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Dunkelerde: Gesamtausgabe

Dunkelerde: Gesamtausgabe

Titel: Dunkelerde: Gesamtausgabe
Autoren: Alfred Bekker
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Aufgabe...”, murmelte Pet vor sich hin. „Wenn ich nur wüsste, was für eine blöde Aufgabe das überhaupt sein soll.”
    „Nun, vielleicht... Rettung der Welt?”
    „Ja, klar: Pet, der große Weltenretter. Das hat mir gerade noch gefehlt.”
    „In der Tat, das hat es!”
    Jetzt lachten sie beide wie über einen gelungen Scherz, aber wirklich froh klang das nicht. Sie starteten damit nur den untauglichen Versuch, doch noch Abstand von allem zu gewinnen. Aber dann starrte Pet auf das Buch in seinen Händen und er schlug es wieder auf.
    Wie unter Zwang.
    „Die Aufgabe!”, sagte er dabei tonlos. „Was für eine beschissene Aufgabe meint der eigentlich?”
    „Willst du wieder... vorlesen?”, fragte Jule bang.
    „Von Wollen kann keine Rede sein: Ich MUSS! Es ist das Buch, glaube ich, oder die darin eingefangenen Gedanken meines Ahnen, der mich über das Buch dazu zwingt. Ich soll seine Gedanken denken.”
    „Und dann?”
    „Dunkelerde!”, sagte Pet und seine Augen weiteten sich. „Ich - ich verstehe endlich, was das bedeutet: Dunkelerde, das ist der Schatten unserer Erde.”
    „Liest du das schon vor oder was?”
    „Ja, ja, Jule, ich habe es hier gelesen. Es steht in der Geheimschrift geschrieben, aber ich übersetze es für dich: Dunkelerde, das ist der Schatten unserer Erde. Folglich dürfen wir unsere Erde Hellerde nennen.
    Wir haben es herausgefunden und auf einmal erscheint es uns nicht mehr schwierig, Dinge zu schaffen, wie aus dem Nichts. Denn wir haben nicht nur die Existenz von Dunkelerde erfahren, sondern auch, in welchem Verhältnis sie zur hellen Erde steht: Dunkelerde ist der Schatten von allem! Ja, genauso kann man es beschreiben: Jedes lebende oder tote Objekt auf Erden, sogar die Erde selbst... Sie werfen einen Schatten. Nicht den normalen Schatten, den es gibt, wenn man vor einer Lichtquelle steht, sondern wir werfen eine andere Art von Schatten... in eine andere Welt. Eine Art Schattenwelt. Deshalb haben wir sie spontan Dunkelerde genannt. Doch während die Hellerde, also unsere Erde, lebt, ist Dunkelerde tot. Eben nur der Schatten der Wirklichkeit, nicht mehr und auch nicht weniger. Der tote Schatten, wie dein Schatten vor dir auf dem Steinpflaster, während die Sonne in deinem Rücken steht.
    Die erste Frage, die uns beseelte: Wäre es möglich, einen solchen Schatten zu beleben?”
    Pet brach ab. Er starrte auf die für Jule leeren Seiten, mit großen, schreckgeweiteten Augen, aber er sagte nichts mehr.
    „Was ist, Pet?”, drängte Jule. „Lies doch weiter. Ich will wissen, was es mit dieser Dunkelerde  auf sich hat. Existiert sie noch? Sind die Alchimisten damals etwa... dorthin verschwunden? Aber wieso bezeichnet dein Vorfahr dies als Katastrophe? Für wen war es eine Katastrophe? Nur für die Alchimisten? Oder auch für uns? Und in wie fern?”
    Endlich löste Pet seinen Blick aus dem Buch und schaute Jule an. Sie brach mitten im Wortschwall ab.
    „Ich - ich kann nicht weiterlesen”, behauptete er.
    „Wie bitte?”
    „Ich kann nichts mehr sehen. Ich kann nichts mehr verstehen.”
    „Aber wieso?”
    „Vielleicht hat mich dies alles zu sehr angestrengt? Es ist so eine Art Magie und sie ermüdet mich stark. Ja, so wird es sein.”
    „Du lügst!”, stellte Jule beleidigt fest.
    „Wie?”
    „Ich kenne dich gut genug, Pet, um dir an der Nasenspitze anzusehen, dass du lügst. Du warst schon immer ein besonders lausiger Lügner, glaub mir.”
    „Nein, Jule, wirklich, ich lüge nicht.”
    „Was verheimlichst du mir? Was hast du gelesen, was du mir nicht mitteilen willst? Und warum verschweigst du es mir? Willst du mich verschonen? Das geht nicht. Schon vergessen? Ich bin die Auserwählte oder so...”
    „Tut mir leid, Jule, wirklich, aber wir müssen jetzt aufhören damit. Es geht nicht mehr. Ich kann nicht mehr.” Demonstrativ klappte er das Buch zu und erhob sich.
    Jule schaute ihn zweifelnd an.
    „Pause?”
    „Ja, Pause! Wir machen dann morgen weiter, nach der Schule.”
    „Du kommst morgen zur Schule - nach alledem?”
    „Wieso nicht? Die Aufgabe läuft mir nicht davon, gewiss nicht. Obwohl es mir lieber wäre, ehrlich.“
    Sie schürzte nachdenklich die Lippen. „Also gut, einverstanden.” Auch sie stand jetzt auf. Beide gingen in Richtung Dachluke, um nach unten zu steigen.
    Kurz hielt Jule inne: „Du versprichst mir hoch und heilig, dass du ohne mich nichts unternimmst?”
    „Großes Ehrenwort!”, versprach Pet.
    Der lügt, wenn er nur den Mund auf
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