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Du Durchschaust Mich Nicht

Du Durchschaust Mich Nicht

Titel: Du Durchschaust Mich Nicht
Autoren: Farid
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eigentlich nur Chinaböller, dafür die größten, die ich bekommen konnte.« Er lacht.
    Mir kann er nichts vormachen, ich weiß aus seiner Biographie, die er im Jahr 2000 veröffentlicht hat, dass er bereits als Kind mit Elektronik- und Chemiebaukasten hantiert und mit selbstgemixtem Schwarzpulver Versuche unternommen hat, um Raketen steigen zu lassen. Ich erinnere ihn an seinen ersten Geldübergabe-Plan, für den er eine batteriebetriebene Seilwinde gebaut hatte, die er auf dem Grund eines Gewässers befestigen wollte. Wenn ich mich recht erinnerte, sollte ein wasserdichter Elektromotor eine Kabeltrommel antreiben, die eine Litze aufwickelt, an deren Ende der Übergabebehälter befestigt war, der wiederum an einem Bootssteg befestigt sein sollte … Es gab eine feine Konstruktion, die dem Geldboten vortäuschen sollte, dass der Behälter mit dem Geld unter Wasser zum gegenüberliegenden Ufer gezogen wurde. In Wahrheit wollte Dagobert den Behälter zur Seite führen und am Grund des Gewässers deponieren, bis er ihn abholen käme. Welch ein magischer Plan! Das Verschwinden eines geldbefüllten Behälters mittels Ablenkung im wörtlichen Sinne!
    Aber Arno Funke ist zu bescheiden, um vor mir mit solchen Ideen und technischen Meisterplänen zu glänzen. Er lehnt auch dankend ab, als ich ihn frage, was er noch trinken und ob er vielleicht etwas essen möchte. Nicht mal einen zweiten Kaffee bestellt er, obwohl wir uns inzwischen eine Stunde lang angeregt miteinander unterhalten. Meinen Flieger lasse ich allein losfliegen. Ich will gern mehr erfahren über diesen Menschen, dessen Ideen und Konstruktionen so viel Ähnlichkeit haben mit solchen, wie wir Magier sie entwickeln.
    Da wäre zum Beispiel das »automatische Funkgerät« am Rande eines Parks, das er an einem Baum befestigte und erst mit Styropor umhüllte, später mit einem Holzkasten, um es wie einen Aststumpf bzw. Holzpfahl aussehen zu lassen.
    Oder die Sache mit der Streusandkiste: »Auf die Idee mit einem ›doppelten Boden‹ unter einer Streusandkiste war ich im April 1993 nach einem heiteren philosophischen Gespräch mit einem Freund gekommen. Wir hatten uns darüber unterhalten, dass vieles im Leben einfach nur Illusion sei. Und dass das Geschäft von Politikern, Schauspielern, Heiratsschwindlern, Schönheitschirurgen und Zauberkünstlern das Täuschen ist und ihnen die menschliche Wahrnehmung dabei noch entgegenkommt. Die meisten sehen und hören doch sowieso nur, was sie auch sehen und hören wollen. Und dann stellte ich mir vor, wie ich die Polizei bei der nächsten Geldübergabe wie ein Zauberkünstler überraschen würde.« Er grinst mich an.
    Dann erzählt er weiter: »Nur bei den Geldübergaben kreuzte mein Weg den der Polizei. Wenn du dir das in Linien denkst, dann ging es darum, den Schnittpunkt unkenntlich zu machen. Und ich kam auf die Idee, dass wir uns auf verschiedenen Ebenen befinden könnten, ich unten, die Polizei oben. Eine Kiste mit doppeltem Boden, wie bei einem Zauberkunststück. Und dann kam der Geistesblitz: eine Streusandkiste! Den Polizisten würde so eine Kiste niemals verdächtig vorkommen. Denn die würden nicht damit rechnen, dass ich unter der Kiste im Kanalsystem hocke. Mich hat diese Idee wie elektrisiert, kannst du dir das vorstellen, Farid?«
    Und ob ich das konnte, solch eine komplexe und spannende Aufgabe, das war wie bei meinen Ideen. Als ich einen Passanten schweben und verschwinden lassen wollte, habe ich auch wie besessen an der Lösung gearbeitet.
    Arno Funke fuhr damit fort, dass er fieberhaft nach dem passenden Ort suchte. »Ich fand ihn endlich, einen Regenwasserkanal in einer Neubausiedlung in Gropiusstadt. Und auch einen Kanaldeckel am Rande eines begrünten Parkplatzes, das Verbindungsstück zwischen unten und oben. Der Boden um den Deckel herum war aus Beton, alles perfekt. An einem Freitagnachmittag besorgte ich mir Schubkarre, Fertigbeton, Schaufel, Eimer, Besen und Absperrband und bin wie ein Bauarbeiter gekleidet wieder dorthin. Den Kanaldeckel ersetzte ich durch einen selbstgefertigten aus Holz, den ich von unten leicht öffnen konnte. Ich füllte, wo nötig, kleine Steinchen auf und gab eine dünne Schicht angerührten Beton darauf, das Wasser hatte ich mir praktischerweise und unbemerkt bei einer nicht weit entfernten Baustelle besorgen können.
    Am nächsten Tag war ich wieder Kunde in einem Baumarkt und zimmerte danach die Streusandkiste, am Boden mit einer Klappe versehen, die mit einem
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