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Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Titel: Drei Generationen auf dem Jakobsweg
Autoren: Pia Stein
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verbundene Bitte. Ich wollte mich bei ihm entschuldigen, schließlich war ich ja schuld an seinem Zustand. Er lachte nur und sagte: »Ich wusste ja schon immer, dass du einen guten Draht nach oben hast, aber wie du selbst sagst, das nächste Mal formuliere deine Wünsche bitte etwas genauer.« Nun wurde mein schlechtes Gewissen nur noch größer, bin ich es nicht, die immer predigt, man muss unbedingt aufpassen, was man sich wünscht, denn es könnte ja sein, dass man es bekommt? Wir machten uns auf den Weg zu unserem Quartier. Nachdem ich allen die Füße mit Hirschtalg eingerieben und massiert hatte, wünschten wir unseren Kindern eine gute Nacht und schliefen mehr schlecht als recht bis zum nächsten Morgen. Das Frühstück bestand aus einem café solo für meine Tochter und mich, sowie einem café con leche für meinen Mann. Unsere Kleine bekam einen Kakao und für alle gab es ein Stückchen abgepackten Zitronenkuchen, das war’s. Mehr war nicht aufzutreiben. In einem kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke kauften wir Wasser, ein paar Äpfel und noch ein paar Kleinigkeiten zu Essen für die heutige Etappe und weiter ging es durch die Ausläufer der Pyrenäen.

22. Mai Zubiri über Larrasoaña nach Pamplona (21 km)
    Nach dem Frühstück bat ich erst mal wieder alle unsere Schutzheiligen um gutes Wanderwetter und darum, dass wir diese Etappe gut meistern würden. Von Zubiri aus wanderten wir geradeaus an Ilaratz und Ezkirotz vorbei nach Larrasoaña, welches wir nach fünf Kilometern und etwa einer Stunde Laufzeit, über schmale Wege und die Kinderkutsche über viele Treppenstufen nach unten tragend, erreichten. Als wir ankamen, dachten wir in einer Geisterstadt zu sein. Alles geschlossen. Einige Pilger saßen am Straßenrand und ließen sich ihre erste Brotzeit schmecken. Ich dachte so für mich, gut, dass wir nicht gestern Abend noch bis hierher gewandert sind. Zum Schluss hätten wir nichts zum Schlafen gefunden, hätten vielleicht im Freien übernachten müssen und das mit der Kleinen. Auch das Auffüllen unserer Wasserflaschen wäre nicht gewährleistet gewesen. Jetzt bestätigte sich wieder, dass nichts von ungefähr geschieht, sondern dass alles seinen tieferen Sinn hat.
    Nach einer kleinen Rast wanderten wir auf einem Waldweg weiter. Ein steil ansteigendes, schmales Sträßchen führt über Akerreta nach Zuriain . Das Wetter war herrlich. So stellt man sich gutes Wanderwetter vor. Unsere Kinder, Tochter und Enkeltochter, waren vor uns und wurden immer schneller, dafür wurde der Weg immer schmaler und enger. Unsere Tochter gab richtig Gas, offensichtlich wollte sie, dass unsere Kleine einschläft, was auch immer ab einem gewissen Tempo gelang. Wir hatten sie bereits nicht mehr in Sichtweite, als uns immer mehr Radfahrer überholten. Der Weg war eng und dicht bewachsen. Die Radfahrer stiegen nicht ab, sondern setzten voraus, dass wir Fußpilger uns, trotz unseres schweren Gepäckes, mal eben schnell zur Seite schwingen. Ich fand das an diesem Tag schon fast unverschämt. Ich dachte nur, wie soll das unsere Tochter machen? Sie hat schließlich den breiten Wagen und dieser Weg ist sehr schmal und sie hat keine Ausweichmöglichkeit. Wir können ihr nicht zur Hand gehen, da sie zehn bis 15 Minuten vor uns ist. Ich machte mir zum ersten Mal richtig Sorgen und wir legten Tempo zu.
    Am Ende des Ortes Arleta kamen wir über eine Brücke. Mein Rucksack war schwer und meine Schuhe drückten. Heute schmerzte auch noch zu allem Überfluss der linke Knöchel. Außerdem hatte ich das Gefühl, die Nägel meiner beiden großen Zehen würden mir gleich abfallen. Die kleine linke Zehe brannte höllisch. Offensichtlich hatte ich mich bei den Vorbereitungen auf diesen Weg doch für das falsche Schuhwerk entschieden. Ich betete während der Überquerung der Brücke ein Vaterunser und bat unseren Herrgott, dass wir unsere Kinder nicht verlieren, nicht dass wir auch noch verschiedene Wege nehmen. Auch dieser Wunsch wurde sofort erfüllt. Am Ende der Brücke angekommen sahen wir, dass beide quietschvergnügt am Ufer des Baches, Steine ins Wasser werfend, sich des Lebens freuten. Unsere Kleine erblickte uns und begrüßte uns freudig. Nun war die Welt für mich wieder in Ordnung. Wir setzten uns, nahmen einen großen Schluck aus unserer Wasserflasche, aßen unseren Müsliriegel und einen Apfel und freuten uns, dass wir bereits wieder etliche Kilometer geschafft hatten. Zum ersten Mal stellte sich bei mir, obwohl alles schmerzte, eine
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