Später versuchte ich, in einem kleinen Zimmer von meiner Mutter zu meinem Vater zu gehen. »Komm, Neil«, rief meine Mutter und breitete die Arme aus. Ich tappelte steif zu ihr hinüber, und alle freuten sich. Das Ganze dauerte ungefähr eine Woche, dann war ich wieder auf dem Weg nach Hause. Mein Bruder Bob hat es so in Erinnerung:
    Im November 1951 wurde Neil sechs Jahre alt. Es muss im Frühjahr davor gewesen sein, als er Kinderlähmung bekam. Der entsprechende Impfstoff war noch nicht erfunden. Es stand sehr ernst um ihn, und es war klar, dass er in Lebensgefahr war. Das merkte ich sowohl meiner Mutter als auch meinem Vater an, aber ich wusste es auch so. In unserem 1950er oder 51er Monarch fuhren wir mit ihm ins Kinderkrankenhaus von Toronto, mein Vater und Dr. Bill Earle vorn, Neil und ich hinten. Ich glaube, es war dunkel und regnerisch. Neil lag auf einem Brett auf dem Boden. Im Krankenhaus wurde eine Lumbalpunktion durchgeführt und die Diagnose Polio bestätigt. Die Behandlung war langwierig, schlug aber an. Er überlebte und konnte bei seiner Entlassung wieder laufen. Ich weiß noch, wie er sich im Wohnzimmer an den Möbeln entlanghangelte, um von einer Ecke in die andere zu kommen. Er wusste nicht genau, was bei seinem Kampf gegen die Kinderlähmung herausgekommen war. »Ich bin nicht gestorben, oder doch?«, fragte er. Das war eine ernst gemeinte Frage. Wir hatten zwei Nachbarskinder, von denen eins ebenfalls Polio bekommen haben könnte. Goddard hieß die Familie, glaube ich. Ich stand damals in Omemee oft unter Quarantäne, weil Neil sich irgendwelche Krankheiten eingefangen hatte – Polio, Diphtherie, die Masern und andere. Seine Gesundheit war immer ein Thema. Später kam die Epilepsie. Wir beide hatten damit zu kämpfen. Ich weiß nicht, warum Neil sich mit alldem herumschlagen musste. Als er älter war, mussten als Folge der Polio einige Wirbel in seinem unteren Rücken entfernt werden. Er trug lange Zeit ein Stützband und ging in diesem Zustand sogar auf Tournee, gab unter anderem das berühmte Konzert in Massey Hall von 1971, das aufgezeichnet wurde und so vielen Menschen so viel bedeutet.
    Das Gehen fiel mir eine Zeit lang sehr schwer, und ich hatte Rückenschmerzen. An unserem Haus hing ein Quarantäneschild, auf dem Poliomyelitis stand, und es warnte vor dem Eintreten oder so etwas. Eine Weile hielten sich alle von mir fern. Die Nachbarskinder kamen mich nicht besuchen, und wenn sie die Straße entlangrannten, konnte ich nicht mithalten. Ich war nie besonders sportlich, und wenn ich beim Eishockey Schlittschuh lief oder mich nach vorn beugte, tat mir der Rücken weh, was meine Position als Torhüter in Zweifel stellte. Ich fuhr nicht sonderlich gut Schlittschuh und hatte eine Heidenangst vor diesem Puck. Ich sollte einfach kein Hockeyspieler werden – aber dafür mein Bruder Bob. Er war großartig! Er war verdammt schnell, und wir besuchten jahrelang seine Spiele und feuerten ihn an. Dann hängte er den Hockeyschläger an den Nagel und wurde Profi-Golfer. Natürlich war Sommer, als ich krank wurde. Das reime ich mir
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