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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray
Autoren: Katie Kacvinsky
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unsere Münder sich berühren.
    Ich versteife mich automatisch, aber dann schließe ich die Augen und neige mich zu ihr. Ich will ihre Lippen auf meinen schmecken und meine Gedanken betäuben. Mein Kuss ist wütend und hart. Vielleicht kann er den Schmerz auslöschen. Ich nehme ihr Gesicht zwischen die Hände und presse meinen Mund auf ihren, als wollte ich daran ersticken. Sie schmeckt nach Bier und Zigaretten und ihr Duft erinnert an eine ganze Parfümerie. Amber hält meine Wut für Leidenschaft, rammt mir die Zunge in den Hals und kratzt mit den Fingernägeln meinen Rücken herunter. Ich komme mir vor wie in einer Seifenoper. Jede Bewegung wirkt angestrengt und künstlich. Sie stellt komplizierte Dinge mit ihrer Zunge und ihren Händen an, dabei stöhnt sie wie kurz vorm Orgasmus, aber nichts davon ist echt.
    Mit einem Ruck stößt sie mich aufs Bett.
    Sie wirft mir ein verführerisches Lächeln zu, das mich völlig kalt lässt, löst ihren Pferdeschwanz und schüttelt sich die rückenlange Mähne ins Gesicht. Währenddessen liege ich rücklings auf dem Bett und komme mir vor, als hätte ich gerade eine außerkörperliche Erfahrung – mein Geist scheint unter der Zimmerdecke zu schweben, ich schaue auf mich herunter und frage mich, was ich hier eigentlich tue. Ein bildschönes Mädchen führt vor meinem Bett einen Balztanz auf und die Szene kommt mir so intim vor wie eine TV -Reklame.
    Ich will Amber nicht benutzen. Das geht einfach nicht. Es wäre nicht fair. Ich bin nicht auf der Suche nach einer neuen Freundin, um die Leere in meinem Herzen, meiner Seele und meinem Bett auszufüllen. Wenn man das Glück hat, bereits zu wissen, wen man will, kann man sich sämtliche bescheuerten Castings sparen, denn niemand wird je gut genug sein.
    Sie windet sich verführerisch aus ihrem Top und wirft es mir zu. Es landet auf meinem Bauch, wo es liegen bleibt. Ich rühre mich nicht, sondern betrachte sie nur.
    Kaum zu glauben, dass sie einen Striptease für mich aufführt.
    Der Holzboden vibriert von den Bässen in der unteren Etage und Rapmusik dröhnt bis zu uns herauf. Amber schwingt ihre Hüften und lehnt sich vor, sodass ich einen guten Blick auf ihre Brüste in dem schwarzen Spitzen- BH bekomme. Sie lässt sich langsam einen Träger von der Schulter rutschen und wartet darauf, dass ich grinse oder in Ohnmacht falle oder mich auf sie stürze, weil ich so sagenhaft angeturnt bin.
    Aber ihr Striptease hat den gegenteiligen Effekt. Ich fühle mich schmutzig, als würde ich Dylan betrügen. Verdammt. Ich kann einfach nicht. Also stehe ich auf und drücke ihr das Top in die Hand. Meine Finger zittern.
    »Amber«, sage ich, »es tut mir wirklich leid, aber wir sollten jetzt aufhören.«
    Ihre schwingenden Hüften erstarren und sie schaut mich ungläubig an.
    »Was?«
    Ich versuche keine Erklärung, halte ihr nur das Top entgegen und versuche, entschuldigend zu gucken.
    »Bist du schwul?«, fragt sie. Ich schüttele den Kopf, wundere mich aber nicht, dass sie auf diese Idee kommt. Normalerweise müsste ich inzwischen einen bombastischen Ständer haben.
    »Der Telefonanruf«, sage ich. »Das Mädchen, das mich sprechen wollte … « Ich verstumme, denn ich habe keine Ahnung, wie ich meine Gefühle und mein Verhältnis zu Dylan beschreiben soll.
    Sie presst die Lippen zusammen. »Na toll, sie ist deine Freundin.«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein«, sage ich. Dylan ist nichts dergleichen. »Aber ich liebe sie immer noch. Tut mir leid.« Amber starrt mich einen Moment an, dann schnaubt sie wütend, reißt mir das Top aus der Hand und zerrt es sich über den Kopf. Sie stürmt aus dem Zimmer und wirft mir die Tür vor der Nase zu, bevor ich noch etwas sagen kann. Ich beiße die Zähne zusammen, dann stampfe ich die Treppe hinunter. Überall auf den Stufen sitzen Paare und knutschen. Bubba hält anerkennend den Daumen in die Höhe, als er mich gleich hinter Amber kommen sieht, aber ich ignoriere ihn. Unsanft bahne ich mir einen Weg durch die tanzende Menge in unserem Wohnzimmer und marschiere nach draußen in die kühle Nachtluft.
    Ich komme mir vor wie ein Loser, ein Mistkerl und ein Freak und vor allem bin ich immer noch hoffnungslos verliebt in ein Mädchen, das bald nur noch eine Erinnerung sein wird. Draußen regnet es und es dauert nicht lange, bis ich mich mehrere Blöcke weiter mit tropfnassen Haaren wiederfinde und mir das Wasser aus den Augen wischen muss. Die Straße ist menschenleer. Ich lache selbstironisch und komme
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