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Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Titel: Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
Autoren: Jackson Pearce
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während er sie behutsam berührt. Er lässt die Hand sekundenlang auf ihnen liegen, und seine Fingerspitzen berühren eine blaue Rose. Sein Gesichtsausdruck hat etwas Festes, als zwinge er sich dazu, seine Gefühle zu unterdrücken. Dann tritt er zurück und wendet sich ab, um den Wintergarten durch die Tür zu verlassen, die am weitesten von mir entfernt ist.
    »Warte, sag mir doch einfach, wer du bist!«, rufe ich hinter ihm her. Was soll die ganze Heimlichtuerei eigentlich? »Ich weiß nicht, was daran so schwer sein soll. Ich wünschte, du würdest mir einfach antworten!« Ich werfe die Hände hoch und mache Anstalten, in die Küche zurückzukehren. Typen!
    Ich höre, wie der Junge tief Luft holt, dann stößt er ein halbherziges Lachen aus, als ich bereits den Flur entlanggehe.
    »Wie du wünschst«, murmelt er.
    Ich drehe mich um.
    Das kenne ich. Etwas daran kenne ich.
    Ich kehre zur Wintergartentür zurück. Der Junge steht immer noch am anderen Ende des Raums. Mein Blick fliegt zu Lawrence hinüber, der mich mit einem hoffnungsvollen Schimmer in den Augen beobachtet.
    »Das kenne ich«, sage ich. »Den Spruch schon, dich nicht. Aber irgendwas kommt mir bekannt vor.« Ich mache einen Schritt in den Wintergarten, und der Duft von Honig und Gewürzen umgibt mich. »Ich kenne das alles«, murmele ich. Irgendetwas Seltsames ist hier im Gang, und es ist, als hätten Lawrence und dieser Fremde Erinnerungen an die Oberfläche gezerrt, die versteckt waren, verschleiert, wie die Erinnerung an einen Traum. Je mehr Mühe ich mir gebe, mich zu erinnern, desto ungreifbarer wird die Erinnerung.
    »Ich kenne …« Meine Stimme zittert etwas vor Verwirrung. Lawrences Blick schießt zwischen dem Jungen und mir hin und her. »Ich kenne … Caliban . Irgendwas namens Caliban .« Caliban? Was ist ein Caliban? Warum kann ich mich eigentlich nicht erinnern?
    »Ja«, sagt der Junge atemlos und kommt ein paar Schritte näher.
    »Und …« Da ist noch etwas. Da ist noch mehr – was ist es? »Und … der Jahrmarkt. Und Lawrence und ich, unser Lagerfeuer vor ein paar Wochen. Ich würde fast sagen, du warst da …«
    »Ja.« Er macht noch einen Schritt. Ich bleibe, wo ich bin.
    »Und …« Ich zögere.
    »Da ist noch mehr«, sagt der Junge.
    »Das war’s. Das ist alles, woran ich mich erinnere«, antworte ich kopfschüttelnd. Ich blicke auf den Rosenstrauß hinunter, der immer noch auf dem Tischchen liegt. Als ich wieder aufsehe, stelle ich fest, dass die Augen des Jungen mit unfassbarer Intensität auf mich gerichtet sind. Es sind seltsame Augen, fast wie die eines Tieres – eines Hirschs oder Wolfs vielleicht. Er streckt mir eine Hand entgegen, die Handfläche nach oben gedreht.
    »Das ist alles, woran ich mich erinnere«, wiederhole ich, aber meine Stimme ist inzwischen zu einem Flüstern geworden. Da ist noch mehr, ich weiß genau, dass da noch mehr ist, nur komme ich einfach nicht dran. Ich betrachte die Hand des Jungen und stelle fest, dass meine eigene Hand sich hebt, ohne dass ich es vorgehabt hätte. Der Junge beobachtet erwartungsvoll, wie meine Finger sich seinen nähern.
    Ich kenne ihn nicht.
    Meine Hand berührt die seine. Er schließt die Finger um meine und kommt einen Schritt näher. Warum tue ich das? Ich kenne ihn nicht. Er sieht hinunter in meine Augen, als lese er etwas von der Hinterseite meiner Iris ab. Dann greift er mit der freien Hand nach meiner anderen Hand.
    Ich schüttele den Kopf. Ich kenne ihn nicht. Aber seine Augen sind tief, und seine Haut ist weich …
    »Viola«, sagt er, und seine Stimme ist so leise, dass ich ihn fast nicht verstehe.
    Ich atme scharf ein.
    »Dschinn.«
    Das Wort kommt als ein hoffnungsvolles Flüstern aus mir heraus. Dschinn. Ich kenne es, ich kenne das alles. Ich erinnere mich. Gefühle, Überlegungen und Erinnerungen krachen in meine Gedanken hinein, so strahlend und so überwältigend, dass ich kaum atmen kann.
    Ich schnappe nach Luft. »Dschinn«, wiederhole ich, aber dieses Mal klingt es flehentlich.
    Dschinns besorgter Gesichtsausdruck verfliegt, und er legt beide Arme um mich. Ich vergrabe das Gesicht in der blauen Seide seiner Ifrit-Uniformjacke. Lawrence stößt einen zufriedenen Seufzer aus, als Dschinn mir mit einer Hand übers Haar streicht, und ich lache, denn wenn ich es nicht täte, würde ich schluchzen.
    Es dauert mehrere Sekunden, bevor ich wieder sprechen kann. »Ich hab dich tatsächlich vergessen«, sage ich zwischen zwei unsicheren
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