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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt
Autoren: Nancy Grossman
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Genaues mit ihnen besprechen. Ich hatte gehofft, Ihnen heute schon eine Antwort geben zu können, aber meine Eltern und ich müssen noch ein paar Einzelheiten klären.« Das entsprach beinahe der Wahrheit, beruhigte ich mich selbst.
    »Ich reise am Dienstag wieder ab, aber wenn deine Eltern einverstanden sind, komme ich auch gerne noch mal her und hole dich ab.«
    Bei der Vorstellung, in das Auto dieser Frau zu steigen und von hier wegzufahren, musste ich lächeln. Es sah jedoch nicht so aus, als ob das jemals wahr werden würde.
    Nach dem Abendessen setzten sich meine Mutter und mein Vater auf die Couch, während ich mich ihnen gegenüber auf dem großen Sessel niederließ. »Also, Eliza«, begann mein Vater. »Ich verstehe, dass du herausfinden möchtest, was die moderne Welt dort draußen bereithält.« Sein Hut mit der breiten Krempe hing an einem Haken an der Wand und sein dunkles Haar war zerzaust. Winzige Sägemehlpartikel hatten sich in seinem Bart verfangen, und ich wusste, dass er sich später über den Waschtisch beugen und sie herauskämmen würde.
    »Das tue ich«, bestätigte ich und suchte in ihren Gesichtern nach irgendeinem Anzeichen dafür, dass sie gute Nachrichten für mich hatten.
    Meine Eltern sahen einander an und führten eine ihrer wortlosen Unterhaltungen, bei denen sie allein durch die Bewegung ihrer Augen und leichtes Kopfnicken kommunizierten. Dann fuhr mein Vater fort: »Wie du sicher weißt, fühlen wir uns bei dem Gedanken, dass du von zu Hause ausziehst, nicht besonders wohl.« Er machte eine Pause, bevor er hinzufügte: »Ich weiß natürlich, dass James auch eine Zeit lang nicht bei uns gelebt hat, aber ich glaube, dass du verstehst, dass seine Situation eine andere war als deine. Er hat eine Ausbildung gemacht, um sich auf seinen Beruf vorzubereiten. Auch deine Mutter hat eine Weile in der Fremde gelebt, als sie jung war, aber nur, weil ihre Familie das Geld brauchte.«
    Meine Brust fühlte sich wie ein Ballon an, aus dem sämtliche Luft entwich. Er hatte meine Gegenargumente vorweggenommen und mir kein einziges gelassen.
    »Und wir können dich nicht ziehen lassen, damit du einer anderen Familie hilfst, wenn deine Familie zu Hause dich genauso braucht«, fügte er hinzu. »Ich denke, wir müssen irgendeine Möglichkeit finden, wie du rumspringen kannst, ohne zu weit von zu Hause wegzuspringen.« Er lächelte, so als habe ihn sein eigenes kleines Wortspiel amüsiert. Als er mich ansah, glaubte ich jedoch, eine Entschuldigung in seinem Lächeln zu erkennen.
    In der Stimme meiner Mutter schwang nicht einmal ein Anflug des Bedauerns mit, das ich bei meinem Vater herausgehört hatte. »Ich weiß, dass du enttäuscht bist, aber du musst uns einfach vertrauen. Wir wissen mehr über die Welt als du.«
    Ich zwang mich, sie direkt anzuschauen. »Und deshalb habt ihr beschlossen, mich von ihr fernzuhalten?«
    Meine Eltern wechselten erneut einen Blick und mein Vater wandte sich ab. »Allen Sechzehnjährigen wird eine gewisse Freiheit gewährt«, fuhr meine Mutter fort. »Aber die Eltern sind diejenigen, die das Ausmaß dieser Freiheit bestimmen. Wir werden Wege finden, dir eine größere Unabhängigkeit zu ermöglichen, aber das muss unter unserem Dach geschehen.«
    Ich drehte mich zu meinem Vater um. Unsere Blicke trafen sich flüchtig, bevor er den Kopf senkte, weil er mir nicht in die Augen schauen konnte.
    Es war endgültig. Es gab keinen Funken Hoffnung mehr, an den ich mich hätte klammern können. Ich war furchtbar wütend vor Enttäuschung, und alles nur wegen meiner Mutter. Es war ihre Schuld.
    Mein Vater erhob sich und schnappte sich seinen Hut. »Ich muss noch ein bisschen arbeiten«, sagte er.
    Meine Mutter nickte und griff nach ihren Quiltsachen. Ich sah ihr zu und fragte mich, wie sie so zufrieden mit all ihren kleinen Routinen sein konnte. Sie führte die Nadel mit schnellen, gleichmäßigen Bewegungen durch den Stoff und schaute gelegentlich auf ein Blatt Papier, auf das sie die speziellen Wünsche des Kunden gekritzelt hatte. Sie sah auf und bemerkte, dass ich sie beobachtete.
    »Ich möchte nicht dein Feind sein, Eliza«, sagte sie. »Kannst du nicht versuchen, die Sache auch von meinem Standpunkt aus zu betrachten?«
    Es fiel mir schwer, meine Wut nicht offen zu zeigen. Stattdessen versuchte ich es mit einer anderen Taktik. »Wie war es dort?«
    Meine Mutter legte ihren Quilt beiseite. »Du hast das doch schon so oft gehört«, erwiderte sie. »Mein Vater hat mir eine
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