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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt
Autoren: Nancy Grossman
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etwas ein, was Sam mir erzählt hatte. »Ich möchte nicht, dass du mit deinen Recherchen aufhörst. Du solltest deine Arbeit fertig schreiben.«
    »Danke«, sagte sie, und dann fügte sie mit leiserer Stimme hinzu: »Wirst du denn bleiben?«
    »Ich habe mich verpflichtet, bis Ende November für euch zu arbeiten. Was danach ist, weiß ich noch nicht.«
    Rachel nickte und auf ihrem Gesicht breitete sich eine gewisse Ruhe aus. Ich dachte über ihre Worte nach, dass ich in dieser Welt dazugehörte. Der Gedanke ermutigte mich seltsam. Mir wurde bewusst, dass es stimmte.
    Am Abend kam Josh vorbei und wir gingen zusammen einen Kaffee trinken. Er trommelte nervös mit seinem Löffel auf den Tisch.
    »Ich bin froh, dass du wieder da bist«, sagte er. »Ich hatte wirklich Angst, dass du fortgehst.«
    »Meine Eltern warten schon die ganze Zeit darauf, dass ich wieder nach Hause komme«, erwiderte ich.
    »Ich weiß«, sagte Josh. »Ich habe versucht, den Gedanken daran zu verdrängen.«
    »Ich auch«, sagte ich. »Aber eigentlich hatte ich ihn schon die ganze Zeit im Hinterkopf, seit du wieder zur Schule gehst. Seither haben sich die Dinge für mich geändert.«
    »Das müssen sie nicht«, sagte er mit leiser, aber drängender Stimme. »Ich habe mir gedacht, du könntest doch auch zur Schule gehen, genau wie deine Tante es gemacht hat. Du hast mir doch immer erzählt, dass du eigentlich gar nicht mit der Schule aufhören wolltest.«
    »Ich weiß«, erwiderte ich. »Aber ich glaube, ich habe nur meine Einraumschule vermisst. Bei euch in der Schule macht ihr wissenschaftliche Experimente, und ich verstehe noch nicht mal den Namen des Mathekurses, den du besuchst.«
    »Analysis. Du bist schlau genug, das alles zu lernen. Ich könnte dir helfen«, schlug er vor. Seine Stimme klang ernst und ich glaubte ihm. Ich konnte wirklich alles lernen, was ich wollte. Aber ich schüttelte den Kopf.
    »Die Sache ist die: Ich möchte Analysis überhaupt nicht lernen. Ich wollte einfach nur, dass mir diese Option offensteht.«
    »Dann willst du also einfach wieder abreisen?«
    »Genau das versuche ich herauszufinden«, sagte ich. »Eigentlich sollte ich nur den Sommer über hierbleiben, weißt du noch?«
    »Aber dort gibt es doch nichts für dich.«
    Ich richtete mich auf. »Wie bitte?«
    Josh schüttelte den Kopf. »So hab ich das nicht gemeint. Du sprichst nur immer davon, was du zu Hause alles nicht hast.«
    Ich versuchte, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Wir haben vielleicht keine Computer und Telefone oder Fernseher, aber wir haben Bücher und Unterhaltungen. Und wir reden noch persönlich miteinander, nicht durch E-Mails oder SMS.«
    Josh lehnte sich zurück und schaute mich an. Die folgenden Worte sprach er sehr langsam und entschlossen. »Und wenn dort alles so perfekt war, warum konntest du es dann kaum erwarten, abzuhauen?«
    Ich schob meine Kaffeetasse zur Seite. »In letzter Zeit habe ich mich das auch immer öfter gefragt.«
    Auf dem Nachhauseweg schwiegen wir. Als wir Rachels Haus erreichten, blieben wir stehen und drehten uns zueinander. »Es tut mir leid«, sagte Josh und drückte meine Hände ganz fest. »Ich hätte nicht sagen sollen, dass es dort nichts für dich gibt. Du weißt, dass ich das nicht wirklich denke.«
    »Ich weiß«, versicherte ich und genoss das Gefühl meiner Hände zwischen seinen. »Und eine Zeit lang habe ich auch wirklich geglaubt, dass ich von zu Hause wegwill. Aber in Wahrheit wollte ich nur diese Welt sehen.«
    »Und jetzt?«, fragte er.
    »Jetzt habe ich sie gesehen.«
    Als ich in meinem Zimmer war, holte ich mein Tagebuch hervor und blätterte durch die Erlebnisse aus meinem Leben in dieser Welt, die ich darin niedergeschrieben hatte. Meiner Liste mit neuen Erfahrungen hatte ich im Laufe der Zeit immer weniger hinzugefügt. Ich hatte das Footballspiel und den Homecoming-Ball aufgeschrieben und dass ich Alkohol getrunken und Halloween gefeiert hatte.
    Inzwischen wurde es am Ende eines Tages immer schwieriger, etwas Neues zu finden, was ich hinzufügen konnte.
    Joshs Worte hatten mich wütend gemacht, aber ich verstand ihn. Er hatte dabei zugesehen, wie ich diese Welt wie ein großes Geschenk erlebte, das ich Schicht um Schicht auspackte, und er konnte sich einfach nicht erklären, warum ich sie nun wieder verlassen wollte. Mir wurde bewusst, dass auch meine Wut auf Josh nur Märzschnee war. Ich beschloss, Kate von diesem Ausdruck zu erzählen, den Tante Beth mir beigebracht hatte, wenn ich wieder zu
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