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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen
Autoren: P Mayle
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sehen, tat Roth ihre Schmeicheleien mit einer Handbewegung ab und beklagte leutselig, dass er zu beschäftigt gewesen sei, um Ski zu fahren. Daraus folgerten die beiden stillschweigend, dass es dabei nicht um Bordeaux, sondern um berufliche Belange gegangen sein müsse, und Roth ließ es gern dabei bewenden. Die befriedigende Woche hatte damit ein noch befriedigenderes Ende gefunden.
    Seine gute Laune hielt bis zum Abend an, als er mit seiner Frau in das Haus in Hollywood Heights zurückkehrte und entdecken musste, dass Rafael nicht da war, um sie zu begrüßen. Und darüber hinaus hatte er nicht einmal eine Nachricht hinterlassen, die seine Abwesenheit erklärte. Das war ungewöhnlich, ja besorgniserregend. Doch als sie von Salon zu Salon schritten, begannen sie sich zu entspannen. Die Warhols hingen an den Wänden, der Giacometti versteckte sich auf der Terrasse, und das Haus schien unberührt. In Rafaels winziger Souterrainwohnung hingen die Kleider ordentlich im Schrank, und das Bett war akkurat gemacht. Nichts deutete auf einen plötzlichen Aufbruch hin. Danny und Michelle Roth gingen früh schlafen, ein wenig verwirrt, irritiert, jedoch nicht über Gebühr beunruhigt.
    Erst am folgenden Morgen stieg Roth in den Keller hinab.
    »Oh Gott!« Der qualvolle Aufschrei hätte um ein Haar zur Folge gehabt, dass Michelle von ihrem Stairmaster heruntergefallen
wäre. Sie eilte aus dem Fitnessraum in den Keller, wo sie Roth vorfand, der wie hypnotisiert auf eine Wand mit gänzlich leeren Stellagen starrte.
    »Mein Bordeaux! Jede gottverdammte Flasche! Alles weg.« Der Anwalt begann, hektisch hin und her zu laufen, wobei er in seiner ohnmächtigen Wut immer wieder die Fäuste ballte. Ein Mann mit üppigerem Bewuchs hätte sich die Haare gerauft. »Wenn ich diesen Mistkerl in die Finger kriege, bringe ich ihn um. Ich reiße ihm das Herz aus dem Leibe.« Noch schaurigere Todesdrohungen murmelnd, hastete er nach oben und macht sich auf die Suche nach seinem Blackberry.
    In zügiger Abfolge benachrichtigte er den Wachmann im Pförtnerhaus, das zuständige Polizeikommissariat in L.A. und seine Versicherungsgesellschaft.
    Der Pförtner erschien als Erster am Schauplatz des Verbrechens. Er umklammerte sein Wachbuch wie ein Ertrinkender den Rettungsring. Inzwischen war Roth wieder in der Lage, Sätze zu formulieren, die man als mehr oder weniger zusammenhängend empfinden konnte. »Okay. Ich will wissen, wer in mein Haus eingedrungen ist und wann, und warum zum Teufel ihn niemand daran gehindert hat.« Sein Zeigefinger bohrte sich in den Brustkorb des Wachmanns. »Und ich will den Namen des Arschlochs wissen, der an besagtem Abend zum Dienst eingeteilt war.«
    »Moment, Mr. Roth.« Der Pförtner, der ein stummes Stoßgebet zum Himmel schickte, er möge zu dem Zeitpunkt nicht Dienst gehabt haben, zog das Wachbuch zurate und hob schließlich den Blick, wobei sich Erleichterung in das Gefühl des Triumphs mischte. »Ich hab’s. Heiligabend, ein medizinischer Notfall. Ein Krankenwagen wurde durchgelassen, um 20 Uhr 20, verließ das Anwesen um 22 Uhr 50.
Tom hatte Dienst. Ihr Verwalter hat ihm die Genehmigung dazu erteilt.«
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen! Diese miese kleine Ratte!« Roth riss dem Wächter das Büchlein aus der Hand und warf einen Blick hinein, als hoffte er auf weitere Enthüllungen. »Das ist alles? Warum fehlt der Name der Klinik? Und was ist mit dem medizinischen Personal? Offenbar mussten sie sich nicht ausweisen. Großer Gott.«
    »Wir haben das Autokennzeichen. Vermutlich haben sie behauptet, dass es sich um einen Notfall handelt.«
    »Klar, was sonst. Die konnten es gar nicht mehr erwarten, meinen Wein in die Finger zu bekommen.« Roth schüttelte den Kopf und drückte das Notizbuch wieder dem Wächter in die Hand, der sich respektvoll verneigte und erleichtert davonschlich. Er kehrte just in dem Moment ins Pförtnerhaus zurück, als die Polizei eintraf: zwei Detectives mit gelangweilter Miene, zu einem Einsatz abkommandiert, den sie intuitiv bereits als reine Zeitverschwendung eingestuft hatten.
    »Also«, sagte Roth, als sie das Haus betraten, »ich unterstütze die Polizeiarbeit mit großzügigen Spenden, deshalb fände ich es zur Abwechslung ganz nett, etwas für mein Geld zu bekommen. Folgen Sie mir, meine Herren.« Die Polizisten nickten wie ein Mann, da beiden die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen: wieder eines von diesen großen Tieren, die dem Unterstützungsfonds der Polizei jedes Jahr
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