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Ein Dämon macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Dämon macht noch keinen Sommer
Autoren: Robert Asprin
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sehr, sehr müde, als wir uns auf den Rückweg zu dem Ort machten, an dem wir Harold und Glenda zurückgelassen hatten. Das gehörte zu den Dingen, die mir schon früher im Umgang mit derartigen Energien aufgefallen waren: Wenn es vorbei war, fühlte man sich einfach ausgelaugt.
    Das Erste, was mir auffiel, war, dass Harold Glenda offenbar befreit hatte, denn sie war bei Bewusstsein und thronte ihm gegenüber auf einem Stuhl am Tisch. Das Zweite war, dass Harold selbst einen wesentlich gelasseneren Eindruck machte, als er sich erhob, um uns zu begrüßen.
    »Ah, meine Freunde! Die Zeit der Gratulation scheint gekommen«, sagte er mit einem breiten Lächeln. »Alles deutet darauf hin, dass Sie Erfolg hatten bei Ihrem Versuch, den Zauber zu lösen.«
    »Nicht nur dafür ist die Zeit gekommen«, grollte Aahz und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich denke, wir haben ein paar Erklärungen verdient. Abseits der Geschichte, die Sie uns ursprünglich erzählt haben.«
    »Aber natürlich«, sagte Harold und winkte uns zu, uns Stühle zu suchen und Platz zu nehmen. »Sie sind also bereits zu dem Schluss gekommen, dass meine Geschichte nicht ganz vollständig war.«
    »Sagen wir, die Fakten passen nicht ganz zu dem, was Sie uns weismachen wollten«, presste Tananda durch zusammengebissene Zähne hervor.
    Harold nickte. »Sie haben Recht, ich habe ein paar unbedeutende Punkte unterschlagen oder ein wenig verdreht, als ich Ihnen die Situation dargelegt habe.«
    »Warum erzählen Sie uns nicht, welche Punkte das waren«, forderte ihn Aahz auf, »dann können wir selbst entscheiden, wie unbedeutend sie sind.«
    »Nun gut. Vermutlich wird alles viel klarer werden, wenn ich Ihnen verrate, dass mein Name nicht Harold lautet. In Wahrheit bin ich selbst Graf Rind.«
    »Der Vampir?«, fragte ich, ohne auch nur entfernt imstande zu sein, Entsetzen und Furcht aus meiner Stimme fern zu halten.
    »Ich bin der Graf«, sagte Harold/Rind, »aber ich bin kein Vampir, nicht mehr. Das ist vielleicht das eigentliche Dilemma, in dem ich mich befunden habe.
    Sie erinnern sich vielleicht, dass ich Ihnen von meiner alten Lehrerin Leila erzählt habe. Nun, eines der Dinge, die sie mich gelehrt hat, war, wie man das Drum und Dran eines Vampirdaseins einschließlich all der unerfreulichen Notwendigkeiten abschütteln und ein normales Leben führen kann. Jedenfalls so normal, wie das Leben für jemanden sein kann, der Zauberei praktiziert.«
    Mit dieser letzten Beobachtung konnte ich mich identifizieren, aber der Graf war noch nicht fertig.
    »Wir kehrten in diese Dimension zurück, in der Absicht, meine Mitvampire in normale Menschen zu verwandeln und so allen Bewohnern dieser Dimension zu gestatten, als Gleiche unter Gleichen zu arbeiten und zu leben. Unglücklicherweise teilten die anderen Vampire meine humanitären Ansichten nicht und wollten lieber weiter als Herren und Regenten existieren. Da habe ich versucht, die Menschen in eine Revolution zu führen, die mit dem Tod meiner Lehrerin und meiner Gefangenschaft in diesem Palast endete. Ubald war derjenige, der uns überwältigt hat. Davon abgesehen ist meine Geschichte im Großen und Ganzen richtig gewesen.«
    »Und warum haben Sie uns das nicht gleich gesagt?«, fragte Tanda. »Wir hätten vielleicht auch um der guten Sache willen geholfen.«
    »Vielleicht«, sagte Rind. »Unglücklicherweise musste ich die Erfahrung machen, dass Gier eher geeignet ist als ein edles Motiv, um sich die Unterstützung anderer Leute zu sichern. Besonders, wenn man ein Vampir oder ein konvertierter Vampir ist, der ausgerechnet bei Menschen Hilfe sucht.«
    »Da wir gerade davon sprechen«, mischte sich Aahz ein, »ich glaube, mich zu erinnern, dass von einer Belohnung die Rede war.«
    Rind breitete die Arme in überaus viel sagender Weise aus.
    »Was soll ich dazu sagen? Als ich das Angebot gemacht habe, habe ich es durchaus ernst gemeint, aber ich konnte schließlich nicht damit rechnen, dass Ihre Methode, den Kuhzauber zu lösen, sämtliches Gold der ganzen Dimension in Blei verwandeln würde.«
    Ich sah mich in der Suite um, und mir wurde klar, dass er offenbar die Wahrheit gesagt hatte. Wo früher Gold im Überfluss als Zierrat gedient hatte, erblickte ich nun nur ein glanzloses, silbriges Metall.
    »Eigentlich«, fuhr Rind fort, »hatte ich gehofft, ich könnte euch davon überzeugen, noch eine Weile hier zu bleiben und mir zu helfen, die Gesellschaftsordnung wieder herzustellen. Sie alle haben schon die
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