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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
Autoren: Lynda Curnyn
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Gründe für eine Ehe gab. Wie zum Beispiel Immobilien.
    Ich beschloss, dem Komitee mein Problem vorzutragen. Das Komitee bestand aus drei Frauen, die zu allem und jedem eine Meinung hatten. Ich teilte mir mit ihnen viermal die Woche ein Büro. Wir beantworteten telefonisch Fragen von Kunden, die aus dem
Lee and Laurie-
Katalog bestellen wollten. Ich war Michelle dafür dankbar, dass sie mir den Job besorgt hatte. Für meine Schauspielkarriere war der Job gut, es gab angenehme zehn-bis-fünfzehn-Uhr-Schichten und, ob Sie’s glauben oder nicht, eine Krankenversicherung. Eine sehr gute. Und das ist genau das, was ein Mädchen mit Träumen und regelmäßig verstopfter Nase braucht.
    Es war auch ein Mekka für Ehefrauen, die in Scharen bei
Lee and Laurie
angestellt waren und sich ein wenig Extrageld dazu verdienten, sobald die Kinder alt genug waren, Schlüsselkinder zu sein.
    Daher rührte auch meine Entscheidung, das Komitee zu befragen, das aus Michelle Delgrosso bestand, die offenbar nur bei
Lee and Laurie
arbeitete, um sich kostspieligen Lipgloss und überteure Haarschnitte leisten zu können, wodurch ihr schulterlanges Haar beneidenswert weich und glänzend aussah, Roberta Simmons, eine über vierzigjährige, verheiratete Mutter zweier perfekter Kinder, und Doreen Sikorsky, die eine Carte Blanche im Spiel war, mit einer mutmaßlichen Scheidung in ihrer Vergangenheit und so vielen Verschwörungstheorien, dass ich den meisten ihrer Aussagen eher misstrauisch gegenüberstand.
    „Hey“, grüßte ich, als ich unser Büro betrat, in dem momentan Michelle und Doreen saßen. Doreen telefonierte, aber wenigstens konnte ich mit Michelle sprechen. Schließlich war sie der Inbegriff dessen, was meine Mutter als erstrebenswert erachtete. Geboren in Brooklyn. Mit dreiundzwanzig verheiratet. Und Besitzerin eines Hauses mit drei Schlafzimmern in
Marine Park
.
    „Wo ist Roberta?“ fragte ich, weil eine zweite Meinung nicht schlecht wäre. Robertas Leben hatte mit meinem etwas mehr zu tun, zumindest wohnte sie auch in Manhattan.
    „Sie ist wie immer in der Kantine“, antwortete Michelle mit einem Lächeln. „Ehrlich, ich kann nicht fassen, was diese Frau alles isst.“
    „Wir können ja nicht alle bulimisch sein, Michelle“, warf Doreen ein, die ihr Telefongespräch schnell beendet hatte, um an dem Gespräch teilzunehmen.
    Ich seufzte. Mit solchen Leuten musste man eben arbeiteten, wenn man einen Job mit 15 Dollar 50 Stundenlohn hatte. Ich überlegte mir, mein Problem doch besser für mich zu behalten.
    Aber dann erschien Roberta und sah wie immer gesund und normal aus. Vielleicht lag es an der Kurzhaarfrisur – Frauen mit kurzen Haaren wirken immer klug und verantwortungsvoll – die ihr weiches, elfenhaftes Gesicht mit den großen blauen Augen umrahmte. Oder vielleicht lag es an der teuren camelfarbenen Hose und dem gut geschnittenen schwarzen T-Shirt. Dank dem Mitarbeiterrabatt, den
Lee and Laurie
seinen ergebenen Angestellten gewährte.
    „Hey, Angie“, sagte sie, nahm Platz und setzte ihr Headset auf.
    „Hallo Roberta“, entgegnete ich und rückte mein eigenes Headset zurecht. Doch als ich gerade mit meinem Problem beginnen wollte, hörte ich schon das bekannte lange Piepsen, das den ersten Anruf auf meiner Leitung ankündigte. Ich unterdrückte ein Seufzen und sagte die Eingangsfloskel auf, die uns während der Ausbildung eingebläut worden war. „Danke, dass Sie
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anrufen, wo lässige Mode zu Hause ist. Hier spricht Angela. Womit kann ich Ihnen heute helfen?“
    Zum Glück war das Problem leicht zu lösen. Eine Frau fand das neue T-Shirt mit U-Boot-Ausschnitt, das die blonde Göttin auf Seite siebenundvierzig trug, so hübsch, dass sie gleich eines in jeder Farbe bestellte. Nachdem ich alles in den Computer eingegeben, mich bei ihr bedankt und den Knopf zum Beenden des Gesprächs gedrückt hatte, wirbelte ich herum, um meine Kolleginnen ansehen zu können.
    „Was haltet ihr davon?“ fragte ich, als Roberta und Michelle ihre Aufmerksamkeit auf mich gerichtet hatten, während Doreen sich mit ihrem Kundengespräch beeilte. „Kirk fährt dieses Wochenende nach Hause, um seine Eltern zu besuchen“, fuhr ich fort und studierte die Gesichter der erwartungsvollen Frauen. „Ohne mich.“
    „Hast du seine Eltern noch nicht kennen gelernt?“ fragte Michelle.
    „Nein.“ Ich sah, wie Roberta die Stirn runzelte.
    „Verlass ihn“, sagte Doreen knapp. Ich warf Roberta einen verzweifelten Blick
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