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E-Book statt Papierkonserve

E-Book statt Papierkonserve

Titel: E-Book statt Papierkonserve
Autoren: Marlies Michaelis
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Schrift. Ohne sie ist kein Buch möglich. Schon die Steinzeitmenschen entwickelten eine erste Variante – die Ideenschrift. Mit der Höhlenmalerei erzählten sie ihre Geschichten. Die erste Form der Schrift, so wie wir sie kennen, war dann eine Keilschrift, die im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris verwendet wurde. Dort entstanden auch die ersten Geschichten, die wir noch heute in Büchern lesen können. Was ist das Eigentümliche eines linearen Textes? Das wird unter anderem Thema des sechsten Kapitels sein. Eine weiterentwickelte Form der Schrift, das Alphabet, und abstraktere Texte kamen im antiken Griechenland auf. Auch diese Texte begleiten uns als Bücher bis zum heutigen Tag und die Textform der wissenschaftlichen Aussage wurde aufgegriffen und über viele Jahrhunderte weiterentwickelt. Das, was wir heute „Buch“ nennen, entstand dann im 1. Jahrtausend n. Chr. Es sind vor allem das Material – zunächst Pergament, später dann Papier – und die Bindung, die dem Buch seine heute noch gültige Form geben. Doch erst die Erfindung des Buchdrucks machte das Buch zur Massenware. Das Buch als gedrucktes und gebundenes Medium blieb dann rund 560 Jahre lang die vorherrschende Form, um umfangreiches schriftliches Wissen weiterzugeben – bis das World Wide Web aufkam, die neue Gutenberg-Maschine. Das WWW verwendet weiterhin die Alphabetschrift (in anderen Kulturen natürlich die entsprechenden überlieferten Zeichen). Was sich im Übergang vom gedruckten zum E-Book vor allem ändert, sind Trägermaterial und Form des Buches. An die Stelle von Papier und Einband treten E-Book-Reader und Tablet, an die Stelle der Druckerschwärze treten Betriebssystem und Buchdatei. Auch auf Inhalte und den Kreis möglicher Autoren hat der Wechsel zum digitalen Buch Auswirkungen. Welche das sind, werden wir am Ende dieses Buches sehen.
    Stellen wir uns die Entwicklung des menschlichen Ausdrucks in den jeweiligen Medien als ein Seil vor, das aus vielen Fasern zusammengedreht ist. Ich blicke an diesem Seil entlang und schaue, welche Fäden besonders markant sind. Bei dieser Betrachtung fällt sogleich auf, dass das Seil keinen Anfang hat – dort, wo er sein müsste, kommt das Seil aus der Dunkelheit. Zum Raum dahinter habe ich keinen Zugang. Ich schaue mir also an, wie die ersten Fäden aussehen. Einer ist darunter, der eine eigenartige Farbgebung hat – Schwarz und Ocker. Den schaue ich mir als Erstes an. Er stammt aus einer Epoche, in der die Menschen gerade begannen, erste Geschichten aufzumalen. Ihre Geräte: Stöcke und Hände. Ihre „Tinte“: Steinkohle und Ockerfarbe. Dateiformate? Fehlanzeige.

5  Bilder in der Höhle
    Lassen Sie uns ein wenig in der Zeit zurückblicken. Weg von unseren heutigen Gegebenheiten, unter denen wir Buchstaben per Tastatur auf einen Bildschirm zaubern. Weg von Regalen, die über und über mit gedruckten Büchern belegt sind, die Sätze, Worte, Buchstaben und Bilder auf Seiten aus Papier enthalten. Lassen Sie uns ungefähr 35.000 Jahre zurückgehen. Dort finden wir – in Südfrankreich, im Tal der Ardèche – die 1994 entdeckte Höhle von Chauvet. Sie erstreckt sich über eine Länge von 400 Metern, umfasst 8.140 Quadratmeter und konnte zu der Zeit, als die Malereien entstanden, über einen herkömmlichen Höhleneingang betreten werden. Doch vor etwa 20.000 Jahren wurde dieser Eingang verschüttet und die Zeugnisse der frühen Steinzeitmenschen so konserviert. Weiße Stalagmiten und Stalaktiten wuchsen über die Jahrtausende in der Höhle, schmückten sie aus.
    In der Höhle von Chauvet entstanden – lange vor Erfindung von Silbenschrift und Buchstaben – die ersten uns bekannten Höhlenmalereien. Die Höhlenmalerei gilt innerhalb der Forschung als erste Form der Schrift und in diesem Sinne sind die bemalten Höhlen auch aufgeschlagene Bücher. Statt der uns geläufigen alphabetischen Schrift benutzten die Steinzeitmenschen eine Ideenschrift. Abbildungen standen für komplexe Sachverhalte. Leider verstehen wir diese Schrift heute nicht mehr vollständig.
    Wildpferde, Höhlenlöwen und Wollnashörner sehen wir dort auf den Malereien, ebenso einen Panther. Eines der schönsten Bilder zeigt vier schräg übereinander angeordnete Pferdeköpfe. Die schwarzen Wildpferde galoppieren seitlich am Betrachter vorbei – so scheint es zumindest. Mit Holzkohle, roter und heller Ockerfarbe brachten die Menschen über einen Zeitraum von mehreren Jahrtausenden ihre Malereien an den Felswänden
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