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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund.
Autoren: Tom Sharpe
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Selbstredend werde ich als Timothys spiritueller Mentor und Begleiter alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Veränderung zu beschleunigen. Wir werden die Osterfeiertage in einer Hütte in Exmoor begehen. Ich habe oft erfahren, daß eine solche Phase der Isolation hilfreich ist. Ihr gehorsamer Diener in Gott, Benedict de Cheyne.«
    »Ich muß gestehen, daß ich es beunruhigend finde, wie er die Sünde betont«, sagte Bletchley zu seiner Frau, nachdem er den Brief mehrmals gelesen hatte.
    »Was werden sie deiner Meinung nach in Exmoor tun?« fragte Ernestine. »Ostern ist es da so schrecklich kalt.«
    »Darüber möchte ich lieber nicht nachdenken«, sagte Bletchley und verließ das Zimmer, bevor sie von ihm verlangte, darüber zu reden, was für Phantasien Timothy wohl haben mochte. Er schloß sich auf der Toilette im Erdgeschoß ein und versuchte, die Erinnerung an seine eigenen jugendlichen Begierden zu vertreiben, indem er in der Zeitschrift »The Field« Fotos verschiedener Maulwurfsfallen betrachtete. Eine davon hätte er zu gern an Reverend Benedict de Cheyne ausprobiert. Doch Mrs. Bright brachte das Thema am selben Abend bei Tisch wieder zur Sprache.
    »Natürlich ist Old Og schuld daran«, sagte sie, als sie vor ihren Rühreiern Platz nahmen. Bletchley hielt mit seiner Gabel inne.
    »Old Og? Was in aller Welt hat Old Og damit zu tun?«
    »Timothy war ... nun, Old Ogs schlechtem Einfluß ausgesetzt«, sagte Ernestine.
    »Schlechtem Einfluß? Blödsinn«, erwiderte Bletchley. »Old Og ist in Ordnung. Sport an frischer Luft und all so was.«
    »So könnte man es auch nennen«, fuhr sie fort. »Meiner Ansicht nach handelt es sich um etwas anderes. Zuzulassen, daß ein sensibler und zarter Junge wie Timothy einem ... nun ja, Old Og ausgesetzt wird.« Sie verstummte und sah auf ihren Teller. »Ausgesetzt? Du verwendest diesen Ausdruck immer wieder. Wenn du damit andeuten willst, daß sich Old Og an den Jungen heranmacht ...«, schrie Bletchley. »Bei Gott, ich prügle den Lump ... ich werde ihn ...«
    »Ach, halt doch den Mund«, sagte Ernestine. »Du blamierst dich doch nach Strich und Faden. Du bist überhaupt nicht in der Lage, ihn zu verprügeln. Nein, diese schauderhafte Kreatur hat Timothy zwei gräßlichen Versuchungen ausgesetzt.« Sie hielt wieder inne. Bletchley war kurz davor, sich von seinem Stuhl zu erheben. »Die eine war dieses schauderhafte Tier mit Blut an der Schnauze, das ein zahmes Kaninchen getötet hat.«
    »Es ging aber nicht anders«, unterbrach sie Bletchley. »Schließlich mußte er es abrichten, und Wildkaninchen gab es keine. Außerdem ist es kein schauderhaftes Tier.«
    »Alle Frettchen sind schauderhaft«, entgegnete Mrs. Bright. »Und als wäre das noch nicht genug, um das kindliche Gemüt zu verwirren, mußte Og ihn auch noch irgendeinem gräßlichen Dorfmädchen aussetzen, vor dem er sich auszog ...«
    »Sich auszog?« sagte Bletchley. »Bei mir hat er so was nicht gemacht. Da mußte sie sich ausziehen. Üppig wie ... Was hast du denn bloß?«
    »Du bist ein widerlicher, ekelhafter und hoffnungslos impotenter Mann. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich auf eine Heirat mit dir eingelassen habe.« Und damit stand Ernestine Bright vom Tisch auf und ging nach oben auf ihr Zimmer.
    »Ich weiß es«, erzählte Bletchley dem Porträt seines Großvaters Benjamin. »Wegen des Geldes.« Doch zu gegebener Zeit bewahrheitete sich die Prognose des Kaplans. Als Timothy Bright aus Exmoor zurückkam, hatten sich alle Träume von einem der Religion geweihten Leben gründlich verflüchtigt. Auch seine Einstellung Reverend Benedict gegenüber hatte sich geändert. Statt dessen tat er es zahlreichen vergleichbaren Knaben nach und rasselte durchs Abitur.
    »Damit ist Cambridge für dich gestorben, mein Junge«, sagte sein Onkel Fergus zu ihm, als die Ergebnisse eintrafen. Timothy war den Sommer über oben in Drumstruthie. »Das kannst du dir jetzt abschminken. Du mußt es halt im Bankfach versuchen. Ich kenne furchtbar viele Trottel, die es im Bankwesen erstaunlich weit gebracht haben. Offenbar muß man dabei nicht groß nachdenken. Ich erinnere mich, daß dein Großonkel Harold eine Banklehre absolvierte, und ein größerer Trottel als er ist kaum vorstellbar. Ein lieber Kerl, wenn ich mich recht entsinne, dem aber fraglos die nötigen Neuronen für alles andere fehlten. Offen gestanden, um eine moderne Formulierung zu verwenden, er war geistig so herausgefordert, daß er zwanzig Minuten
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