Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
gemacht haben. Dann sammeln wir ihre Asche auf und bringen sie nach Hollywood.«
    »Sie war aber kein Grieche«, sagte Jinx.
    »Aber sie war so etwas wie eine Göttin, meint ihr nicht?«, entgegnete Terry.
    »Sie war ein Mädchen, das am Fluss aufgewachsen ist. Außerdem war sie ziemlich hübsch und ist irgendwann zusammen mit einer Nähmaschine im Wasser gelandet«, sagte ich. »Terry, du bist verrückt. Wir können sie nicht ausgraben und in Brand stecken, um ihre Asche nach Hollywood zu bringen.«
    »Es geht mir ums Prinzip«, sagte Terry.
    »Was soll das denn heißen?«, fragte Jinx.
    »Ihr bedeutet das natürlich nichts mehr, da habt ihr recht. Wenn man tot ist, vergeht einem die Lust an so ziemlich allem. Das weiß ich nur zu gut. Ich hatte mal einen Hund, der gestorben ist, und da hab ich gebetet, dass er wieder ins Leben zurückkehrt, aber das hat nicht geklappt. Irgendwann dachte ich, dass Gott ihn wieder lebendig gemacht hat, ohne ihn aus seinem Loch rauszulassen. Alsohab ich ihn ausgegraben. Bloß war er da immer noch tot, und besonders gut hat er auch nicht ausgesehen.«
    »Das hätt ich dir vorher sagen können«, murmelte Jinx.
    »Schließlich will keiner von uns unbedingt hierbleiben«, sagte Terry.
    »Wohl wahr«, sagte Jinx. »Wenn ich nicht irgendwann abhaue, putze ich den Rest meines Lebens Kindern den Arsch ab, mache die Wäsche und koche irgendeinem Suffkopf das Essen. Und wenn mir das bevorsteht, dann kann ich mir genauso gut wie Mrs. Baxter ein Hemd um den Kopf wickeln und ins Wasser gehen.«
    »Sag nicht so was!«, fauchte ich sie an.
    »Zu spät.«
    »Dann sag’s nicht noch mal.«
    »Hier versauern wir doch eh nur«, sagte Terry. »Wie sollte hier auch etwas aus uns werden? Wenn wir hierbleiben, werden wir nie unser ganzes Potential entfalten können. Mir gefällt die Vorstellung, May Lynns Asche nach Hollywood zu bringen und sie dort zu verstreuen. May Lynn war selbst äußerst abenteuerlustig, und ich glaube, in wenigen Monaten wäre sie von hier weggegangen.«
    »Hätte sich mal besser beeilen sollen«, sagte Jinx.
    »Aber wir können von hier weggehen«, fuhr Terry fort. »Wir müssen nur die Gelegenheit ergreifen. Gemeinsam schaffen wir das. Wir können einander helfen, unsere Ziele zu erreichen!«
    »Du brauchst eindeutig eine ordentliche Mahlzeit und etwas Schlaf«, sagte ich und sah ihn an.
    Terry schüttelte den Kopf. »Nein. Ich brauche eine Schaufel und Freunde, die mir beim Graben helfen. Dann verbrennen wir sie zusammen mit den Zeitschriften. Als symbolischen Akt.«
    »Symbolisch?«, fragte Jinx.
    »Dann tun wir die Asche in ein Einmachglas …«
    »Ein Einmachglas?«, fragte Jinx.
    »In irgendein Gefäß eben. Und dann lassen wir uns den Fluss hinunter bis zu einem größeren Ort treiben, nehmen einen Bus und machen uns auf den Weg nach Hollywood.«
    »Einen Bus?«, fragte Jinx.
    »Hör auf, den Papagei zu spielen«, sagte Terry zu Jinx und runzelte die Stirn.
    »Klingt alles ziemlich verrückt«, sagte ich.
    »Lieber etwas Verrücktes tun, als auf ewig hierbleiben«, entgegnete Terry.
    »Ganz meine Meinung«, sagte Jinx.
    Beide starrten mich an – offenbar warteten sie auf meine Zustimmung.
    »Lasst mich drüber nachdenken«, sagte ich.
    »Ich kenne dich doch«, erwiderte Terry. »Du wirst es gar nicht erst in Erwägung ziehen. Das sagst du nur, damit ich den Mund halte.«
    »Während du darüber nachdenkst«, sagte Jinx, »werden ich und Terry May Lynn zusammen mit den Zeitschriften anzünden, und bis du dich so oder so entschieden hast, sitzen wir längst im Boot, vielleicht in einem ohne Leck, und sind mit der Asche unterwegs nach Hollywood.«
    »Eins weiß ich«, gab ich zu bedenken, »der Sabine River fließt nicht nach Hollywood.«
    »Ja, aber irgendwie kommen wir da schon hin«, sagte Terry. Ich konnte geradezu sehen, wie sich das Räderwerk in seinem Kopf drehte.
    Er hob den Kopf, und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. »Die Schaluppe«, sagte er. »Wir könnten die Schaluppe nehmen. Die ist groß genug, um darauf zu wohnen.«
    »Aber sie ist zu groß, um an den Flussengen durchzukommen«, erwiderte Jinx. »Da ist es besser, wir flicken das Boot oder besorgen uns ein anderes.«
    »Ich möchte wetten, dass wir auch die Flussengen überwinden können, wenn wir uns nur ordentlich anstrengen«, sagte Terry.
    »Die Schaluppe, wie du sie nennst, ist nicht mehr als ein Floß«, wandte ich ein.
    »Damit könnten wir sogar abends am Ufer anlegen und darauf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher