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Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Titel: Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
Autoren: Jackson Pearce
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könnten meine Emotionen durch den Pinsel rutschen, um aufgehellt, abgedämpft, manipuliert oder versteckt zu werden. All das mit Lawrence, mit dem Unsichtbarsein, dem Dazugehörenwollen … ich kann all das auf der Leinwand ausdrücken, auf eine Art, wie ich es niemals aussprechen könnte. Wenn die Leute sich nach meinen Bildern erkundigen, liefere ich ihnen irgendeine abstrakte Erklärung, aber in Wirklichkeit brülle ich die Aussagen über mich selbst in Acrylfarbe heraus.
    Der Dschinn beobachtet mich – ich spüre seinen Blick, der auf mir ruht. Ich hole tief Atem und versuche meine Nerven zur Ruhe zu zwingen, denn ich will nicht, dass er mich so sieht, diese emotionale Seite, die zum Vorschein kommt, wenn ich male. Es ist, als ob er mich beim Ausziehen beobachten würde. Als ich mich nach ihm umdrehe, hat er einen seltsamen Ausdruck im Gesicht.
    »Tut mir leid«, sagt er leise und so schnell, dass es mir vorkommt, als hätte er vergessen, mir gegenüber ungeduldig zu sein. Es überrascht uns beide, und ich glaube, wenn seine Haut etwas heller wäre, würde er jetzt rot werden. Der Dschinn sieht einen Augenblick lang fort und dann mit einer hochgezogenen Augenbraue zu meinen Bildern hin. »Du könntest dir wünschen, eine bessere Malerin zu sein, weißt du«, sagt er mit Nachdruck.
    Ich schüttele den Kopf. »Es kommt nicht drauf an, gut zu sein. Es kommt auf die … Leidenschaft an.«
    Ihm fällt die Kinnlade herunter, als wollte er etwas sagen, doch dann schließt er den Mund wieder. Ich habe das unbestimmte Gefühl, ihn gerade beeindruckt zu haben, und versuche mir die Befriedigung darüber nicht anmerken zu lassen.
    Stattdessen wende ich mich der Leinwand zu. »Sieh mal, wenn ich einen Wunsch habe, werde …«
    »Mit wem redest du?«, unterbricht mich eine Stimme. Es ist nicht die des Dschinns.
    Ich fahre herum und sehe Lawrence in der Tür des Kunstsaals stehen, eine Rolle Verlängerungskabel über dem Arm und einen verwirrten Ausdruck im Gesicht.
    Peinlicher Moment Nummer eins für heute.
    »Ich …« Ich versuche nicht zu dem Dschinn hinüberzuspähen, dessen Blick geradezu auf mir lastet.
    Lawrence kann ihn nicht sehen – niemand kann ihn sehen, rufe ich mir ins Gedächtnis. Mach dich nicht ausgerechnet im Kunstsaal zum Affen.
    »Mit niemandem. Was treibst du da?«, frage ich, während ich zu den Kabeln hinübernicke.
    »Beleuchtung fürs Theaterstück, weißt du noch?«
    »Oh, yeah – wie geht es voran damit?«
    »Gar nicht. Der Lehrer-Eltern-Rat hat gesagt, das mit Betty Rizzos Schwangerschaftspanik muss raus, und Sandy darf keine Lederhosen tragen. An der generalüberholten, politisch korrekten Rydell High School darf auch nicht geflucht, nicht geraucht und nicht miteinander geschlafen werden.« Er kommt herein und lädt die Kabel auf einem Tisch ab.
    »Klingt nach familientauglicher Langeweile.« Ich grinse. Der Dschinn lacht leise in meinem Rücken, was Lawrence natürlich nicht hören kann.
    »So ziemlich. Was soll man da sagen … das Footballteam könnte praktisch von Budweiser gesponsert werden, aber wenn die Theatergruppe irgendetwas mit einer Teenagerschwangerschaft aufführen will, ist die Hölle los. Ich wette, in New York haben sie solche Probleme nicht. Danke für absolut gar nichts, North Carolina.« Lawrence nickt zu meinen Bildern hin. »Die sehen aus, als wären sie fertig.«
    »Vielleicht. Ich habe noch eine Woche Zeit, und sie sind einfach nicht … ich weiß nicht … sie werden nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich glaube, ich komme am Sonntag her und bleibe den ganzen Nachmittag.« Ich möchte weitersprechen, aber just in dem Moment kündigt sich der peinliche Moment Nummer zwei an. Fröhliches Lachen ist auf dem Gang draußen vor dem Kunstsaal zu hören. Lawrence und der Dschinn blicken sich nach der Quelle um, ich dagegen weiß, wer es ist.
    Von allen denkbaren Vormittagen mussten sie ausgerechnet an einem auftauchen, an dem mir ein Dschinn auf den Fersen ist.
    Ollie kommt in einem gepunkteten Seidenkleid mit einer langen Plastikperlenkette auf die Tür des Kunstsaals zugeschlendert. Als sie sich kurz umdreht, leuchtet die weiße Palette auf, die sie sich auf die honigfarbene Haut hat tätowieren lassen. Unmittelbar hinter ihr ist Aaron Moor, einen Cappuccinobecher von der Tankstelle in der Hand. Sie bleiben einen Moment lang draußen im Gang stehen und küssen sich. Es dauert nicht lange, aber sie drängen sich aneinander dabei, und danach lächeln sie
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