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Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Titel: Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
Autoren: Pia Engström
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Hoffnung, da das Heulen des Sturms ihre Stimme mit sich riss. “Bitte, ich brauche Hilfe! Hört mich denn niemand?”
    Und das alles hatte sie nur einem Menschen zu verdanken: Magnus Sund. Hätte er auch nur auf einen ihrer Anrufe reagiert, wäre sie überhaupt nicht gezwungen gewesen, persönlich nach Vattenfå hinauszufahren, um ihn aufzusuchen. Aber nach knapp einem Dutzend unbeantworteter Nachrichten und mindestens ebenso vielen E-Mails hatte sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Sie musste einfach mit ihm sprechen, ihn davon überzeugen, ihr zu helfen. Wenn er nicht einwilligte, war alles verloren.
    Ein Blitz zuckte ganz in der Nähe vom Himmel. Das Grollen des darauf folgenden Donners übertönte sogar das Heulen des Windes. Erneut traf eine mächtige Welle die Jennifer und trug das kleine Segelboot wie einen Spielball näher zu den Klippen hin.
    Jenny schrie auf.
    “Lass gut sein für heute, Magnus”, brüllte Fredrik gegen den Sturm an. Der alte Mann wischte sich mit dem Handrücken das Wasser aus dem von Wind und Wetter gegerbten Gesicht. Einzelne Tropfen verfingen sich in seinem grauen Bart und den buschigen Augenbrauen. “Bei einem solchen Unwetter jagt man nicht einmal einen Hund vor die Tür. Wir sind doch ganz gut vorangekommen.”
    Magnus ließ den Hobel sinken und schaute seinen Mitarbeiter und väterlichen Freund an. “Du hast recht. Mach ruhig Schluss für heute, ich komme hier auch allein zurecht.”
    “So war das aber nicht gemeint”, protestierte Fredrik sofort. “Du solltest ebenfalls Feierabend machen, hörst du? Wenn Magda erfährt, dass ich dich allein weiterarbeiten lasse, reißt sie mir den Kopf ab.”
    “Sie muss es ja nicht erfahren”, erwiderte Magnus lachend. “Und jetzt verschwinde schon. Ich verspreche dir, ich arbeite auch nicht mehr lange weiter. Nur noch ein paar Minuten.”
    Fredrik runzelte die Stirn, nickte aber. “Also gut, wir sehen uns dann morgen früh.”
    Nachdem Fredrik gegangen war, verblasste das Lächeln auf Magnus’ Lippen schlagartig. Er war ganz froh, endlich allein zu sein. So brauchte er wenigstens niemandem vorzumachen, dass es ihm gut ging …
    Magnus wusste natürlich, dass Fredrik recht hatte: Es war absolut unsinnig, bei diesem Wetter weiterzumachen. Obwohl das Baudock überdacht war, blies der Wind den Regen herein, und der nächste Arbeitsschritt – die Grundierung der Oberfläche der
Santa Maria
, eine Segeljacht, die ein reicher Industrieller in Auftrag gegeben hatte – durfte erst erfolgen, wenn das Material wieder vollständig getrocknet war. Er sollte auch Feierabend machen. Doch Magnus brauchte etwas, um seine Hände und seinen Kopf zu beschäftigen.
    Vor allem seinen Kopf.
    An Tagen wie diesen konnte er nicht verhindern, dass seine Gedanken in die Vergangenheit zurückwanderten. Er hörte dann wieder den Regen, der auf das Autodach trommelte, und sah, wie die Scheibenwischer sich abmühten, mit den vom Himmel stürzenden Wassermassen fertig zu werden. So, als wäre es erst gestern passiert. Als seien seitdem nicht bereits mehr als zwei Jahre vergangen.
    Noch heute schreckte er regelmäßig nachts aus dem Schlaf. Schweißgebadet. Schwer atmend. Und er glaubte noch immer, Sonjas Schrei in seinen Ohren nachklingen zu hören. So wie auch jetzt, in ebendiesem Moment.
    Magnus runzelte die Stirn. Der Schrei mischte sich mit dem Tosen der Brandung, die sich mit wütender Kraft gegen die felsige Küste der kleinen Schäreninsel warf. Ganz leise, gerade noch an der Grenze des Hörbaren.
    Litt er etwa an Wahnvorstellungen? Träumte er jetzt schon von Sonja, selbst wenn er hellwach war?
    Nein, ganz sicher nicht! Und das bedeutete, dass dieser Schrei eine andere Ursache haben musste.
    Alarmiert kletterte Magnus vom Deck der
Santa Maria
und lief zum Bootsanleger hinüber, der sich gleich neben der Dockanlage befand. Er war beinahe sicher, dass der Hilferuf vom Wasser her gekommen war. Am Ende des Stegs blieb Magnus stehen und suchte die Umgebung ab. Obwohl es gerade einmal kurz nach vier Uhr war, herrschten Lichtverhältnisse wie am späten Abend. Der Regen, der noch immer in dichten Schleiern vom Himmel fiel, verschlechterte die Sicht so sehr, dass zunächst nichts auszumachen war.
    Magnus stutzte. Hatte er sich diesen Schrei am Ende vielleicht doch nur eingebildet?
    Nein. Wie zum Beweis, dass er sich nicht getäuscht hatte, hörte er den verzweifelten Hilferuf erneut. Im selben Moment zuckte ein Blitz vom Himmel und tauchte die brodelnde See
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