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Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde

Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde

Titel: Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
Autoren: Jo Clayton
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des Lichts.« Der Tenor vibrierte weich und kraftvoll. Es war unmöglich zu bestimmen, welche der dunklen Gestalten sprach.
    »Vater des Lichts«, stöhnte das Tier. Der Geruch des Weihrauchs wurde stärker, als er an Tuli vorbei ins Freie zog und ihr schwindelig werden ließ, obgleich sie nicht ein Zehntel der Menge mitbekam, die die Anhänger inhalierten.
    »O Strahlender, Reiner.«
    »Oh, Strahlender, REINER.« Ein ekstatisches Stöhnen.
    »Brenne uns rein.«
    Draußen in der Dunkelheit empfand Tuli die Anziehungskraft des Gesangs, die aufgeheizte Intensität des vielkehligen Tieres, und Wolken des drogendurchsetzten Rauchs milderten ihren Ekel. Wieder und wieder wurden die Sätze angestimmt und beantwortet, bis sie sich in ihr Denken fraßen, und sie spürte, wie sie mit dem Tier zusammen atmete, die Worte lautlos mitsprach, bis ihr Herz mit dem seinen schlug. Voller Entsetzen begriff sie, was geschah, wandte ihr Gesicht von der Ritze, legte ihre Wange an das gesplitterte Holz und sog tief die kalte Nachtluft ein. Sie roch nach Dung und feuchtem Getreide, nach dampfender Erde und schalem Wasser, nach ungewaschenen Macain und faulendem Fisch – und Tuli genoß all diese Gerüche. Sie waren real und vernünftig und gemahnten an das Leben selbst, eine machtvolle Schranke gegen den Irrwitz, der in dem Kornspeicher vonstatten ging. Ihr fiel auf, daß der Gesang abgebrochen und dem Geräusch kleiner Trommeln gewichen war. Sie war nicht in der Lage, ihre angestachelte Neugier zu bezähmen und blickte erneut durch den Holzspalt. Eine dritte Gestalt (sie zog die Nase kraus, als sie den Mann erkannte) stand vor dem Becken. Er hielt die Handgelenke auf dem Herzen verschränkt und spreizte die Finger wie weiße Flügel. Die Meßdiener knieten, einer zur Rechten, einer zur Linken, wie schwarze Buchstützen (sie mußte bei dem Gedanken ein Kichern unterdrücken) und schlugen die kleinen Trommeln, wobei ihre Finger immer noch unter den überlangen Ärmeln verborgen blieben.
    »Agli, Agli, Agli«, sangen die Anhänger, während die Meßdiener den Rhythmus immer schneller schlugen, sie antrieben und immer heftiger drängten, bis der massige, alte Kornspeicher um die gelassene, magnetische Gestalt des Aglis zu schwanken schien.
    Tuli beobachtete voller Grauen, wie Leute, die sie kannte und zum Teil zu ihren Freunden zählte, zu heulen und auf sich selbst einzuschlagen begannen, sich an den Haaren rissen und wilde, heisere Schreie ausstießen, die blutigen Kehlen entrissen schienen, sich wie rasend hin- und herwiegten, stürzten und sich auf dem Boden wälzten – und mitten drin ihre Schwester.
    Die Trommeln verstummten. Das Stöhnen erstarb. Einer nach dem anderen bekamen die Anhänger ihre Körper wieder in die Gewalt und setzten sich auf.
    Der Agli breitete die Hände weit aus, so daß seine Ärmel wie schwarze Flügel herabhingen. Die Meßdiener stellten ihre Trommeln zur Seite, und jeder führte die verborgenen Hände mit einander zugewandten Handflächen vor der Brust zusammen und saß wie eine Ebenholzstatue, während der Agli sprach.
    »Gedenkt eurer Sünden, o Söhne des Bösen.« Er sprach leise, seine wohlklingende, warme Stimme streichelte die Zuhörer. »Gedenkt eurer Sünden!« Diesmal kamen die Worte lauter. »Gedenkt eurer Sünden!« Jetzt erfüllten die sonoren Töne den Raum. Die Anhänger stöhnten und wanden sich vor Scham. Plötzlich wirbelte er herum, kehrte ihnen den Rücken zu, wandte sich von ihnen ab, hielt eine Hand theatralisch auf die Flamme gerichtet und die andere hoch über den Kopf. »Seht dieses Licht, oh, die ihr Finsternis im Herzen tragt!« Er schoß mit strengem Gesicht und anklagend auf sie gerichtetem Finger herum. »Sehet das Licht und wisset euch selbst mit Finsternis angefüllt. Soäreh von der Flamme ist Licht, ist Reinheit, ist alles was gut, wahr und wertvoll ist. Soäreh ist euer Vater, ist die läuternde Flamme. Seid geläutert, die ihr euch die Anhänger vom Soäreh nennt. Brennt den Schmutz von euren durchtränkten Seelen, ihr Söhne des Bösen. Schleudert den Schmutz hinaus in die Finsternis, vertreibt die Hexe, die euch verdirbt.« Tuli schauderte und war derart von Furcht erfüllt, daß ihr fast übel wurde. Er sprach von der Jungfrau. Wie konnte er so etwas sagen, wie konnten die anderen es mitanhören? Und wie konnte Floarin, die Doamna-Regentin, so etwas ... so etwas ... sie konnte nicht die richtigen Worte finden ... unterstützen?
    Finster beobachtete sie die weiteren
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