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Drunter und Drüber

Titel: Drunter und Drüber
Autoren: Susan Andersen
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merkte, dass in J.D.'s Hütte zwei Menschen miteinander sprachen. Gefangen in ihrem eigenen wütenden inneren Dialog achtete sie zunächst nicht auf die Worte. Als jedoch eine ihr fremde Stimme etwas von erschießen sagte, wurde sie schreckensstarr. O Gott, was war da los?
    Sie wusste, dass sie Hilfe holen sollte, und schlich rückwärts. Dann jedoch zog die Neugier sie statt in Richtung des Hotels zum hinteren Fenster des Wohnraums. Die Hütte stand ein wenig erhöht, so dass sie selbst, als sie sich auf ihre Zehenspitzen stellte, nur einen kleinen Teil des Zimmers sah. Sie entdeckte J.D. und einen Mann, der mit dem Rücken zu ihr stand.
    Das Fenster stand offen und als J.D.'s Stimme die spannungsgeladene Stille unterbrach, drang sie mit einer Klarheit an ihr Ohr, die sie zusammenfahren ließ.
    »Ach, verdammt, Butch. Dann hast du also tatsächlich diesen Laden überfallen?«
    »Gina hatte mich mal wieder kurz gehalten«, erklärte der andere Mann mit beleidigter Stimme. »Du weißt ja, wie sie ist – ich konnte sie unmöglich fragen, ob sie mir Geld für Bier gibt.«
    »Also bist du stattdessen mit der Waffe in der Hand in einen Supermarkt gegangen, in dem du ständig Kunde bist, und hast ihn überfallen?«, fragte J.D. mit ungläubiger Stimme. »Um Himmels willen, ist dir eigentlich klar, was du mir gerade erzählst? Du hast einen Mann erschossen .«
    »Es hätte nicht dazu kommen müssen! Er hat mich praktisch dazu gezwungen. Der Typ hätte mir ja einfach die Kohle rüberschieben können, aber nein, er musste ja unbedingt den Helden spielen. Man hätte denken können, es wäre seine eigene Knete, so fest entschlossen war der, sie zu behalten. Wenn du mich fragst, hat er regelrecht darum gebeten, dass ihn jemand erschießt.«
    Dru rann ein Schauder über den Rücken, als hätte sie etwas Unheimliches berührt.
    J.D. murmelte angewidert: »Ach du große Scheiße.«
    »Fahr zur Hölle, Carver!«, schnauzte Butch ihn an, machte drohend einen Schritt nach vorn, blieb jedoch wieder stehen und Dru merkte, wie seine Haltung einen Teil der Angespanntheit plötzlich wieder verlor.
    »Weißt du, ich habe dich immer gemocht. Aber ich bin es einfach leid, dass du immer den Saubermann hervorkehrst. Als würde deine Scheiße nicht stinken, J.D.«
    Sein Lachen klang alles andere als sympathisch. »Und eigentlich steckst du bis zu deinem selbstgerechten Hals genau mit in dieser Scheiße drin. Du hast mir ein Alibi gegeben, Kumpel – dadurch hast du dich mitschuldig gemacht. Wie gefällt dir das? Das nennt man, glaube ich, Ironie des Schicksals.«
    »Tja, weißt du, Butch – ich habe ein wenig darüber nachgedacht, was bei uns als Freundschaft oder Loyalität bezeichnet wird, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine Freundschaft ist, wenn man Jahre später zur Erwiderung eines alten Gefallens gezwungen wird.«
    »Das sehe ich anders, Kumpel.«
    »Ach ja? Dann guck doch mal, wohin uns dieser Mist gebracht hat. Als du den Bullen erzählt hast, du wärst mit mir zusammen gewesen, habe ich dir nur deshalb nicht widersprochen, weil ich das Gefühl hatte, ich wäre dir noch etwas schuldig.«
    »Und ob du mir was schuldig warst. Schließlich habe ich dir mal das Leben gerettet.« »Ja, das stimmt. Und denk nicht, das wüsste ich nicht ausreichend zu schätzen. Aber seit ich Seattle verlassen habe, bin ich mit Menschen zusammen, die einander wirklich lieben und sich umeinander kümmern. Und soll ich dir was sagen? Sie scheinen keine Strichliste zu führen, wer wann was für wen getan hat. Ich glaube, dass eine echte Freundschaft darin besteht, den schwierigeren Weg zu wählen und sich zu weigern, für seinen Freund zu lügen, wenn er eine Sache verbockt hat. Wenn ich den Bullen sofort gesagt hätte, dass wir nicht zusammen waren, fiele es dir jetzt eventuell nicht so verdammt leicht, eine Pistole auf mich zu richten, um mich genau wie den Verkäufer in dem Laden zu erschießen.«
    O Gott, o Gott. Als ihr klar geworden war, dass der Mann in J.D.'s Hütte höchstwahrscheinlich der war, der sich an seinem Kanu und seinem Wagen zu schaffen gemacht hatte, hätte sie sofort Hilfe holen sollen. Jetzt hatte sie Angst, J.D. könnte in der Zwischenzeit etwas Schreckliches passieren. Sie spähte um sich, entdeckte einen großen, halb in der trockenen, harten Erde unter dem Fenster vergrabenen Stein, ging in die Hocke und scharrte geräuschlos mit einem kleineren Stein daran herum.
    Butch schnaubte verächtlich. »Du meinst, dass dein
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