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Dunkle Schwingen (German Edition)

Dunkle Schwingen (German Edition)

Titel: Dunkle Schwingen (German Edition)
Autoren: Nicole Henser
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nickte. „Dann steige jetzt auf die Fensterbank.“
    „Was hast du vor?“, fragte sie mit dem Jäger unisono. Die Situation war so grotesk, dass Ruben unwillkürlich lachen musste. Jetzt oder nie! „Spring!“
    Nach einem Moment des Zögerns stieß sie sich vom Fensterbrett ab, um sich in die Tiefe zu stürzen. Ruben nutzte seine Gabe, sich in Windeseile zu bewegen, und führte einen Scheinangriff gegen seinen Häscher. Der Dämon war abgelenkt und parierte mit seiner Waffe den Hieb. Doch bevor die Klingen sich berührten, verschwand das Schwert wieder in das Nichts, aus dem es gekommen war.
    Ruben dagegen sprang hinter Jeannie her. Sobald es der Platz zuließ, entfaltete er seine Schwingen und riss sie in seine Arme. Mit aller Macht schlug er mit den Flügeln, um gegen den Fall anzusteuern, und schaffte es so gerade, wieder in die Luft zu kommen. Nur um Haaresbreite verfehlten sie den Erdboden, der ihre Leiber zerschmettert hätte.
    Das war knapp! Ruben drückte die zitternde Jeannie an sich, während er wilde Haken schlug, um ihren Verfolger in die Irre zu führen. Dämonen konnten sich mittels Portalen, die sie am Ursprungs- und Zielort öffneten, ebenso schnell bewegen, wie er mit seinen Flügeln. Dazu war es aber von Vorteil, wenn sie wussten, wo es hingehen sollte, darum verfolgte Ruben eine Verwirrungstaktik. Schon bald konnte er den Jäger nicht mehr ausmachen und steuerte einen alten Kirchturm an, bei dem eine große Luke offen stand.
     

     
    „Verdammt!“, fluchte Jeannie, als sie unsanft auf dem Holzboden landeten. Ihr Aufprall hatte einen ganzen Schwarm Tauben aufgescheucht und war nur durch etwas Stroh abgefedert worden. Ruben hatte seine Flügel verschwinden lassen, als sie im Anflug waren, wohl weil sie sonst nicht durch die schmale Öffnung gepasst hätten.
    „Ich werde dich ab sofort Quax , der Bruchpilot nennen“, keuchte sie, denn ihr gefallener Engel lag in einer Ecke, wo ihn die Wand abrupt gebremst hatte. Er wirkte benommen und hatte eine Schnittverletzung am Kopf, die ihrer Meinung nach besser genäht werden sollte. Sein Körper musste sie abgefangen haben, denn sie selbst hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
    Seufzend betrachtete sie das hervorquellende Blut, dann schickte sie sich an, einen Fetzen ihres ramponierten Negligés abzureißen, um ihn wenigstens notdürftig zu verbinden. Hoffentlich hatte er sich nichts gebrochen.
    „Halt! Was tust du da? Du bist doch nun wirklich schon aufreizend genug gekleidet, findest du nicht?“, stöhnte er und ließ seinen brennenden Blick über ihren Körper schweifen.
    „Wie kannst du jetzt an so etwas denken, wo dir doch bestimmt der Schädel brummt?“ Jeannie riss einen Streifen ab, der ihren Oberschenkel weiter entblößte. Vorsichtig wickelte sie die Binde um seinen Kopf, damit wenigstens die Blutung zum Stillstand kam, doch schon während sie dies tat, verschloss sich die Wunde.
    Ruben schmunzelte offensichtlich über ihre Bemühungen, seine Hand legte sich auf ihr Hinterteil und knetete es sanft. „Eben, der Schädel liegt am anderen Ende meines Körpers. Das beeinträchtigt mich wenig ... Ich brauche deine Pflege, deine Nähe – dir scheint kalt zu sein.“ Seine Flügel tauchten wieder auf und er breitete sie nur soweit aus, dass er Jeannie damit vollständig umhüllen konnte. Zärtlich zog er sie in seine Arme und küsste sie.
    „Ich habe ein starkes Déjà-vu “, flüsterte Jeannie. So hatte es begonnen. Würde es auch so enden? „Wohin wirst du gehen?“
    Er verbarg sein Gesicht an ihrem Hals und schnupperte genüsslich. „Wenn es meine Entscheidung ist, werde ich dich niemals wieder verlassen!“ Ruben sah sie im Halbdämmerlicht unter dem Gefieder an und lächelte. „Wenn du mir verzeihen kannst. Ich bin schuld an den Dingen, die John dir angetan hat. Wäre ich nicht abgelenkt gewesen, hätte ich dir zur Seite gestanden, dann wäre es nicht so schlimm gekommen.“
    „Du warst mein Schutzengel?“ Jetzt verstand sie so einiges. Deshalb hatte sie ihn bestrafen müssen, denn sie war die Leidtragende seines Vergehens gewesen. Trotzdem konnte sie ihm nicht böse sein, er hatte sie auf jede erdenkliche Weise gerettet. „Kannst du denn bei mir bleiben?“ Sicher würden Himmel oder Hölle weiterhin Interesse an einem Engel anmelden. Wie sollten sie eine gemeinsame Zukunft haben?
    „Schau dir mal die Farbe meiner Federn an.“ Ruben grinste sie verschmitzt an und brachte ihr Herz wild zum Klopfen.
    „Sie sind grau!
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