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Ein Blick genuegt

Ein Blick genuegt

Titel: Ein Blick genuegt
Autoren: Barbara McCauley
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Arbeitgeber zu entkommen, lächelte Heather sie an.
    „Vielen Dank, Ma’am.”
    Julianna seufzte über Heathers förmliche Anrede. Mit neunundzwanzig wollte sie noch keine Ma’am sein. Das vermittelte ihr das Gefühl, schrecklich alt zu sein. Aber eine Menge Dinge gaben ihr in letzter Zeit solch ein Gefühl. Ein Paar, das Hand in Hand spazieren ging, Bilder von Brautpaaren und Babys, die Stimmen der Kinder auf dem Spielplatz.
    All die Dinge, die sie niemals haben würde.
    Sie verscheuchte den Gedanken und folgte ihrem Vater zu seinem Arbeitszimmer. Seit zwei Monaten hatte er mit First Mutual Financial verhandelt, und seit er schließlich die Verträge unterzeichnet hatte, platzte er fast vor Stolz über den niedrigen Zinssatz, den er ausgehandelt hatte. Natürlich hatte er First Mutual Financial nicht erzählt, dass er alles unterschrieben hätte, um diesen Kredit zu bekommen. Nach dem Sinken einiger Aktienkurse und dem Preisanstieg des Getreides bei gleichzeitigem Preisverfall des Rindfleisches brauchte er das Geld dringend, um Verluste abzudecken und wieder über Betriebskapital zu verfügen.
    Zudem war er außerordentlich stolz auf die erfolgreiche Manipulation der Zahlen und seine falschen Auskünfte. Er hatte über Adam Cantrell, den Kreditbearbeiter, gelacht und ihm unterstellt, er würde nichts von der ganzen Sache verstehen.
    Was eigentlich merkwürdig war, denn sie hielt den Mann für alles andere als dumm, obwohl sie nur ein-, zweimal kurz mit ihm gesprochen hatte. Er schien ihr im Gegenteil sogar außerordent lich clever.
    Doch im Grunde war ihr das egal. Das Einzige, was ihr wichtig war, war ihr eigenes Stück Land und das Haus am südlichen Ende der Double-H-Ranch. Es war die einzige Hinterlassenschaft ihrer Mutter, die ihr Vater nicht in seine Hände bekommen hatte. Fast ein Jahr war seit der Beerdigung ihrer Mutter vergangen, und er hatte es geschafft, sie, Julianna, davon abzuhalten, das Haus zu reparieren und dort einzuziehen. Aber er hatte es nicht in seinen Besitz bekommen. Und sie würde alles tun, dass das auch nie ge schah.

    An der Tür zu seinem Büro drehte ihr Vater sich zu ihr um. „Schenk den verdammten Kaffee ein und dann verschwinde. Wenn ich Geschäfte mache, kann ich keine Frau gebrauchen, die dumm in der Gegend herumsteht.”
    Sie biss die Zähne zusammen und folgte ihm ins Zimmer.
    Ein Mann stand vor der Terrassentür. Er war groß, sehr groß, mit breiten Schultern. Sein schwarzes, perfekt geschnittenes Haar berührte den Kragen seines teuren, maßgeschneiderten Anzugs.
    Das war kein Botenjunge.
    Sie hatte keine Ahnung, warum sie plötzlich keine Luft mehr bekam. Wie angewurzelt blieb sie stehen und starrte den Mann an, ohne sein Gesicht sehen zu können.
    „Julianna.” Die Stimme ihres Vaters war leise und streng.
    Erschrocken drehte sie sich um und ging hinüber zum Tisch, um das Tablett dort abzustellen, während sie sich gleichzeitig daran erinnerte, wieder zu atmen.
    Mason begrüßte den Gast jovial und schüttelte ihm die Hand. „Setzen Sie sich.” Er deutete über den massiven Eichenschreibtisch auf eine kleinere Version seines eigenen Lederstuhls, und der Mann nahm ihm gegenüber Platz.
    „Also, was kann ich für Sie tun?” Mason lehnte sich zurück. „Übrigens, mein dummes Dienstmädchen hat vergessen, sich Ihren Namen nennen zu lassen.”
    „Eigentlich, Mr. Hadley, ist es eher die Frage, was ich für Sie tun kann.”
    Diese Stimme. Julianna umklammerte den Griff der Kaffeekanne. Wieder bekam sie keine Luft. Seine Stimme. Dunkel, rau, voll tödlicher Ruhe. So vertraut. Eine seltsame Spannung herrschte im Zimmer.
    „Wie meinen Sie das, mein Sohn?” Mason, entzückt über die Aussicht auf ein neues Angebot, grinste.
    „Sie haben achtundvierzig Stunden Zeit, um Ihre Schulden an First Mutual Financial zurückzuzahlen oder das Grundstück zu räumen.”
    Julianna, die noch immer die Kaffeekanne und eine Tasse in den Händen hielt, drehte sich abrupt herum. Der Mann saß lässig im Stuhl, einen Arm auf die Lehne gelehnt. Wenn man ihn anschaute, könnte man denken, er würde über Fußball sprechen.
    Hatte er tatsächlich gesagt, was sie glaubte, gehört zu haben? First Mutual forderte den Kredit zurück?
    Das Grinsen auf dem Gesicht ihres Vaters gefror. Seine grauen Augen verengten sich.
    „Soll das ein Witz sein?”
    „Ganz und gar nicht. Das Darlehen wird zurückgefordert. Ihr Land, das Haus samt Inhalt, das Vieh - wirklich alles, Mr. Hadley, was Sie besitzen,
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