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Ein Hauch von Moder

Ein Hauch von Moder

Titel: Ein Hauch von Moder
Autoren: Jason Dark
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Langsam hob er die Arme. Seine Finger vibrierten. Er preßte sie gegen die Wangen und hielt sie danach unter die Nase.
    Ich gab keinen Kommentar ab. Meine Gedanken aber drehten sich um Glenda Perkins. Auch sie hatte von einem Modergeruch gesprochen, der ihre Wohnung durchwehte.
    Und nun Sir James.
    Wo existierte da der Zusammenhang? Gab es ihn überhaupt zwischen den beiden?
    Ich räusperte mich. Sir James sah dies als Zeichen an. Er ließ seine Hände sinken und legte die Flächen auf den Schreibtisch. »Ja, John«, sagte er mit einer flachen Stimme. »Sie haben sich nicht geirrt. Ich stinke wie eine vermoderte Leiche.« Er senkte den Kopf und schüttelte ihn.
    »Verdammt noch mal, nach Moder.«
    Sir James wartete sicherlich auf einen Kommentar, den er auch bekam.
    »Wie bei Glenda, Sir.«
    Er reagierte zunächst nicht. Dann hob er den Kopf und fragte: »Was haben Sie da gesagt?«
    Ich wiederholte meine Bemerkung.
    Sir James nahm die Brille ab. Automatisch reinigte er mit einem Spezialtuch die Gläser, ohne es eigentlich wahrzunehmen. »Wieso Glenda? Sagen Sie es mir!«
    »Ich weiß es nicht, Sir.«
    »Wir haben keine Gemeinsamkeiten. Es gibt dafür keinen Grund. Ich rieche nach Moder wie eine Leiche. Himmel, ich kann mich nirgendwo mehr sehen lassen. Was kommt da auf uns zu? Oder was ist da bereits auf uns zugekommen?«
    »Ich fürchte, Ihre letzte Bemerkung trifft eher zu, Sir!«
    »Aber Sie oder Suko hat es nicht erwischt.«
    »Noch nicht.«
    »Rechnen Sie damit, daß es passiert?«
    Es war schwer, auf diese Frage eine Antwort zu finden. »Weshalb sollten wir verschont werden?«
    »Ja, weshalb?« Sir James nickte schwer. Er holte durch die Nase Luft.
    »Da wäre noch etwas, John. Sie haben mir vom Gral erzählt, der in Flammen stand. Könnte das eine mit dem anderen etwas zu tun haben?«
    »Möglich, nur sehe ich im Augenblick keine Chance, Beweise dafür herbeizuschaffen.«
    »Da haben Sie recht, John.« Die Stimme des Superintendenten klang matt und kraftlos. Er starrte ins Leere. Fast wagte er nicht einmal, Luft zu holen.
    »Ich sollte wohl besser das Büro hier verlassen und nach Hause fahren.« Er blickte mich fragend an. »Was meinen Sie dazu, John?«
    »Dafür wäre ich auch.«
    »Und Glenda?«
    Ich hob die Schultern. »Bisher hat sie nur davon gesprochen, daß sich in ihrer Wohnung der Geruch ausgebreitet hat. Sie selbst scheint davon nicht in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein.«
    »Hoffen wir, daß es nicht noch passiert. Meine Güte, wenn ich nur die Ursache dafür finden könnte.«
    »Es wird schwierig sein, Sir. Aber Suko und ich werden alles tun, um den Fall aufzuklären.«
    Er griff zum Hörer. Da ich ahnte, was er beabsichtigte, fragte ich ihn:
    »Soll ich Sie nicht nach Hause fahren, Sir?«
    »Nein, lassen Sie mal. Ich erledige das schon. Und ausgerechnet jetzt ist dieser Hartford da. Was wird der Mann denken?«
    »Bisher hat er noch nichts gerochen.«
    »Sie geben mir Bescheid, wenn sich etwas Neues getan hat?«
    »Sofort, Sir.«
    »Gut, nehmen Sie auf nichts Rücksicht. Auch nicht auf mich. Klären Sie den Fall.«
    Ich ging. Im Flur atmete ich tief durch. Auf unseren Gängen herrschte nicht die beste Luft. Im Vergleich zu der im Büro allerdings war sie der reinste Balsam für die Atemwege.
    Mein Blick zeigte den inneren Zustand an. Ich fühlte mich leer und ausgebrannt. Es hatte zwar keinen Kampf gegeben und auch keine Opfer, dennoch war etwas Ungeheuerliches geschehen, über das ich so leicht nicht hinwegkam. Dieses andere, dieser Gestank, der hatte seinen Grund. Der kam nicht von ungefähr.
    Ich war so in Gedanken versunken, daß ich nicht einmal den Gruß zweier Kollegen hörte, die vorbeigingen. Ich sah nur ihre Schatten. In meiner Kehle saß ein Kloß wie festgenagelt. Noch immer spürte ich diesen widerlichen Geschmack im Hals, der den Ekel in einem Menschen hochtreiben konnte. Ich kam mir vor, wie von einem Gespenst verfolgt, das sich irgendwann und blitzschnell materialisieren konnte.
    Es war niemand in meiner Nähe, der so roch oder auch nur hätte so riechen können.
    In das Vorzimmer trat ich ein, ohne anzuklopfen, wollte Glenda ansprechen und hatte die erste Silbe noch nicht über die Lippen gebracht, als ich schon stockte.
    Nicht Glenda saß auf ihrem Schreibtischstuhl, sondern Suko. Und der sah aus wie ein leidender Märtyrer.
    »Was ist los? Wo steckt Glenda?«
    Er deutete auf die geschlossene Tür zu unserem Büro.
    »Ja und? Habt ihr die Plätze getauscht?«
    »Nicht
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