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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter
Autoren: C Funke
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krümmen, auch wenn sie sich noch so wild gebärden. Sie sind tot, und alles, was sie wollen, ist etwas Aufmerksamkeit. Trotzdem würde ich mir, wenn ich Jon wäre, eine andere Schule suchen, denn dieser Stourton soll ein ziemlich hartnäckiger Geist sein, und Jon wird vermutlich nicht viel Schlaf bekommen, wenn er in Salisbury bleibt. Komm!«, sagte sie. »Hilf mir zurück ins Schlafzimmer. Dieser Fuß wird mich in den Wahnsinn treiben, ich weiß es. Vielleicht sollte ich den Arzt bitten, ihn abzusägen. Machen sie das in Filmen nicht ständig so?«
    Zelda hielt Ella auffordernd den Arm hin, aber Ella rührte sich nicht. Sie kann ziemlich störrisch sein.
    »Was, wenn sie heute Nacht zurückkommen?«, fragte sie.
    Zelda sah mich an.
    »Ignorier sie einfach«, sagte sie. »Das hassen Geister. Und halt dich von offenen Fenstern fern. Man weiß ja nie.« Dann hielt sie ihrer Enkelin erneut den Arm hin. Aber Ella rührte sich immer noch nicht.
    »Was ist mit dem Ritter?«, fragte sie. »Sagst du nicht immer, dass er nur darauf wartet, dass ihn jemand zu Hilfe ruft?«
    Zelda ließ den Arm sinken. »Himmel, Ella! Das ist auch nur so eine Geschichte, die ich den Touristen erzähle! Du weißt, ich erzähl ihnen eine Menge Dinge, die nicht wahr sind.«
    »Du hast sie auch meiner Mutter erzählt. Als Gutenachtgeschichte – und sie hat sie mir erzählt.«
    »Nun, weil es eine gute Geschichte ist! Aber niemand hat ihn jemals zu Gesicht bekommen!«
    »Weil niemand ihn je gerufen hat!«
    Ich hatte keine Ahnung, von wem sie redeten. Ich wusste nur, dass ich immer noch Angst hatte. So abscheuliche Angst, dass mir übel war. Durch Zeldas Wohnzimmerfenster sah man den Mühlenteich. In seinem Wasser spiegelte sich der graue Nachmittagshimmel. Nur ein paar Stunden noch und es würde dunkel sein. Wo würden sie diesmal auf mich warten?
    Ella und Zelda stritten immer noch.
    »Na ja, dann …«, murmelte ich und wandte mich um. »Danke.«
    Vor der Haustür saß eine Kröte. Ich fing sie und setzte sie zu den anderen in den Topf. Dann trat ich nach draußen und zog die Tür hinter mir zu.
    Was nun?
    Zurück zur Schule, was sonst, Jon, dachte ich. Vielleicht kannst du sogar behaupten, dass du die ganze Zeit auf dem Klo gewesen bist. Mrs Cunningham ist ziemlich leichtgläubig. Und dann rufst du deine Mutter an.
    Ich legte mir zurecht, was ich sagen würde, während ich auf Zeldas Gartentor zuging: »Mam, Ellas Großmutter sagt, du musst mich auf eine andere Schule schicken. Hast du schon mal was von Lord Stourton gehört? Nein, das hat nichts mit Heimweh zu tun, und auch nichts mit dem Vollbart.«
    »Verdammt«, murmelte ich, während ich Zeldas Gartentor hinter mir zuzog. »Sie wird mir kein Wort glauben.«
    Ich bog in den Weg ein, der über die Wiesen führt, als ich Schritte hinter mir hörte.
    »Wo willst du hin?« Ella stellte sich mir in den Weg.
    »Na, wohin schon?«, gab ich zurück. »Ich muss zur Schule! Vielleicht hält der Ärger sich in Grenzen, wenn ich vor dem Abendbrot zurück bin!«
    Ella schüttelte den Kopf. »Unsinn. Wir gehen zur Kathedrale.«
    »Zur Kathedrale? Wozu?«
    Sie griff zur Antwort nur nach meinem Arm und zog mich mit sich.
    Wie schon gesagt. Ella macht nie überflüssige Worte.

6
    Ein längst vergessener Schwur

    D ie alten Häuser verschwammen schon in der Dämmerung, als Ella und ich den Domhof wieder betraten. Vor der Kathedrale waren kaum noch Touristen zu sehen, obwohl die Stadtmauertore erst um zehn geschlossen werden, und ich hatte nicht zum ersten Mal das Gefühl, dass die Zeit den Domhof von Salisbury vergessen hatte. Nur die parkenden Autos verrieten, dass wir im 21. Jahrhundert waren.
    Die Kathedrale reckte sich in den Himmel, als wollte ihr Turm die dunklen Abendwolken berühren, und ihre Mauern schienen erneut Schutz vor allem Schrecken in der Welt zu versprechen. Aber wie? Ich konnte mich nicht für den Rest des Schuljahres in einer Kirche verstecken.
    »Ella, was genau machen wir hier?«, fragte ich, während ich ihr über die weite Rasenfläche folgte, auf der Stourton mich eingeholt und ich vor Bonapart auf den Knien gelegen hatte. Zu unsererLinken sah man durch die Bäume die Mauern der Schule. Mrs Cunningham hatte mich mittlerweile bestimmt schon beim Direktor gemeldet.
    »Wir besuchen jemanden, der dir helfen kann«, sagte Ella. »Oder hast du es dir überlegt und willst doch lieber deine Mutter anrufen?«
    Aus ihrem Mund klang diese Lösung noch peinlicher.
    »Nein«, gab ich barsch
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