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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel
Autoren: Irene Scharenberg
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Linie ist das wohl ein Friedensangebot gewesen.« Sie versuchte zu lachen, was allerdings eher nach einem Aufschrei klang. »Mein Vater hat sich jedoch genauso wenig gerührt wie nach Mehmets Geburt.«
    »Wo sind Ihre Kinder jetzt?«, fragte Pielkötter.
    »Sie spielen oben in ihrem Zimmer.«
    »Und Ihr Mann ist unterwegs, falls ich Sie richtig verstanden habe?«
    »Ja. Im Moment ist er in Italien auf Tour. Vor übermorgen kommt er nicht zurück und …«
    Während sie stockte, dachte er daran, das Alibi von Ahmet Yildiz überprüfen zu lassen, auch wenn er sich davon nicht viel versprach. Laut Gert Gerkes Aussage gab es bei Erwin Lützow nicht gerade große Reichtümer zu erben. Trotzdem konnte man nicht ausschließen, dass der Tote neues Öl ins Feuer gegossen und seinen Schwiegersohn bis aufs Äußerste gereizt hatte.
    »Wie, also, wie ist mein Vater denn umgekommen?«, fragte sie in seine Gedanken. »Vorhin haben Sie gesagt, er wäre vom Hochofen gefallen. Aber das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Wir wissen selbst noch nicht, wie sich dieser Unfall abgespielt hat. Leider können wir nicht einmal ausschließen, dass eine weitere Person …«, Pielkötter überlegte kurz, wie er sich vor Frau Yildiz ausdrücken sollte. Immerhin war sie die Tochter des Opfers, Familienzwist hin oder her. »Also … daran beteiligt gewesen ist.«
    »Heißt das, Sie schließen nicht aus, dass jemand meinen Vater umgebracht hat?«, fragte sie mit geweiteten Augen. »Nun, das habe ich ihm wirklich nicht gewünscht, auch wenn ich oft sehr wütend auf ihn gewesen bin.«
    »Ein Unfall ohne Fremdverschulden ist wohl wahrscheinlicher.« Sobald Pielkötter den Satz ausgesprochen hatte, wurde ihm noch einmal bewusst, dass er selbst den Fall ganz anders einschätzte, aber das brauchte die Frau im Moment nicht zu wissen.
    »Ahmet hat zwar eine gehörige Portion Stolz, er ist jedoch nicht gewalttätig«, erklärte sie, als hätte sie seine Überlegung erraten.
    »Ich bin auch nicht gekommen, um Ihren Mann zu verdächtigen, sondern um Sie zu informieren und mein Beileid auszusprechen.« Pielkötter erhob sich müde. »Diese Aufgabe habe ich erfüllt, und nun werde ich mich auf den Heimweg machen.«
    Ob diese Ankündigung sie erleichterte, konnte er nicht erkennen, so sehr er in ihren Gesichtszügen auch danach suchte. An der offenen Tür blieb er noch einmal stehen. »Leben Sie eigentlich gern in diesem Viertel?«, fragte er ganz ohne ermittlungstechnische Hintergedanken.
    »Klar«, antwortete sie lächelnd. »Deshalb bin im Verein 100 Jahre Kolonie Meerbeck aktiv. Der ist letztens sogar für seine Beiträge zur Entwicklung des Stadtteils geehrt worden. Darüber hinaus gibt es den IKM. Der Internationale Kulturkreis Moers bemüht sich um den interkulturellen Austausch. Immerhin wohnen in einigen Straßenzügen mehr türkischstämmige Bürger als Deutsche. Besuchen Sie doch einmal unseren bunt gemischten Wochenmarkt.«
    Pielkötter geriet in Versuchung zu fragen, ob die Annäherung so weit ging, dass man sich gegenseitig einlud, hielt sich dann aber zurück. Schließlich brachte das die Ermittlungen nicht voran, und die besaßen eindeutig die höchste Priorität.

6. Kapitel
    Pielkötter saß in seinem Büro und stützte den Kopf auf seine Hände. Warum strömten die Probleme immer gleich von mehreren Seiten auf ihn ein? Weshalb musste er sich ausgerechnet jetzt auch noch Sorgen um seinen Vater machen? Seine Mutter hatte ihn gestern informiert, dass sein Vater in ein Münsteraner Krankenhaus eingeliefert worden war. Sofort war er zu ihm geeilt. Allein, ohne Marianne. Die war zur Zeit des Anrufs nicht zu Hause gewesen und wusste immer noch nicht Bescheid. Schwerer Schlaganfall, hatte der zuständige Stationsarzt mit besorgter Miene erklärt. Daraufhin hatte er lange am Bett seines Vaters gesessen und war erst kurz vor Mitternacht nach Duisburg zurückgekehrt. Grübelnd hatte er neben der schlafenden Marianne gelegen. Am liebsten hätte er sie geweckt und über seine Sorge geredet, aber irgendetwas hatte ihn letztendlich davon abgehalten.
    Morgens war er dann sehr früh zur Arbeit aufgebrochen, hatte aber zunächst gar nichts erreicht. Wie üblich, hatte sich Staatsanwalt Lochhausner wegen des Durchsuchungsbeschlusses für Lützows Wohnung geziert. »Seien Sie froh, dass ich dem Großeinsatz der Spurensicherung überhaupt zugestimmt habe«, hatte Lochhausner getönt. »Bevor deren Ergebnisse nicht ausgewertet sind und alles auf eine Straftat
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