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Ein Geschenk zum Verlieben

Ein Geschenk zum Verlieben

Titel: Ein Geschenk zum Verlieben
Autoren: Karen Swan
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wirkte – ohne großen Erfolg, denn gegen den charakteristischen grauen Suffolk-Winter war kaum ein Kraut gewachsen. Immerhin hatte sie beige-weiß gestreifte Jalousien an den Fenstern angebracht, die allem eine etwas behaglichere Atmosphäre verliehen. Was bitter nötig war – zu jeder Seite gab es gleich mehrere Fenster, die Hütte war praktisch rundumverglast. Jack machte sich deswegen immer Sorgen. Sie stände ja hier wie auf dem Präsentierteller, meinte er, jeder könne sie sehen, wenn sie abends allein arbeitete. Aber Laura winkte ab. Wer solle sich denn für sie interessieren? Die herumlungernden Teenager? Oder die Vogelkundler, die die Marsch durchstreiften? Die hatten etwas Besseres zu tun.
    Das rote Lämpchen auf dem Anrufbeantworter blinkte. Sie ging hin, um ihn abzuhören. Nachdem sie vier Jahre lang allein vor sich hin gearbeitet hatte, nur mit dem Radio als Gesellschaft, fand sie es noch immer erstaunlich, dass die Leute nun tatsächlich anriefen, um Schmuckstücke in Auftrag zu geben. Dass ihr Hobby zum Beruf geworden war, war reiner Zufall. Sie hatte für Fees Mutter eine Charm-Kette gemacht, die beim »Women’s Institute« überraschend gut angekommen war. Fee hatte sie daraufhin wochenlang belagert, sie möge sich jetzt doch endlich ordentlich selbstständig machen, aber Laura hatte stets abgewinkt. Fee hatte sich daraufhin, obwohl sie noch ziemlich jung war, kurzerhand zu Lauras Managerin gemacht und eine Anzeige im »Charrington Echo« aufgegeben. Eine glückliche Fügung bewirkte, dass eine Redakteurin des »FT-Magazins«, der Wochenendbeilage der Financial Times , zu der Zeit im benachbarten Walberswick Urlaub machte und zufällig auf die Anzeige stieß, während sie in einem Restaurant saß und auf ihr Mittagessen wartete. Eine Stunde später hatte sie an Lauras Tür geklopft, und damit war es nur noch ein Katzensprung hin zu einer Erwähnung in der Schmuckbeilage des namhaften Blattes gewesen.
    Heute hatte sie zwei Nachrichten, beide von Fee – die sich mittlerweile auch zu ihrer PR-Beraterin ernannt hatte. Zumindest an den Tagen, an denen sie nicht an der Rezeption des Freizeit-Centers stand. Quiekend und aufgeregt mit den Fingern trommelnd, verkündete sie die Gewinnung von drei weiteren Kunden. Gestern war’s auch schon ein neuer gewesen – und das, obwohl der Artikel inzwischen mehrere Wochen zurücklag. Laura notierte kopfschüttelnd die Daten in ihrem Notizbuch. Unbegreiflich, dass immer noch Leute hinzukamen … In dem Artikel waren Schmuckhersteller der neuen Generation porträtiert worden. Lauras Abschnitt war der kürzeste gewesen, in letzter Minute noch reingequetscht. Als sie den Artikel sah, hatte sie sich kaum etwas davon versprochen, hatten sie doch auch noch das Foto von ihr abgeschnitten, und man konnte ihre roten Schuhe gar nicht sehen. Trotzdem hatten sich Interessenten gemeldet – und meldeten sich noch immer, wie das rote Licht auf dem Anrufbeantworter verriet, das ihr jeden Morgen entgegenblinkte –, sobald ihr die Gezeiten den Zutritt zu ihrer Werkstatt erlaubten.
    Laura trat an ihre Werkbank und musterte kritisch die Arbeit von gestern: eine Kette für eine Hochzeit nächste Woche. Aus dem Augenwinkel sah sie den alten Graureiher erschrocken aufflattern. Da wusste sie, dass ihr Elf-Uhr-Termin gleich vor der Tür stehen würde, ihr sozusagen dicht auf den Fersen gefolgt war. Der gute alte Graureiher – er war besser als eine Alarmanlage. Stundenlang stand er reglos im Schilf, den langen Hals s-förmig zusammengelegt, und flatterte nur auf, wenn sich Kundschaft ihrer Werkstatt näherte. Wie die Säbelschnäbler und Rohrdommeln hatte er sich längst an ihre Anwesenheit gewöhnt.
    Â»Hallo?«, drang eine Männerstimme fragend zu ihr herauf. Sie hörte Schritte auf der Stahltreppe.
    Â»Ganz oben!«, rief Laura, dann holte sie tief Luft. Sie ließ die unfertige Kette in einer Schublade verschwinden und setzte den Kessel auf. Als sie einen Blick hineinwarf, zuckte sie angeekelt zurück. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie verkalkt er schon war. Da drinnen sah’s aus wie in einem Korallenriff.
    Â»Hallo«, sagte die Stimme erneut, diesmal von ganz nah.
    Laura setzte ein Lächeln auf, holte noch einmal tief Luft und drehte sich dann um. »Hi.« Im Türrahmen stand ein Mann in einem gepflegten
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