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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
Autoren: Syrie James
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Packpapier, in das er eingeschlagen war und fand ein schmales Büchlein mit billigem
     Einband, das auf dem Vorsatzblatt die Unterschrift meiner Mutter trug. Ich schnappte erstaunt nach Luft.
    Es waren die Sonette William Shakespeares.

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    |519| EPILOG
    Wir schreiben nun den Sommer 1897, und beinahe sieben Jahre sind seit den Ereignissen vergangen, von denen ich hier berichtet
     habe. Es ist Zeit, meine Geschichte zu einem Ende zu bringen, Zeit, dieses Tagebuch ein für alle Mal in sein ewiges Versteck
     zu tragen.
    Unser lieber Sohn, der acht Monate nach unserer Rückkehr aus Transsilvanien geboren wurde, hat gerade seinen sechsten Geburtstag
     gefeiert. Wir haben ihm den Namen Quincey John Abraham Harker gegeben, zu Ehren all der Männer, die uns vor vielen Jahren
     bei unseren gefährlichen Abenteuern treu zur Seite standen – aber sein Rufname ist Quincey. Lord Godalming und Dr. Seward
     sind nun beide glücklich mit reizenden jungen Frauen verheiratet, und Dr. van Helsings Korrespondenz können wir entnehmen,
     dass er so kauzig und energiegeladen ist wie eh und je.
    Ich denke oft und voller Zuneigung an Lucy und ihre Mutter. Jeden Sommer reisen Jonathan und ich nach London und schmücken
     ihre Gräber in Hampstead mit frischen Blumen.
    Mein Mann und ich lieben einander mit jedem Tag mehr. Jonathan widmet sich hingebungsvoll seiner Arbeit. Er ist vor all den
     Jahren in bester körperlicher Verfassung von unserer Reise nach Transsilvanien zurückgekehrt, und er hat sich inzwischen als
     Rechtsanwalt größten Respekt erworben. Gleichzeitig habe ich, von ihm ermutigt, auch meine Flügel ausgebreitet. Ich bin sehr
     aktiv in unserer Gemeinde. Ich gebe Klavier- und Tanzunterricht. Ich bin Mitglied verschiedener |520| wohltätiger Damenvereinigungen. Gelegentlich schreibe ich Artikel für die Lokalzeitung. All diese Betätigungen sind für mich
     eine Erfüllung, und sie machen mich glücklich.
    Bisher war meinem Mann und mir kein weiterer Kindersegen vergönnt, aber wir hoffen, dass sich das bald ändern wird. Unser
     Sohn Quincey ist ein braver Bursche: freundlich, neugierig und bemerkenswert intelligent. Er scheint stärker und gescheiter
     zu sein als andere Kinder seines Alters, aber vielleicht ist das nur ein mütterliches Vorurteil. Wie seine Eltern findet auch
     er größtes Vergnügen am Lesen, und selbst in seinem zarten Alter zeigt er bereits eine ausgeprägte Begabung für Musik und
     Kunst. Sein Haar ist sehr dunkel und glänzend, dunkler als das von Jonathan und mir, und er hat tiefdunkelblaue Augen, die
     er wohl von Jonathans Mutter geerbt hat. Manchmal jedoch, wenn ich in diese tiefen blauen Augen schaue, meine ich jemand anderen
     darin zu erkennen … Aber ich weiß, dass das unmöglich sein kann …
    Unsere Abende verbringen wir mit Quincey, musizieren, lesen einander laut aus Büchern zu jedem Thema unter der Sonne vor,
     sprechen Gedichte. In den Stunden, die ich mit Jonathan allein verbringe, ist unsere intime Vertrautheit zu einer wunderbaren
     Erfüllung herangeblüht.
    »Ich bin der glücklichste Mann Englands«, meinte Jonathan letzte Nacht, als er mich in die Arme schloss. »Ich habe alles,
     was sich ein Mensch nur wünschen könnte.«
    Ich erwiderte dieses Gefühl mit zutiefst empfundener Aufrichtigkeit.
    Ich liebe Jonathan von ganzem Herzen. Er ist mein Seelenfreund. Wie wunderbar tröstlich ist es doch, mit jemandem zusammen
     zu sein, wenn alles ruhig und vernünftig zugeht! Ich bin zufrieden und sehr dankbar für alles, was ich habe.
    Gleichzeitig kann ich dennoch nicht umhin, ab und zu einen Blick zurückzuwerfen. Ich kann mich der Frage nicht erwehren: War
     es falsch, Dracula zu lieben? Ich weiß es nicht. Aber es ist einmal geschehen, und ich kann nichts daran ändern. |521| Ich kann nur in Erinnerung behalten, was damals war, und verstehen, dass es nicht hat sollen sein … Und ich kann versuchen,
     meine Lehren daraus zu ziehen. Manche Beziehungen, ganz gleich wie wirklich und lebendig sie sind, sind zu extrem, zu gefährlich,
     zu aufreibend, als dass sie überleben könnten.
    Gelegentlich träume ich – gegen meinen Willen – noch von ihm. Es sind erotische Träume, in denen Dracula im Schlaf zu mir
     kommt und mich liebt. Ich spüre seine Gegenwart in jedem Staubkörnchen und jedem Nebelstreif, der aufzieht. Bei den merkwürdigsten
     Anlässen zucke ich zusammen, weil ich meine, Draculas Antlitz in einer Menschenmenge gesehen zu haben. Ich kann mich des
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