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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
Autoren: Joe R. Lansdale
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Weiher war ziemlich groß und das Wasser so grün wie unser Zaun. Moos und Seerosenblätter trieben auf der Oberfläche.
    Oft sah ich dicke Frösche in Grüppchen auf den Blättern und Baumstümpfen und am Ufer hocken. Dort lag ein ganz bestimmter Geruch in der Luft, der mich an etwas Urtümliches erinnerte, wie ein prähistorisches Moor, in dem tote Dinosaurier lagen. Ich stellte mir gerne vor, dort gäbe es Dinosaurier, die allerdings nur scheintot wären, und jeden Moment würde einer von ihnen durch einen Donnerschlag oder einen gleißenden Blitz auf der Oberfläche des algenbedeckten grünen Weihers zum Leben erweckt werden, triefnass daraus auftauchen und durch Dewmonts Innenstadt toben, wobei ihm hoffentlich zuallererst die Schule zum Opfer fiele.
    Ich liebte es, hierherzukommen und den Fröschen zuzuschauen und den blaugrünen Libellen. Einmal sah ich sogar eine dicke Wassermokassinotter, die sich am Ufer sonnte, während das Bein eines Frosches aus ihrem Maul hervorlugte.
    An diesem Tag jedenfalls, als ich zwischen Zaun und Wald spielte und vor Nub davonrannte, stolperte ich plötzlich und fiel hin. Es war ein heftiger Sturz, und mein Knöchel, mit dem ich knapp über meinem Tennisschuh irgendwo hängen geblieben war, fühlte sich an, als wäre ein Amboss draufgefallen. Ich setzte mich heulend auf, rieb mir den Fuß und zog vorsichtig den Schuh aus, um nachzusehen, wie schlimm es wirklich war. Doch ich entdeckte lediglich eine rote Schramme, die langsam violett wurde und sich vom Spann bis über den Knöchel zog.
    Ich strich mir über den Fuß, und Nub leckte mir die Zehen. Als ich in die Richtung schaute, wo ich gestolpert war, sah ich etwas Dunkelbraunes, Scharfkantiges aus dem Boden ragen.
    Ich zog Socke und Tennisschuh wieder über, ohne die Schnürsenkel zu binden, und humpelte zu der Stelle, um es mir genauer anzusehen. Es war die Ecke eines Stahlkästchens, das in der Erde steckte. Sofort war ich ganz aufgeregt und dachte, ich hätte vielleicht eine Piratenschatztruhe entdeckt, ein Stück von einem Flugobjekt vom Mars oder – wie in einem der Bücher, die ich in jenem Sommer las, Am Mittelpunkt der Erde von Edgar Rice Burroughs – womöglich die Spitze einer metallenen Maulwurfsmaschine, die sich gerade zur Erdoberfläche durchwühlte.
    Die letzte Überlegung verwarf ich gleich wieder. Das Ding wühlte nicht im Geringsten. Es ragte einfach nur aus der Erde. Vielleicht, so dachte ich, war es ja doch die Spitze der Maschine, und sie steckte fest, und Abner Perry und David Innes aus dem Buch saßen da unten fest und brauchten meine Hilfe.
    Na ja, das glaubte ich nicht wirklich, genauso wenig wie ich daran glaubte, dass ein Dinosaurier aus diesem alten Weiher steigen und Dewmont verwüsten würde – obwohl ich an dieser Stelle hinzufügen sollte, dass ich irgendwo tief im Innern doch ein kleines bisschen daran glaubte und meinte, irgendwie, in irgendeinem anderen Universum, in irgendeinem verborgenen Winkel meines Gehirns könnte es wohl doch so sein. Aber im Grunde wusste ich, dass ich die Ecke eines Metallkästchens vor mir hatte.
    Ich versuchte, es mit den Händen auszugraben, aber die Erde und das Gras waren zu fest miteinander verwachsen.
    Also lief ich zum Autokino, nahm den Schlüssel für das Vorhängeschloss aus seinem Versteck unter einem Ziegelstein neben der Hütte, holte eine Schaufel aus dem Schuppen und lief zurück.
    Als ich an der Stelle ankam, wo Nub und ich unseren Schatz gefunden hatten, hatte Nub bereits angefangen, das unbekannte Erdobjekt auszubuddeln. Mit seinen Pfoten und Zähnen war er ein gutes Stück vorangekommen.
    Vorsichtig schob ich Nub beiseite, und ohne auf meinen schmerzenden Fuß zu achten, schaufelte ich los.
    Zwischendurch musste ich immer wieder mal absetzen und verschnaufen. Es war so heiß, dass es sich bei jedem Atemzug anfühlte, als würde ich ein Haarknäuel einatmen. Wenn ich doch nur die Feldflasche aufgefüllt und mitgenommen hätte, die Onkel Ben mir geschenkt hatte! Ich überlegte sogar, sie noch zu holen, aber ließ es dann bleiben.
    Ich machte weiter, und schon bald lag der kleine Behälter frei. Er war ungefähr doppelt so groß wie eine Zigarrenkiste und wurde von einem kleinen, verrosteten Vorhängeschloss zusammengehalten. Ich rüttelte an dem Schloss, doch verrostet hin oder her, es gab nicht nach; wahrscheinlich hatte der Rost es nur noch fester verriegelt. Obendrein waren Erde und Wurzeln in das Schlüsselloch gedrungen.
    Ein Sommerregen setzte
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