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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche
Autoren: Diana Gabaldon
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verdächtigen Loch inne, dann wanderte er weiter. Der untersetzte Mann hatte das Gesicht in gewissenhafter Konzentration gerunzelt und spitzte die Lippen wie ein Mensch, der gerade eine unangenehme Überraschung erlebt.
    Brianna stand neben ihm und blickte in die schattigen Winkel der Decke im Eingangsflur hinauf. Ihre Stirn lag in ähnlichen Falten der Konzentration. Sie würde Holzwurm- oder Termitenbefall höchstens dann erkennen, wenn ihr tatsächlich ein Deckenbalken auf den Kopf fiele, dachte sie, doch es kam ihr höflich vor, so zu tun, als hörte sie zu.
    Tatsächlich jedoch galt ihre Aufmerksamkeit nur zur Hälfte den Bemerkungen, die der untersetzte Mann seiner Gehilfin zumurmelte, einer kleinen jungen Frau, die einen viel zu großen Overall trug und pinkfarbene Strähnen in den Haaren hatte. Die andere Hälfte war auf den Lärm in der ersten Etage gerichtet, wo die Kinder eigentlich zwischen den Umzugskisten Versteck spielen sollten. Fiona hatte ihre Monsterbrut mitgebracht und die drei dann ganz geschickt hier gelassen, um irgendetwas zu erledigen. Sie hatte versprochen, zur Teezeit zurück zu sein.
    Brianna sah auf ihre Armbanduhr, immer noch überrascht, sie dort zu finden. Wenn sie Blutvergießen vermeiden konnten, bis -
    Sie verzog das Gesicht, als über ihr ein durchdringender Schrei erscholl. Die weniger abgehärtete Gehilfin des Handwerkers ließ mit einem Aufschrei ihr Klemmbrett fallen.
    »MAMA!« Jem, in Plauderstimmung.
    »WAS?«, brüllte sie als Antwort. »Ich habe zu TUN!«
    »Aber Mama! Mandy hat mich gehauen!«, erscholl der entrüstete Bericht am Kopf der Treppe. Als sie hochsah, konnte sie seinen Scheitel erkennen, der vom Licht des Fensters beschienen wurde.
    »Wirklich? Dann -«
    »Mit einem Stock !«
    »Was denn für ein -«
    »Mit Absicht !«
    »Also, ich glaube nicht -«
    »UND…«, eine Pause vor der vernichtenden Anklage, »SIE HAT SICH NICHT ENTSCHULDIGT!«

    Der Handwerker und seine Gehilfin hatten ihre Holzwurmsuche aufgegeben und lieber diese fesselnde Erzählung verfolgt. Jetzt hatten sie beide die Blicke auf Brianna gerichtet, von der sie zweifellos eine salomonische Entscheidung erwarteten.
    Brianna schloss kurz die Augen.
    »MANDY«, rief sie. »Entschuldige dich!«
    »Willnich!«, erklang oben die schrille Weigerung.
    »Aye, das tust du wohl!«, erklang Jems Stimme, gefolgt von Gerangel. Brianna hielt mit finsterer Miene auf die Treppe zu. Gerade als sie den Fuß auf die erste Stufe setzte, stieß Jem einen durchdringenden Schrei aus.
    »Sie hat mich GEBISSEN!«
    »Jeremiah MacKenzie, wage es nicht, zurückzubeißen!«, rief sie. »Hört sofort auf damit, alle beide!«
    Jem steckte seinen zerzausten Kopf durch das Geländer. Ihm standen die Haare zu Berge. Er trug hellblauen Lidschatten, und jemand hatte ihm mit rosa Lippenstift einen Mund von einem Ohr zum anderen gezogen.
    »Sie ist ein dreistes kleines Ding«, informierte er die faszinierten Zuschauer im unteren Stockwerk grimmig. »Das hat mein Opa gesagt.«
    Brianna wusste nicht, ob sie lachen, weinen oder laut losschreien sollte, doch mit einer hastigen Geste in Richtung des Handwerkers und seiner Gehilfin rannte sie die Treppe hinauf, um für Ordnung zu sorgen.
    Dies dauerte sehr viel länger als erwartet, weil sie dabei feststellte, dass Fionas Mädchen, die während der jüngsten Zankerei so auffallend still gewesen waren, deshalb so still gewesen waren, weil sie – nachdem sie Jem, Mandy und sich selbst verziert hatten – jetzt damit beschäftigt waren, mit Briannas neuem Make-up Gesichter an die Badezimmerwände zu malen.
    Als sie eine Viertelstunde später wieder nach unten kam, fand sie den Handwerker friedlich auf einem umgekippten Kohleeimer, wo er Pause machte, während seine Gehilfin mit offenem Mund durch den Eingangsflur wanderte, ein angebissenes Brötchen in der Hand.
    »Sind das alles Ihre Kinder?«, fragte sie Brianna mit einem mitfühlenden Zucken ihrer gepiercten Augenbraue.
    »Nein, zum Glück nicht. Sieht hier unten denn alles gut aus?«
    »Bisschen feucht«, sagte der Handwerker gut gelaunt. »Das war bei so einem alten Haus aber zu erwarten. Von wann ist es denn, wissen Sie das?«
    »1721, du Schlaukopf«, sagte seine Gehilfin, die sich den verächtlichen Ton anscheinend erlauben durfte. »Hast du beim Hereinkommen nicht gesehen, dass es auf dem Türsturz steht?«
    »Nein, wirklich?« Neugier regte sich in der Miene des Handwerkers, aber nicht genug, um aufzustehen und sich selbst zu
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