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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür
Autoren: James Lear
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versank er wieder in seinen Träumereien.
    »Wer ist ›Whopper‹?«, fragte ich. Ich fand die englische Vorliebe für absurde Spitznamen einigermaßen irritierend.
    »Whopper Hunt. Rex’ Verlobte«, erklärte Boy.
    »Besser bekannt unter dem Namen Lady Diana Hunt, Tochter des Earl von Newington, einem guten Freund von Daddy«, fügte Belinda hinzu. »In der Schule nannten wir sie immer Whopper, weil sie so furchtbar gut im Hockey war und den Ball immer am weitesten schlug. Mit Whopper Hunt legt man sich besser nicht an, wenn sie gerade auf dem Kriegspfad ist.« Belinda rieb sich die Schienbeine, als erinnerte sie sich an lange verblasste Blutergüsse. »Damals war sie ziemlich angsteinflößend, aber Daddy meint, sie hätte etwas im Kopf. Und Rex ist schrecklich verliebt.«
    »Also wollen sie heiraten?«
    »Aber ja! Und ich werde die erste Brautjungfer sein! Sofern Boy nicht zuerst eine ehrbare Frau aus mir macht – in dem Fall werde ich einfach Trauzeugin.«
    Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass Boy dich zum Traualtar führt, dachte ich und schämte mich sogleich für meine Grausamkeit. An Boy war schließlich genug dran, um ihn zu teilen.
    »Meine Güte, Belinda, du machst Mitch ja ganz verlegen.«
    »Ach, komm schon, Boy. Mitch weiß, dass wir nur darauf warten, dass deine Eltern aus Indien zurückkehren …«
    Ich hatte keinerlei Bedürfnis, mehr über Boy Morgans Hochzeitspläne zu erfahren, und lenkte die Unterhaltung wieder auf Rex und seine walkürenhafte Verlobte.
    »Wie lange sind Rex und Diana denn schon ein Paar?«
    »Oh, schon ewig«, sagte Belinda. »Die waren schon im Sandkasten verliebt. Sie ist die Tochter einer erstklassigen Familie aus Lincolnshire, ihr Vater ist großartig. Wir haben immer gesagt, dass die beiden einmal heiraten. Ist das nicht wundervoll? Etwas so Wahres, Reines und Echtes, dass nicht mal die Zeit etwas daran ändern konnte.«
    Ich fragte mich, ob diese Bemerkung gegen Boy gerichtet war, der sich gerade unbehaglich auf dem Bett bewegte.
    »Ist Rex sehr verliebt?«
    Boy schnaubte.
    »Nun«, sagte Belinda und warf ihm einen bösen Blick zu, »ich würde Rex nicht gerade als Romantiker bezeichnen. Davon hält er nichts. Und sie auch nicht. In dieser Hinsicht sind sie ein ziemlich modernes Paar. Sehr sachlich.«
    Es klang in der Tat nicht nach einer sonderlich romantischen Angelegenheit, und ich hegte den Verdacht, dass für den ach so ernsthaften Rex Eagle geschäftliche und dynastische Erwägungen eine ebenso große Rolle spielten wie zärtliche Gefühle. Die Kaltblütigkeit der englischen Oberschicht erstaunte mich immer wieder; war ich verliebt, dann ließ ich nichts zwischen mich und das Objekt meiner Begierde kommen.
    »Und Miss Hunt war in Frankreich?«
    »Ja. Sie golft dort, glaube ich.« Belinda grinste ein wenig; offenbar hielt sie Golf nicht gerade für eine damenhafte Sportart. »Ich bedauere jeden, der ihren Bällen in den Weg kommt.«
    Boy warf mir einen Blick zu, der jegliche zweideutige Antwort verbat.
    »Sie muss eine recht unabhängige junge Dame sein.«
    »So ist Whopper nun mal.«
    All das brachte mich nicht weiter, auch wenn ich den Gedanken nicht loswurde, dass Sherlock Holmes schon längst das entscheidende Indiz aus Belindas unzusammenhängenden Erzählungen destilliert hätte.
    »Bitte verzeihen Sie mir meine Neugier, Miss Belinda, aber Boy erwähnte, dass Sie vorhin etwas gesehen hätten, das Ihnen … Kummer bereitete.«
    »Nun«, sagte sie mit einer Spur von Stolz, »ich habe ihn entdeckt, wissen Sie.«
    »Tatsächlich.«
    »Ja. Ich öffnete den Schrank, und er fiel mir entgegen. Ich war schon ganz stolz auf mich, dass ich ihn so schnell gefunden hatte, aber dann wurde mir klar, dass er … nun, tot war.«
    »Ja. Und dann haben wir Sie gefunden.«
    »Dem Himmel sei Dank.« Sie strahlte Boy an, der daraufhin rot wurde und nickte – welch ein bescheidener Held.
    »Fiel Ihnen da irgendetwas … Ungewöhnliches auf?«
    »Abgesehen von der Tatsache, dass sich im Wandschrank ein toter Gentleman befand, meinen Sie? Selbst in unserem Haus, Mr. Mitchell, ist das nicht gerade ein gewöhnlicher Vorgang.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Miss. Ich meinte damit, ob Ihnen abgesehen davon irgendetwas Sonderbares aufgefallen ist.«
    »Komm schon, Billie, sag Mitch, was du mir erzählt hast.«
    »Ich weiß nicht recht, Boy. Vielleicht habe ich mich ja getäuscht.«
    »Worum geht es, Miss Belinda?«
    »Ich glaubte, da wären – aber mittlerweile frage ich mich,
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