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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Autoren: Delia Ephron
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wie das oft der Fall ist – Feststellungen werden zu Fragen, Entschiedenheit zu Zweifel –, für Lana immer das Stichwort.
    »Gute Idee«, sagt Lana. Sie macht die Tür auf und geht hinaus.
    Die anderen folgen ihr, doch plötzlich dreht sie sich um, schiebt die beiden wieder in den Waschraum und zieht die Tür zu.
    »Was ist los?«, fragen Tracee und Rita.
    Lana wedelt mit den Armen. Sie weiß nicht, was sie sagen soll.
    »Was denn?«, sagt Tracee.
    Noch immer keine Antwort.
    »Was denn?«, wiederholen beide.
    Lana schiebt die Tür einen Spalt auf, und sie spähen alle hinaus. Der Löwe steht in seinem Käfig und hat Tracees Hochzeitsschleier auf dem Kopf.
    »Mein Schleier!«, schreit Tracee.
    »Das ist nicht das Problem«, bemerkt Lana.
    »Das ist nicht das Problem? Der Löwe trägt meinen Schleier, und das ist nicht das Problem?«
    Lana sagt: »Das Problem ist, wie konnte das passieren?«
    Sie denken alle nach.
    »Eine harte Nuss«, sagt Rita.
    »Allerdings.«
    »Vielleicht ist es ein Wunder?«, sagt Tracee.
    »Es gibt keine Wunder«, sagt Rita. »Meiner Meinung nach …« Sie hält inne und spricht einen Augenblick später entschlossen weiter: »Wunder sind bloß Missverständnisse. Oder noch schlimmer, Tricks.«
    »Hoppla, ganz schön düster.« Lana erweist Ritas Erklärung mit einem kurzen Schweigen die verdiente Reverenz, ehe sie mit der Analyse des Rätsels fortfährt: »Entweder hat der Löwe den Käfig verlassen, was bedeutet, dass er rauskann, wann immer er will, ist zur Theke gegangen, wo du den Schleier hingelegt hast, hat sich den Schleier aufgesetzt, was bedeutet, dass er in der Lage ist, sich einen Schleier auf den Kopf zu setzen, und ist wieder in seinen Käfig zurück, oder …«
    Rita sagt: »Jemand hat ihm den Schleier aufgesetzt, während wir geschlafen haben.«
    »Genau.«
    »Oder ein Wunder«, sagt Tracee. »Und das bedeutet etwas Wundervolles, von dem wir noch nichts wissen und das mit mir zu tun hat. Es wird enthüllt werden.«
    Lana ignoriert Tracees Bemerkung. »Also ist jemand hier oder war hier.«
    Sie strecken die Köpfe aus der Tür. Sie lauschen. Sie spähen in den Raum.
    Der Löwe spaziert durch den Käfig. Die kristallbesetzte, diademartige Krone sitzt schief auf seiner Mähne, und darunter bauscht sich der duftige Netzstoff. Ein Stück Schleier hat er im Maul.
    »Wir müssen ihn zurückholen«, sagt Tracee.
    »Willst du von einem Löwen gefressen werden?«, fragt Lana sie. »Willst du dein Leben zwischen den Zähnen eines Löwen beenden, zu Tode gerissen?«
    »Er sieht freundlich aus.«
    »Er ist ein Löwe.«
    Sie begeben sich schnell zum Ausstiegsfenster und sehen sich auf dem Weg dorthin noch einmal prüfend im Raum um.
    »Verabschiede dich von dem Schleier«, sagt Lana. »Komm schon. Du musst ihn vergessen.«
    »Das ist traurig. Findest du nicht, dass das traurig ist?«
    »Es gibt Traurigeres.«
    »Tschüs, Schleier«, sagt Tracee und winkt.
    Sie schieben Rita zum Fensterbrett hinauf. Ehe sie hinausklettert, sieht sie den Löwen, der am Schleier kaut, lange und nachdenklich an.
    Es ist ein kühler, bedeckter Morgen. Rita ist die Einzige, die eine Jacke hat. Lana reibt sich die bloßen Arme warm, und Tracee hüpft ein bisschen auf und ab. Bei Tageslicht sieht das aus Holz und Metall zusammengeschusterte Ge bäude noch wüster und bunter aus. Der Parkplatz ist in einem schrecklichen Zustand, der Beton uneben und voller aufgebrochener Risse, aus denen Unkraut wächst. Aus einem Müllbehälter quellen Abfallsäcke. Gleich hinter dem Lion ist eine flache Wiese, auf der hohes Gras steht, aber auf der linken Seite steigt sie an und bildet einen Hügel.
    Die Frauen gehen um das Gebäude herum zur Vorderseite.
    Auf der Landstraße, die jetzt wieder befahren ist, sehen sie neben dem Mustang einen Abschleppwagen und einen Streifenwagen. Ein Polizist spricht gerade mit dem Fahrer des Abschleppwagens.
    Tracee stößt ein panisches Kreischen aus und rennt zurück hinter den Lion .
    »Er ist nur wegen des Autos da«, sagt Lana.
    »Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Bleib dort. Da hinten. Vertreib dir die Zeit.«
    »Und wie?«
    »Wie du willst. Keine Ahnung.«
    »›A, mein Name ist Alice.‹ Das könntest du aufsagen«, schlägt Rita vor. »›A, mein Name ist Alice, und mein Mann heißt Al. Wir kommen aus Alaska und verkaufen Äpfel. B, mein Name ist Betty, und mein Mann heißt Ben …‹ Damit vergeht die Zeit schneller, wenn man sich zu Tode langweilt. Ich mache das immer in der Kirche.
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